Nach den Damen gewinnen Gastgeber auch bei Herren WM-Gold

Guangzhou. Der Jubel des heimischen Publikums war Ohren betäubend. Nach den Damen gestern hat sich heute auch bei den Herren am Schlusstag der 49. Tischtennis Mannschafts-Weltmeisterschaften in Guangzhou Titelverteidiger und Topfavorit China durchgesetzt. China gewann die Neuauflage des Finals von 2006 gegen Südkorea nach nur gut anderthalb Stunden mit 3:0 und unterstrich damit seine Ansprüche auf Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen in Peking im August. "Ich bin sehr zufrieden mit meinen Spielern. Sie haben eine schwierige Situation und den großen Druck hervorragend gemeistert", sagte Chinas Coach Liu Guoliang. "Alle Spieler haben große Fortschritte gemacht und hatten die richtige Einstellung während des gesamten Turniers und im Finale."

Im mit über 10.000 Zuschauern ausverkauften Guangzhou Gymnasium - weitere Hunderte verfolgten in der zweiten Spielhalle das von Michael Geiger aus Haslach im Kinzigtal als Schiedsrichter geleitete Match (Foto unten) über große Leinwände im Public Viewing - brachte der Weltranglisten-Zweite Ma Lin sein Team gegen Olympiasieger Ryu Seung Min im Auftaktspiel auf die Siegerstraße. Bei der anschließenden Pressekonferenz verriet er, wie die Aufstellung zu Stande kam: "Ich hatte am Vorabend unsere Gegner genau analysiert und wollte unbedingt das erste Spiel gegen Ryu machen", so Ma Lin. "Das habe ich unserem Coach Liu in einer SMS mitgeteilt. Ich danke ihm für sein Vertrauen in mich. Ich habe heute gut gespielt und damit das erwartete Ergebnis erzielt."

Ma Lins SMS an Liu Guoliang

Im Anschluss hatte der Olympia-Zweite von Athen und Weltranglisten-Erste, Wang Hao, zwar zwei Sätze lang etwas Mühe mit Lee Jung Woo, schaffte aber in vier Durchgängen die Vorentscheidung für sein Team. Für den amtierenden Einzel- und Mixed-Weltmeister, Wang Liqin, war es gegen den weltbesten Abwehrspieler, Joo Se Hyuk, in drei Sätzen ein Schaulaufen. "Es gibt nicht mehr viele Wettkämpfe bis Olympia. Jedes wichtige Spiel ist daher ein gutes Training für mich", erklärte Wang Liqin. Von diesem Training wird er in den kommenden Wochen noch genug haben. Wenige Tage nach der WM geht es für ihn und Coach Liu zur asiatischen Olympia-Qualifikation nach Hongkong, wo sich Wang den dritten Einzelstartplatz hinter Wang Hao und Ma Lin erkämpfen will. Für die beiden Pro-Tour-Turniere in Kuwait und Katar ist er ebenfalls gemeldet. "Unseren anderen Spielern gönnen wir jetzt eine kleine Pause", sagte Liu. "Für Wang Liqin ist das nicht möglich. Aber er ist tough und er hat viel Erfahrung. Ich zweifle nicht daran, dass er gute Ergebnisse erzielen wird."

Mit der Enttäuschung über die Niederlage konnte Südkoreas neuer Herren-Trainer, Suh Sang Kil, relativ gut umgehen: "Natürlich sind wir traurig, dass wir verloren haben. Aber diese Niederlage kam nicht ganz unerwartet, denn die Chinesen haben einfach eine sehr starke Mannschaft. Die Olympischen Spiele sind jetzt nicht mehr weit weg. Wir müssen die Zeit bis dahin nutzen, an unseren Stärken zu arbeiten und die Schwächen der Chinesen weiter zu ermitteln und besser zu nutzen.

Wang Liqin: lehrbuchmäßig gegen Joo

"Wang Liqin hat absolut fehlerfrei gespielt. Das war lehrbuchmäßig", analysierte Frickenhausens Bastian Steger, der das Endspiel kurz vor der Rückreise der deutschen Delegation von der Tribüne verfolgte. "Besser kann man gegen Abwehr nicht spielen." Der Mannschafts-Europameister war vom Gesamterfolg Chinas nicht überrascht. "Es war zu erwarten, dass es eine klare Angelegenheit wird. Einzig Lee Jung Woo konnte das Spiel gegen Wang Hao halbwegs offen gestalten." Wang Hao wurde als bester Spieler des Turniers ausgezeichnet.

Noch ein Nachtrag: Die Pressekonferenz endete ebenso abrupt wie ungewöhnlich. Nach jeweils einem Statement verließen Ma Lin und Wang Hao die Journalisten Richtung Dopingkontrolle. Nach drei weiteren Fragen an die verbliebenen Wang Liqin und Liu Guoliang kamen die beiden zurück - pünktlich zur offiziellen Gratulation durch Vertreter des Sportministeriums, die den Saal betraten. Nach einer kurzen Ansprache der Offiziellen an die Mannschaft war die Pressekonferenz dann beendet. Viele Worte gab es über das einseitig verlaufene Finale ohnehin nicht zu verlieren.
Herren-Finale

China - Südkorea 3:0
Ma Lin - Ryu Seung Min 3:1 (5,-10,6,5)
"Der 3:1-Sieg von Ma ist schon sehr deutlich ausgefallen", kommentierte Herren-Bundestrainer Richard Prause. "Dabei ist Ma Lin, was seine Nervenstärke betrifft, nicht unbedingt der Mann für große Finals. Jetzt hat er China auf die Siegerstraße gebracht. Mit jedem weiteren Satzgewinn für China schwinden nun die Hoffnungen Südkoreas."

Wang Hao - Lee Jung Woo 3:1 (-7,12,5,9)
"Wang Hao war sichtlich nervös", wunderte sich Jörg Roßkopf ein bisschen. "Denn eigentlich hat er in den vergangenen Wochen und Monaten sehr stabil gespielt. Unter anderem hat Lee Jung Woo hat sehr gut aufgeschlagen. Der Wendepunkt war der zweite Satz. Hätte Wang Hao den auch noch verloren, wäre es für ihn bei 0:2-Satzrückstand noch schwerer geworden."

Wang Liqin - Joo Se Hyuk 3:0 (5,2,6)
"Wang Liqin hat absolut fehlerfrei gespielt. Das war lehrbuchmäßig", analysierte Bastian Steger. "Besser kann man gegen Abwehr nicht spielen." Auch der Mannschafts-Europameister war vom Gesamterfolg Chinas nicht überrascht. "Es war zu erwarten, dass es eine klare Angelegenheit wird. Einzig Lee Jung Woo konnte das Spiel gegen Wang Hao halbwegs offen gestalten."