Nur Boll erreicht das EM-Viertelfinale

St. Petersburg. Timo Boll steht als einziger Deutscher im Viertelfinale der LIEBHERR Europameisterschaften in St. Petersburg. Der dreifache Titelverteidiger setzte sich überraschend deutlich in vier Sätzen gegen Bojan Tokic aus Slowenien durch. Ausgeschieden sind dagegen Bolls Düsseldorfer Vereinskollege Dimitrij Ovtcharov und Bastian Steger (Frickenhausen/Würzburg). Ovtcharov unterlag Portugals Nummer eins, Joao Monteiro, Steger musste sich Vladimir Samsonov (Weißrussland) geschlagen geben.

„Ich habe heute fehlerlos gespielt“, konstatierte ein zufriedener Timo Boll. „Ich hatte mich gegen ihn auf ein hartes Match eingestellt, aber es hat bei mir einfach alles gepasst. Ich hoffe, dass ich diese Form im weiteren Turnier halten kann.“ Auch in seinem dritten Einzel im Sport- und Konzertkomplex von St. Petersburg blieb Timo Boll ohne Satzverlust. Tokic, Sloweniens Spitzenspieler, war ohne Chance, verlor sogar zwei Durchgänge zu eins. Für Timo Boll geht es um 18 Uhr deutscher Zeit gegen Michael Maze um die Medaillenränge. Der Däne, den Boll in der Vorrunde des Mannschaftswettbewerbs mit 3:1 besiegt hatte, setzte sich in seiner Achtelfinalpartie gegen Lokalmatador Alexei Smirnov durch.

Ovtcharov und Steger in der Verlängerung



























Vier der sechs Sätze endeten bei Dimitrij Ovtcharov in der Verlängerung, drei davon gingen an seinen portugiesischen Kontrahenten. „Es hätte ganz anders laufen können“, meinte der 20-Jährige. Nach gewonnenem ersten Durchgang lag er im zweiten mit 4:10 zurück, kämpfte sich heran bis zu zwei eigenen Satzbällen, aber unterlag. Satz drei verlief ähnlich. „Ich habe die knappen Sätze zu oft abgegeben. In diesen Phasen waren alle Satzbälle gleichzeitig Matchbälle. Gehe ich 2:0 in Führung, dann gewinne ich das Spiel“, wusste der EM-Dritte vom vergangenen Jahr und befand: „Mein Ausscheiden ist natürlich sehr schade, aber ich bin ja auch nicht in Topform angereist. Man muss aber auch sagen: Monteiro hat hier 120 Prozent gespielt.“ Der Portugiese, bei Sterilgarda Castelgoffredo in der ersten italienischen Liga aktiv, spielte hohes Risiko und trumpfte in Ovtcharovs eigentlicher Paradedisziplin groß auf – den Rallyes. Gestern hatte Monteiro bereits Tschechiens Spitzenspieler Petr Korbel in fünf Sätzen ausgeschaltet.

Der auch heute wieder furios spielende Bastian Steger wurde in der Runde der letzten 16 vom Topgesetzten gestoppt. Der 27-jährige zweifache Mannschaftseuropameister musste sich nach großem Kampf Vladimir Samsonov mit 3:4 geschlagen geben. Der Weißrusse zeigte sich im Vergleich zu seinem mühsamen Achtelfinaleinzug gestern gegen Frankreichs Außenseiter Adrien Mattenet stark verbessert, doch die Nummer 46 der Welt hatte ihre Chancen. Etwa in Durchgang vier als Steger sich nach 4:9 zurückkämpfte und nach sechs Punkten in Folge plötzlich Satzball hatte, diesen jedoch nicht nutzen konnte. Den fünften Durchgang sicherte sich der Deutsche knapp nach zwischenzeitlich hohen Führungen, den sechsten erkämpfte er sich nach Führungen seines Kontrahenten. In der entscheidenden Phase verlief es ausgeglichen. Samsonov zeigte sich vor allem im passiven Spiel gewohnt stark. Zum 9:10 verzog Steger bei einer Rallye einen Vorhand-Topspin. Beim ersten Matchball Samsonovs zwang ihn Steger zunächst in die Ballonabwehr, dann glückte ein Schnittabwehrversuch des mehrfachen Europameisters – und Steger zog den Ball ins Netz.

„Das Maximale herausholen“

“Bei den letzten beiden Punkten hat sich die Klasse von Vladimir gezeigt“, lobte Bastian Steger. „Diese Bälle machen in der Entscheidung einfach den Unterschied aus.“ Neben der ersten Enttäuschung zeigte sich aber auch viel Zufriedenheit wegen der starken Leistung während des gesamten Turniers. „Ich bin im Moment gut drauf, habe einen guten Kopf und heute nach einem 1:3-Satzrückstand noch zurückgekommen. Bei 9:9 im siebten Satz habe ich keine große Nervosität gespürt. Schade, dass es am Ende nicht gereicht hat.“ Sein persönliches Turnierfazit. „Ich habe gezeigt, dass ich mit Spielern wie Samsonov mithalten kann. Das gibt mir Selbstvertrauen.“

Auch der Bundestrainer sah es positiv: „Wir haben probiert, hier das Maximale herauszuholen“, sagte Richard Prause. „Wichtig ist für mich, dass wir nach einer langen Saison hier kämpferisch hervorragend aufgetreten sind und uns so teuer wie möglich verkauft haben. Es gibt daher keinen Grund, verpassten Chancen hinterher zu trauern. Und mit Timo haben wir ja weiterhin ein Eisen im Feuer.“