"Quel drame - Drama, Baby" im Damen-Finale

Nantes. Um 17.30 Uhr jubelte Frankreich. Lautstark feierten die französischen Fans im Palais des Sports Beaulieu ihre erste Olympionikin: Xian Yi Fang. Geküsst wird in der Grande nation ohnehin gern, diesmal schien die Schlange der Glückwünschenden nicht abzureißen. Küsschen links, Küsschen auf die rechte Wange, bald verschwand auch der gequälte Blick aus dem Gesicht Xians. Sie hatte ihr Ziel erreicht: "Meine Familie lebt in der Nähe von Peking", sagte Xian. "Es ist eine große Ehre für mich, bei den Olympischen Spielen antreten zu dürfen."

Die sechs Spiele zuvor hatten offenbar stärker an ihr gezehrt, als man vermutet hätte. Beim Finale der Gruppe U schien die Abwehrchefin der Equipe tricolore, deren leichtfüßige Spielweise an Jie Schöpp erinnert, gegen Ruta Pasauskiene am Ende ihrer Kräfte. Im sechsten Satz beim Stand von 4:5 befiel Xian der erste Krampf. Sie war zur Auszeit gezwungen, um sich am rechten Unterarm, ihrem Schlagarm, behandeln zu lassen. Das schien anzuschlagen: Zwei direkte Punkte durch Vorhandschüsse folgten. Mit 9:6 ging sie im Anschluss in Führung. 3:2 stand es zu diesem Zeitpunkt in Sätzen. Doch Ruta Pasauskiene, die litauische Vielspielerin des Turniers, hatte sich im Verlauf der Partie immer besser auf ihre Kontrahentin eingestellt, schupfte zwar nur mäßig gefährlich mit der Rückhand, punktete aber durch sichere Topspins und Schüsse mit der Vorhand. Den Durchgang sicherte sie sich mit 12:10, die Belastung für die Barthel-Bezwingerin Xian wurde damit nicht geringer.

Im siebten Durchgang nahm das Drama seinen Lauf. Mit 9:6 führte Xian Yi Fang, dem Punkt Pasauskienes zum 9:7 folgte ein Schrei und der Zusammenbruch. Die 31-jährige Xian lag am Boden, geschüttelt von Krämpfen in den Beinen. Der Mannschaftsarzt und zwei Physiotherapeuten behandelten sie mit Eisspray und Massagen, Damen-Nationaltrainerin Rozenn Jacquet-Yquel sprach beruhigend auf sie ein. Ruta Pasauskiene stieg aus der Box, zog die Trainingsjacke an, setzte sich auf den Stuhl ihrer Trainerin. Sie und die Fans waren zu diesem Zeitpunkt nicht einmal sicher, ob Xian, die seit 2005 den französischen Pass hat und ihr erstes Länderspiel bei der LIEBHERR Mannschafts-WM in Bremen absolvierte, überhaupt würde weiterspielen können. Sie konnte. Nach sechsminütiger Behandlungspause war sie fit genug, um noch zweimal zu punkten. Damit gehörte das Ticket nach Peking ihr.