EM: Deutschland steht im Finale. 3:2 gegen Österreich

St. Petersburg. Das Halbfinale der LIEBHERR Europameisterschaften zwischen Deutschland und Österreich war rein gar nichts für zarte Gemüter. Nach über drei Stunden Spielzeit ringen Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov und Bastian Steger Österreich mit 3:2 nieder. Steger führte das deutsche Team mit einem 11:9 im Entscheidungssatz des letzten Einzels gegen Robert Gardos ins Endspiel. Dort treffen sie morgen um 17 Uhr deutscher Zeit auf Weißrussland, die in einem einseitigen Halbfinale Belgien mit 3:0 bezwingen konnten.

Boll ohne Mühe. 1:0 für Deutschland

Im ersten Einzel des Halbfinals standen sich Robert Gardos und Europameister Timo Boll gegenüber. Boll drehte einen 2:4 Rückstand im ersten Satz in ein 8:4 und ließ sich diesen Vorsprung nicht mehr nehmen. Mit 11:6 ging der Auftakt an ihn. Auch Durchgang zwei holte sich der deutsche Kapitän. Mit seinem Vorhand-Topspin kam Boll vor allem über Gardos Vorhand immer wieder zum Erfolg. Durchgang drei entwickelte sich dann zu einer klaren Angelegenheit für Boll, den der 27-Jährige mit 11:4 nach Hause brachte.

Bastian Steger, gegen die Österreicher auf Position zwei eingesetzt, bekam es im zweiten Einzel mit Werner Schlager zu tun. Steger bewegte sich vom ersten Ball an sehr gut und suchte stets den Weg nach vorne. Schlager hingegen wirkte schwerfällig und agierte sehr verhalten. Folgerichtig ging der erste Satz mit 11:6 an den 27-jährigen Deutschen. Auch im zweiten Satz kam der Weltmeister von 2003 nicht wirklich besser ins Spiel. Steger, der Schlager bei den Austrian Open im vergangenen Jahr bezwingen konnte, nutzte die Zurückhaltung seines Gegners zu einer verdienten 2:0 Satzführung.
Doch im dritten Satz erwachte Schlager so langsam aus seiner Passivität. Seinerseits suchte er jetzt auch den Weg nach vorne und belohnte sich mit dem Gewinn des dritten Durchganges. Der Österreicher übernahm jetzt mehr und mehr das Kommando am Tisch. Bei 2:2 im Vierten konnte der Würzburg/Frickenhausener nicht mehr folgen und Schlager zog auf 3:8 davon. Mit 11:5 holte er sich diesen Durchgang. Satzausgleich. Das Spiel kippte endgültig und Steger fand nicht mehr die Mittel, um dies noch zu verhindern. Mit 11:7 holte sich Schlager den dritten Satz in Folge.

„Dima“ ganz stark

Im dritten Einzel traf Dimitrij Ovtcharov (Foto) dann auf den Abwehrspieler Chen Weixing. Satz eins ging nach einseitigem Verlauf an den Österreicher. „Dima“ machte zuviele Fehler auf dessen Schnittwechsel und wurde zudem einige Male vom Vorhand-Topspin des Abwehrers überrascht. Mit mehr Sicherheit kam der Deutsche dann aus der Satzpause zurück. Ihm unterliefen weniger Fehler auf die Abwehr Chens und so kam er dementsprechend öfter zu Punkten mit Rückhand- oder Vorhand-Topspins.
Der Österreich versuchte, im dritten Durchgang seinerseits mehr für die Offensive zu tun. Ovtcharov aber blieb auch in dieser Phase Taktgeber des Spiels und ging durch ein 11:8 mit 2:1 Sätzen in Führung. Eng verlief der vierte Durchgang. Von 8:8 aus erarbeitete sich Chen zwei Satzbälle. „Dima“ wehrte beide ab. Zwei Matchbälle bei 12:11 und 13:12 wusste seinerseits Ovtcharov nicht zu nutzen, sodass schließlich der Österreicher mit 16:14 den Satzausgleich schaffte.
Im Fünften schien es, als hätte Ovtcharov endlich das gefunden, was ihm in St. Petersburg bislang häufig gefehlt hatte. Der Mut, mit dem durchgezogenen Rückhand-Topspin die Entscheidung zu suchen und auch die Konstanz, lange Top-Spin Duelle für sich zu entscheiden. Der 20-Jährige agierte im fünften Satz zu druckvoll, als das Chen eine echte Chance auf den Satzgewinn besaß, und brachte das deutsche Team mit 2:1 in Führung.

Boll gegen Schlager

Im Spitzeneinzel standen sich dann Timo Boll Werner Schlager, Weltmeister von 2003, gegenüber. Den besseren Start erwischte Schlager, der den ersten Durchgang mit 11:9 für sich entschied. Boll schaffte den Satzausgleich durch ein 11:6, lief aber im Dritten durchweg einem Rückstand nach. Schlager spielte aggressivere Rückschläge und kam so häufiger mit dem vierten oder sechsten Ball zu Punkten, die er zum Gewinn des dritten Satzes nutzte. Den vierten Durchgang begann der Europameister mit 3:1, konnte diesen Vorsprung aber nicht lange halten. Mit 8:5 zog Schlager davon und verwertete seinen zweiten Matchball zum 11:8 und zum 2:2 Ausgleich für Österreich.

Das letzte Spiel zwischen Bastian Steger und Robert Gardos musste jetzt also die Entscheidung bringen. Und der Deutsche begann gut. Mit 11:5 holte er sich den Auftakt und auch im Zweiten lief es bis zum 10:6 für den 27-Jährigen. Doch dann kam Gardos. Bei 10:8 versuchte Bundestrainer Prause noch einmal auf seinen Schützling einzuwirken. Vergebens. Gardos glich nicht nur zum 10:10 aus, sondern gewann den Durchgang sogar noch mit 12:10. Satzausgleich. Auch der dritte Satz ging an Gardos.
Im Vierten begann Steger unsicher und Gardos punkte zum 5:3. Steger haderte mit seinem Spiel und es schien, als spukte der Ausgang des Dritten noch in seinem Kopf herum.
Doch der deutsche „Zweier“ kam zurück. Fünf Punkte in Reihe brachten ihn nach vorne und beim Stand von 9:9 hatte er auch das Glück auf seiner Seite. Den Netzroller zum 10:9 vollendete er mit dem Satzgewinn. 2:2. Entscheidungssatz. Auch diesen begann Steger mit einem Rückstand. Bei 2:5 wurden zum letzten Mal die Seiten gewechselt. Für „Basti“ das Zeichen zum Angriff. Von 5:5 ging es bis zum 9:9. Die letzten beiden Punkte machte Steger. Deutschland steht im Finale.

Das deutsche Team erreicht mit Glück und Geschick das Endspiel gegen Weißrussland. In einem gutklassigen Halbfinale setzen sich Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov und Bastian Steger mit 3:2 gegen Österreich durch.

Sonntag, 6. Oktober 2008
Herren-Mannschaft, Halbfinale, 19 Uhr (17 Uhr deutscher Zeit)
Deutschland – Österreich 3:2
Timo Boll – Robert Gardos 3:0 (6, 9, 4)
Bastian Steger – Werner Schlager 2:3 (6, 5, -8, -5, -7)
Dimitrij Ovtcharov – Chen Weixing 3:2 (-5, 5, 8, -14, 6)
Timo Boll - Werner Schlager 1:3 (-9, 6, -9, -8)
Bastian Steger - Robert Gardos 3:2 (5, -11, -8, 9, 9)