Einzel-Aus für Wu / Boll/Süß noch nicht ernsthaft getestet

St. Petersburg. Die in St. Petersburg an Position drei gesetzte Wu Jiaduo (Kroppach) unterlag in der ersten Hauptrunde überraschend Polina Mikhailova aus Russland in sieben Sätzen. Wu, die in den Mannschaftswettbewerben und im Doppel zuvor bereits elf Partien bestritten hatte, spielte gegen die Abwehrexpertin mit den bei Damen in der Defensive eher noch ungewohnten kurzen Noppen zu wenig variabel. Vor allem setzte sie ihre Gegnerin mit ihren Angriffsschlägen nicht ausreichend unter Druck. „Mit jedem Satz wird eine Abwehrspielerin sicherer“, weiß Bundestrainer Jörg Bitzigeio, selbst ein Defensivkünstler. „Mikhailova hat sehr gut gespielt. Das hatte sie vorher schon auf der Pro Tour gezeigt. Aber vor allem hat ‚Dudu’ es versäumt, den Rhythmus zu wechseln und sie mit ihren Topspins hinten zu beschäftigen. Sie hat zu einfach gespielt.“ Die erste Runde sei für die Gesetzten bei so einem Turnier immer gefährlich. „Die vermeintlichen Underdogs haben nichts zu verlieren“, so Bitzigeio. „Wenn man denkt, so ein Spiel gewinne man schon irgendwie, kassiert man eben eine Niederlage.“

In Einzel ausgeschieden, im Doppel noch dabei

Entsprechend niedergeschlagen war die 31-jährige Weltranglisten-26., die mit großen Hoffnungen ins Turnier gestartet war. Beim Stand von 3:2 in Sätzen und 10:10 stand sie kurz vor dem Einzug in die zweite Runde. „Auf ihren Schnitt konnte ich nicht schießen, und wenn ich geschupft habe, hat sie angegriffen. Außerdem war ich nach den vielen Einsätzen etwas müde“, sagte Wu Jiaduo. „Jetzt bin ich natürlich sehr traurig.“

Besser war es kurz zuvor für sie im Doppel gelaufen. In der zweiten Runde – nach einem Freilos in Runde eins – an der Seite der Busenbacherin Kristin Silbereisen gab es einen glatten 3:0-Sieg gegen Alexandra Privalova aus Weißrussland und Magdalena Szczerkowska aus. In Runde drei trifft das Duo auf Pernille Sondergaard aus Dänemark und Therese Andersen aus Norwegen. Auch die übrigen Damen des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) feierten Auftakterfolge. Zhenqi Barthel (Holsterhausen) und ihre kroatische Partnerin Tamara Boros benötigten zwar fünf Sätze, erreichten dann aber gegen die französische Kombination Audrey Mattenet und Aurore Dessaint die dritte Runde. Amelie Solja (Fraulautern) gelang zusammen mit der weißrussischen Abwehrspielerin Tatyana Kostromina ein Vier-Satz-Sieg gegen die Norwegerinnen Marthe Nilsen und Aasebo Marthe Grutle.

Auch in den Einzeln konnten sich Barthel, Silbereisen und Solja, Letztere allerdings kampflos, durchsetzen. Besonders erleichtert war Kristin Silbereisen über ihr 4:1 gegen Sara Ramirez. Mit der Spanierin lieferte sich die Deutsche einige sehenswerte Topspinduelle. "Ich bin sehr damit zufrieden, wie ich hier ins Einzelturnier gestartet bin", meinte Silbereisen. "Nach den letzten Spielen in der Mannschaft war ich etwas verunsichert. Gegen sie wusste ich, dass ich 100 Prozent geben musste, um zu gewinnen. Das ist mir heute gelungen."

Boll/Süß ohne Mühe

Die Mannschaftseuropameister waren heute nur im Doppel gefragt. Die Titelverteidiger, Timo Boll/Christian Süß (beide Düsseldorf), wurden in ihrem Auftaktspiel in der zweiten Hauptrunde noch nicht ernsthaft getestet und setzten sich gegen die zypriotischen Qualifikanten Onjan Serafimov und Andreas Tziambos mühelos durch. Morgen geht es in der dritten Runde gegen die Rumänen Constantin Cioti und Lucian Filimon.

Die zweite rein deutsche Kombination hatte ebenso wenig Mühe zum Auftakt. Bastian Steger (Frickenhausen/Würzburg) und Dimitrij Ovtcharov (Düsseldorf) gewannen gegen die Ungarn Daniel Zwickl und David Zombori mit 3:0 und treffen morgen auf die Kroaten Ronald Redjep und Andrej Gacina. Der nachnominierte Grenzauer Zoltan Fejer-Konnerth und sein zugeloster slowakischer Partner, Zoltan Lelkes, bezwangen die spanisch-portugiesische Kombination Victor Sanchez und Enio Mendes mit 3:2. Sie treffen nun auf Ferenc Pazsy und Janos Jakab aus Ungarn.

Eine geplante Niederlage kassierte das deutsch-österreichische Duo Patrick Baum (Frickenhausen/Würzburg)/Daniel Habesohn gegen dessen Landsmann, Ex-Weltmeister Werner Schlager, und die niederländische Nummer eins, Trinko Keen. Für Baum war es nach seinem Einsatz im dritten Gruppenspiel des Mannschaftswettbewerbes gegen Ungarn erst sein zweites Spiel bei dieser EM. Auch Habesohn war bei den Österreichern nur zu einem Spiel gegen Serbien gekommen. „Es lief nicht viel zusammen bei uns“, sagte Baum. „Mir hat häufig das richtige Timing gefehlt. Viele Bälle habe ich schlicht nicht richtig getroffen.“ Die beiden Routiniers gewannen gegen die junge Kombination am Ende deutlich mit 11:5, 11:5 und 11:4. „Gegen die Beiden dürfen wir sicherlich verlieren“, so Baum. „Schade nur, dass wir ausgerechnet im Auftaktspiel auf sie treffen mussten.“

Titelverteidigerin sagt Individualwettbewerbe ab

Einzel-Europameisterin Li Jiao wird ihren Titel von Belgrad in St. Petersburg nicht verteidigen können. Nach dem Gewinn der ersten Team-Goldmedaille für die Niederlande haben Li selbst und die niederländischen Offiziellen entschieden, dass die im Einzel an Position eins und im Doppel zusammen mit Österreichs Liu Jia an zwei Gesetzte auf die Individualwettbewerbe verzichten wird. "Ich bin nach der langen olympischen Saison einfach sehr müde und möchte vermeiden, dass ich mir deshalb eine Verletzung im weiteren Turnier zuziehe", erklärte Li Jiao.

Im Mannschaftswettbewerb war die 35-jährige Europe-Top-12-Siegerin ungeschlagen geblieben. Im Finale gegen Ungarn hatte es ein glattes 3:0 für ihre Team gegeben. Nach dem 3:2 gegen Russland hätten ihre physischen Probleme zugenommen. "Für mich war der Teamwettbewerb hier das Wichtigste", sagte sie. "Unser Ziel war Mannschaftsgold."

"Mit all meiner Erfahrung weiß ich, dass es falsch wäre, in diesem Zustand noch einmal an den Tisch zu gehen. Aber natürlich bin ich enttäuscht, denn ich hätte gerne versucht, meinen Titel zu verteidigen", gab Li Jiao zu. Im NTTB-Team hat sie für die Entscheidung die volle Unterstützung: "Der Terminplan ist viel zu voll mit all den Turnieren und Einsätzen für die Klubs", kommentierte der niederländische Cheftrainer, Pieke Franssen. "Wir und viele andere Nationen meinen, dass sich das verändern muss, wenn wir unseren Sport ernst nehmen."