Heiß auf die Play-Offs: 24 Stunden vor Teil eins des Halbfinal-Showdowns

Samstag 14:00 Uhr: TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell - Borussia Düsseldorf
(Esperantohalle, Zieherser Weg in Fulda)

Waldner, Persson (im Foto im Doppeleinsatz) und Kollegen haben mit Einzug in die Runde der besten Vier ihr Saisonziel eigentlich schon erreicht und möchten nun ihren Fans eine schöne Zugabe bieten. Sie genießen die Rolle des Außenseiters, der nichts zu verlieren hat und den Topfavoriten ein wenig ärgern möchte - psychologisch natürlich eine ausgesprochen günstige Ausgangsposition. Für Pokalsieger Düsseldorf sind dagegen die Fronten klar und man bekennt sich zu den Zielen, mit dieser Topmannschaft, identisch mit dem Kern des deutschen Nationalteams, das Finale zu erreichen und natürlich auch zu gewinnen. Dem "FC Bayern" der Tischtennisbundesliga würde auch niemand vorsichtiges Taktieren und höfliches Understatement abkaufen. Wer mit Boll, Süß, Ovtcharov, Korbel und Mizutani antritt, kann nur ein Ziel haben.

Bei den bisherigen beiden Aufeinandertreffen in dieser Saison gab es für die Osthessen - außer aufmunternden Worten - nicht allzuviel zu erben: 6:1 für die Borussia hieß es zum Saisonauftakt vor 4.200 Zuschauern, 6:3 im Rückspiel am 2. Dezember 2007, bei dem sich der Gastgeber aber phasenweise sehr gut in Szene setzte und teuer verkaufte. Christian Süß, der nicht seinen besten Tag erwischt hatte und sowohl gegen Feng Zhe als auch gegen Jan-Ove Waldner verlor, brennt natürlich am Samstag ganz besonders auf Wiedergutmachung.

In der Osthessenmetropole treffen übrigens die beiden Publikumsmagneten der Liga aufeinander - die Zugkraft eines Timo Boll und eines Jan-Ove Waldner ist ungebrochen. 1.300 Menschen im Schnitt wollten bislang die Borussia bei ihren Heimspielen sehen, 1.475 gar auswärts. Und auch die keineswegs altersschwachen Tischtennis-Legenden in Diensten Fuldas werden noch in der Fremde gerne bestaunt - deutlich über 1.000 Menschen pilgerten durchnittlich in die DTTL-Hallen, wenn die schwedischen Ex-Weltmeister angekündigt waren.

Erstmals wird der TTC nicht in der für ein derartiges Topevent zu kleinen Wilmingtonhalle zum "Tanz bitten", sondern hat die ungleich größere und modernere Esperantohalle im Fuldaer Congresszentrum gewählt, die - bei entsprechendem Aufbau - über 3.000 Besuchern Platz bieten kann. Am Samstag wird sie auf 2.000 Tischtennisfans ausgelegt sein, mit denen Vereinschef Stefan Frauenholz auch kalkuliert. Frauenholz betont: „Das ist auch eine Werbung für die Esperantohalle, denn das DSF überträgt am Samstag von 19 bis 20 Uhr eine einstündige Zusammenfassung über den ersten Halbfinalspieltag." Dennoch erhält der Klub aus der Rhön keine Sonderkonditionen bei der Miete. „Wir hoffen, dass wir die Kosten für die Halle in etwa aus den Eintrittspreisen erlösen können", so Fuldas Manager. Sein Stellvertreter Michael Hodes hat auf die Frage, wie man Düsseldorf denn schlagen könne, eine verblüffend einleuchtende Antwort parat: "Ganz einfach, man holt pro Spiel immer einen Satz mehr als der Gegner." Fasziniert schildert der Vereinsvize, auch als stimmgewaltiger Hallensprecher weithin bekannt, seine Gedanken bei der Inspektion der Play-Off-Spielstätte: "Ich kann nur sagen, da betreten wir wieder ein Stück Neuland. Die Organisation der Hallenbetreiber ist sehr profihaft. Es ist beeindruckend, wenn man in der Halle steht und weiß, übermorgen schauen dich hier vielleicht 2.000 Menschen an und hören dir zu." Hodes ist von Hause aus kein Pessimist: "Ich bin sicher, wenn die Halle voll wird, dann gibt es ein Riesen-Event, das wäre dann genau die Atmosphäre, die Waldi und Jörgen so brauchen - und dann geht vielleicht auch was, es geht immerhin um die Deutsche Meisterschaft."

Ganz nüchtern und konzentriert geht die Borussia in das erste Halbfinale - mit der würdevollen Distanz, die zu einem Rekordchampion paßt. Auch wenn man sich an allen fünf Fingern abzählen kann, wie der Gast aus dem Rheinland aufgestellt sein wird, denkt Manager Andreas Preuß nicht im entferntesten daran, Aufstellungsdetails vorzeitig preiszugeben: "Die Einzel- und Doppelaufstellung ist und bleibt Geheimnis des Trainers, nur der Manager und rechtzeitig natürlich auch die Spieler sind eingeweiht, aber verschwiegen." Wie im volksnahen Tischtennissport üblich, wird auch das Topteam der Liga mitsamt seinen Weltstars nicht im Privatjet nach Hessen düsen oder einen kompletten ICE zur Anreise mieten: "Wir reisen heute um 13:00 Uhr alle zusammen im Kleinbus des Vereins, gesponsert vom Düsseldorfer Opel-Autohaus Ulmen, nach Fulda, das heißt alle fünf Spieler, Trainer, Manager und Physiotherapeut." In Osthessen angekommen, wird es konzentriert weiter gehen: "Wir werden heute abend noch in Fulda trainieren und per Videoaufnahmen den Gegner studieren", so Preuß, der nichts dem Zufall überlassen möchte.

Dennoch gilt: Der Ball ist rund und in einem Play-Off kann stets auch außergewöhnliches passieren. Garantien auf eine ausgelassene Heimfahrt im gesponserten Kleinbus gibt es also keine für die Borussia, die sich den angestrebten Triumph vor einer vermutlich fanatischen Kulisse zunächst einmal wird hart erarbeiten müssen.




Samstag 14:00 Uhr: TTF LIEBHERR Ochsenhausen -TTC Frickenhausen
(Paul-Heckmann-Kreissporthalle im BSZ, Leipziger Straße 11 in Biberach)

Ochsenhausen vs. Frickenhausen - das ewig junge Schwabenderby zweier seit Jahren zur deutschen Spitze zählender Teams. 1.500 Besucher werden im idyllischen oberschwäbischen Städtchen Biberach erwartet, wenn Punkt 14 Uhr Bastian Steger und Kollegen den Versuch starten wollen, zum vierten Mal in Folge ein Finale um den nationalen Titel zu erreichen.

In den letzten beiden Jahren standen die Mannen aus dem Neuffener Tal zudem am Ende ganz oben auf dem Treppchen - doch so weit möchte man diesmal noch nicht denken, wohl wissend, dass im möglichen Endspiel mit der in einer echten Finalsituation als fast unbezwingbar geltenden Düsseldorfer Borussia ein ganz dicker Brocken auf die erfolgreichste deutsche Mannschaft der letzten beiden Jahre warten dürfte. In der Saison 2005/06 hieß Frickenhausens Endspielgegner übrigens Ochsenhausen. Mit 6:2 setzte sich damals der spätere Champion in Biberach durch, der das Rückspiel dann allerdings in heimischer Halle mit 3:6 verlor - aber das reichte bekanntlich zum großen Wurf.

Eng geht es traditionell zu bei diesen Derbys der württembergischen Ausnahmeteams, warum sollte das am Samstag anders werden. So trennte man sich auch in der laufenden Saison 5:5 beim Heimrecht der Oberschwaben, während das Rückspiel, das auf des Messers Schneide stand, vor gerade vierzehn Tagen mit 6:4 an den TTC Frickenhausen ging. Da schon musste der Gast auf den an einer hartnäckigen Rückenverletzung laborierenden Spitzenspieler Adrian Crisan - immerhin drittstärkster Akteur der Liga - verzichten, während bei Frickenhausen der wiedergenesene Nationalspieler Steger (Foto) wieder mitwirken und Akzente setzen konnte. Personell wird es am Samstag ähnlich aussehen, die unterdessen beim renommierten Sportmediziner Dr. Müller-Wohlfahrt in München in Behandlung befindliche Nummer eins Rumäniens wird den Oberschwaben nicht zur Verfügung stehen, während der Titelverteidiger personell aus dem Vollen schöpfen kann. Dennoch ist den Tischtennisfreunden nicht bange, da sie auch in der Breite gut besetzt sind und - ungeachtet des Verletzungspechs - mit Leung, Gerell, Monteiro und Bobocica vier starke Akteure und vermutlich zwei schwer zu bezwingende Doppelformationen werden nominieren können.

TTF-Präsident Rainer Ihle rechnet erneut mit einem ganz engen Verlauf: "Auch wenn Adrian Crisan voraussichtlich in beiden Halbfinalspielen ausfallen wird, bin ich zuversichtlich. Die Mannschaft ist sehr gut drauf, sie hat ohne Crisan gegen Fulda gewonnen und in Frickenhausen gute Gewinnchancen gehabt." Natürlich ist dem Bundesligamanager bewußt, dass sich sein Team nicht den kleinsten Durchhänger erlauben darf: "Natürlich müssen sich die restlichen vier Spieler auf den Punkt topfit präsentieren, wenn wir etwas erreichen wollen." Psychologisch sieht Ihle seine Jungs in einer günstigen Ausgangsposition: "Wir haben unsere Pflicht und Schuldigkeit bereits getan, was jetzt folgt, ist die Kür." Und er prophezeit Ma Wenge & Co. einen heißen Tanz in Biberach: "Wenn die hervorragende Stimmung wie im Match gegen Fulda, die beste seit langer Zeit, erneut aufkommt, wird es heiß hergehen und alles ist möglich. Frickenhausen ist Favorit ohne Wenn und Aber, aber wenn uns ein guter Start ins Match gelingen sollte, müssen die sich warm anziehen."

Ihles Frickenhausener Kollege Rolf Wohlhaupter-Hermann weiß um die Schwere der Aufgabe gegen den erfolgshungrigen Herausforderer. Andererseits hätte es auch schlimmer kommen können, nämlich wenn man gleich auf Topfavorit Düsseldorf getroffen wäre, was man aufgrund der überzeugenden Punktrunde aber zu vermeiden wusste. "Gegen Ochsenhausen wird es sicher wieder sehr eng werden", so Wohlhaupter-Hermann, "in den letzten Jahren haben wir dennoch fast immer gut gegen diesen Gegner ausgesehen. Unsere Mannschaft ist sehr motiviert und wir möchten auf jeden Fall zum vierten Mal in Folge das Finale um die Deutsche Meisterschaft erreichen."

Alles ist angerichtet für ein packendes Play-Off-Duell mit Derbycharakter.