EM: Timo Boll im Finale - Schlager ohne Chance

St. Petersburg. Timo Boll (Foto) ist auf dem besten Wege, historisch Einmaliges zu erreichen. Noch nie ist es einem Spieler in der 50-jährigen EM-Geschichte gelungen, drei Titel erfolgreich zu verteidigen. Nach dem Triumph mit der Mannschaft und dem Einzug ins Doppel-Endspiel gelang dem 27-Jährigen dies auch im Einzel-Wettbewerb. Im Halbfinale erwies sich die Hürde Werner Schlager dabei allerdings niedriger als erwartet.

Der Österreicher hinterließ bei den LIEBHERR Europameisterschaften bislang einen ausgezeichneten Eindruck. Sowohl im Mannschafts-, im Doppel- wie auch im Einzel-Wettbewerb war der 36-Jährige bislang ungeschlagen. Von Schlagers bestechender Form in St. Petersburg konnte sich Timo Boll sogar persönlich überzeugen. Vor sechs Tagen, im Team-Halbfinale, verlor die deutsche Nummer eins noch mit 1:3. Doch in diesem Halbfinale sollte es anders kommen.

Boll von Beginn an Herr im Haus

Den besseren Start in dieses Semi-Final erwischte der Deutsche. Dank fünf Punkten in Serie drehte er einen 1:3 Rückstand in ein 6:3. Boll spielte aggressiv und übernahm auch bei Aufschlag des Österreichers häufig bereits mit dem Rückschlag die Initiative. Mit 11:7 ging Durchgang eins an die Nummer sieben der Weltrangliste. Schlager versuchte im zweiten selber etwas mehr für die Offensive zu tun und früh die Entscheidung zu suchen. Doch Boll zeigte auch aus dem passiven Spiel eine starke Leistung und wusste zumeist eine punktbringende Antwort auf Schlagers Initiative. Mit 11:5 holte sich Boll auch Durchgang Nummer zwei.

Der Österreicher erhöhte zwangsläufig das Risiko in seinem Spiel und wagte vor allem auf Bolls Aufschläge sehr viel. Doch auch dies brachte nicht den gewünschten Erfolg. Boll befreite sich stets souverän auch aus passiven Situationen und ließ in Durchgang drei nur ganze drei Punkte des Weltmeisters von 2003 zu. Damit war das Halbfinale entschieden. Schlager erweckte nicht den Eindruck, als würde er selber noch an die Wende in diesem Spiel glauben. Boll behielt seine offensive Linie bei und beherrschte Schlager im vierten Satz nahezu nach Belieben.

Odenwälder Kämpfer

Nach dem Ausgang des letzten Aufeinandertreffens der beiden war dieser Verlauf völlig unerwartet. Auch in den Einzelrunden zuvor hatte sich der 36-jährige Schlager in brillanter Form präsentiert. „Jeder, der das Mannschaftshalbfinale gesehen hat, hat wohl auf Werner gesetzt, aber ich bin halt ein Odenwälder Kämpfer und habe hier auf die Zähne gebissen“, sagte Timo Boll lachend. „Ich bin besser ins Spiel gekommen, war schneller auf den Beinen und habe Auf- und Rückschläge kontrolliert.“

Werner Schlager klagte schon während der Partie über Schmerzen im rechten Schlagarm. „Ich habe mir im ersten Satz wohl eine Zerrung im Oberarm geholt und habe mich dann nicht mehr getraut, meine Vorhand voll durchzuziehen“, erklärte er. „Das soll Timos Leistung aber nicht schmälern. Er hat meinen Service heute viel besser returniert, und ich hatte heute große Probleme mit seinem.“

„Einen Titel mindestens heute noch gewinnen“


Um 15 Uhr deutscher Zeit stehen sich die beiden erneut gegenüber: im Doppelfinale, das Boll gestern an der Seite seines Düsseldorfer Teamkollegen Christian Süß erreicht hat und Schlager zusammen mit der niederländischen Nummer eins, Trinko Keen. Um 17 Uhr trifft Boll auf einen weiteren Spieler, dem er im Teamwettbewerb noch unterlegen war: Sein Einzelfinalgegner ist der topgesetzte Weißrusse Vladimir Samsonov, der gegen Schlagers Landsmann Robert Gardos durch einen Vier-Satz-Satz souverän das Endspiel erreichte. Im Spiel um Gold mit der Mannschaft am Dienstag hatte Boll gegen Samsonov mit 0:3 klar den Kürzeren gezogen. „Ich hoffe, dass ich heute etwas mehr Gegenwehr zeigen kann“, so Boll und stellte klar. „Einen Titel will ich mindestens heute noch gewinnen.“