Allein unter Chinesen
Der DTTB geht zuversichtlich auf Olympia zu, aber es bleiben Fragen


Sebastian Krass

MÜNCHEN. Immerhin ist Tischtennis nicht organisiert wie der Bobsport. Jeder Verband darf nur ein Team ins Rennen um Titel und Medaillen schicken. Es gibt also nur China I, nicht auch noch China II und China III. Für den Rest der Tischtenniswelt ist das ein großes Glück, sind ihm doch durch diesen Umstand bei Mannschafts-Wettbewerben vier Medaillen garantiert, je zwei bei Frauen und Männern. Für chinesische Olympia-Funktionäre dagegen mag es ein wenig ärgerlich sein, dass sie bei den Sommerspielen in Peking ausgerechnet im Nationalsport Tischtennis Medaillen abgeben müssen. Es dürfte sie aber trösten, dass die Farbe der Plaketten schon feststeht: Silber und Bronze.

Denn daran, dass China sich die Goldmedaillen bei den Mannschaften sichern wird, gibt es keinen Zweifel. Bei der am Wochenende zu Ende gegangenen Team-WM im südchinesischen Guangzhou gewannen die Gastgeber beide Titel - wie bei den drei Weltmeisterschaften davor. Diesmal besiegten die Frauen im Finale Singapur 3:1, dann sicherten sich die Männer mit einem 3:0 gegen Südkorea den Titel. Die Mannschaften des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) hatten, wie erwartet, mit der Medaillenvergabe nichts zu tun. Die Frauen wurden Neunte, die Männer Siebte.

Mit beiden Ergebnissen konnte DTTB-Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig gut leben. Sein Blick wendet sich nun nach Peking. Diese WM war nur eine Etappe auf dem Weg zum großen Ziel, Olympia 2008 im Land des Tischtennis. Mit Spannung sieht er dem an Stelle des Doppels eingeführten Mannschafts-Wettbewerb, insbesondere dem der Männer, entgegen. Da nämlich haben die Deutschen ihre größte Chance auf eine Medaille - wenn der verletzte Timo Boll es schafft, sich in den verbleibenden rund sechs Monaten mit einer konzentrierten Vorbereitung wieder in Topform zu bringen.

Interner Wettstreit

Boll ist auch die größte nicht-chinesische Hoffnung auf eine Einzelmedaille in Peking. Bei den Frauen droht dem Gastgeber keine Gefahr. Die besten fünf Chinesinnen sind zugleich die ersten Fünf der Weltrangliste und spielen in ihrer eigenen Dimension. Für sie hatte das WM-Turnier vor allem die Funktion, sich im internen Wettstreit zu empfehlen. In Peking dürfen nämlich pro Nation maximal drei Spieler antreten. "Das heißt zumindest schon einmal, dass es bei Olympia weniger Chinesen gibt, die Nicht-Chinesen rausschmeißen. Und keiner von den drei Chinesen darf patzen", sagt Schimmelpfennig. Zudem ist dem Rest der Welt ein Platz im Halbfinale sicher.

Ob Boll, der in den vergangenen Jahren als einziger konstant ein ernsthafter Gegner für die drei besten Chinesen Wang Liqin, Ma Lin und Wang Hao war, den Erwartungen gerecht werden kann, erscheint höchst fraglich. Zwar hat er seit Beginn der Saison seine Planung auf Olympia ausgerichtet, doch bereitet ihm wieder sein Körper Probleme. Bereits 2004 in Athen war Timo Boll ein Kandidat für eine Medaille gewesen, doch dann streikte sein Organismus ausgerechnet im entscheidenden Moment. Seine bislang im deutschen Tischtennissport einmalige Karriere trägt immer noch den Makel, dass er keine Einzel-Medaille bei Weltmeisterschaften oder Olympia gewonnen hat.

Es sind aber nicht nur gesundheitliche Schwierigkeiten, die zweifeln lassen, ob Boll in Peking den Chinesen gefährlich werden kann. Die Ergebnisse des vorigen Jahres deuten darauf hin, dass der ehemalige Weltranglistenerste spielerisch den Anschluss an die Elite verloren hat. Er unterlag in einigen direkten Vergleichen ungewohnt klar und fiel nach Jahren unter den ersten Vier der Weltrangliste auf Rang fünf zurück, überholt vom jungen Ma Long - auch er ist ein Chinese.