Die Sensation knapp verfehlt: Ein Ball fehlte Ochsenhausen zum Sieg

"Nur" 2.500 Zuschauer erlebten diese äußerst kurzweilige, ja phasenweise dramatische 190-Minuten-Partie zweier Teams auf Augenhöhe. Das herrliche Wetter - die Sonne strahlte an diesem vielleicht letzten "Goldenen-Oktober-Tag" und lud zu Familienausflügen und Radtouren ein. Auch der Umstand, dass der Samstag im Stuttgarter Raum allgemein als Punktspieltag genutzt wird und somit viele Tischtennisspieler nicht erscheinen konnten, trug sicher dazu bei, dass die anvisierte Rekord-Besucherzahl deutlich verfehlt wurde. Auch der Mario-Barth-Auftritt am selben Abend in der benachbarten Hanns-Martin-Schleyer-Halle mag den einen oder anderen Zuschauer gekostet haben. Wer nicht kam, hat eine Menge verpasst, es sei denn, er konnte die prickelnde Partie im Liverstream auf www.DTTL.tv verfolgen.

Die Organisatoren - namentlich Ochsenhausens Präsident Rainer Ihle und Generalmanger Kristijan Pejinovic - hatten ein professionelles Tischtennis-Event der Extraklasse auf die Beine gestellt mit buntem Rahmenprogramm und zahlreichen "Promis". So gaben sich unter anderem Ministerpräsident Günther Oettinger, Freiburgs Ex-Bundesligatrainer Volker Finke, Stuttgarts Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann, ETTU-Präsident Stefano Bosi sowie die DTTB-Führungsspitze ein Stelldichein, die sich zum Spiel, aber auch anlässlich der Kick-Off-Veranstaltung zur LIEBHERR-EM 2009 in der Porsche-Arena eingefunden hatten.

Ein Timo Boll in der Topform der letzten Wochen - diesmal taktisch ein wenig überraschend auf Position zwei nominiert - präsentierte sich im Eröffnungsmatch gegen den Weltranglistenfünfzehnten Chuang Chih-Yuan den Fans. Mehr als ein Satzgewinn blieb dem wendigen Taiwanesen nicht vergönnt und Düsseldorf führte mit 1:0. In vier hochklassigen Durchgängen setzte sich auch Adrian Crisan gegen Shooting-Star Dimitrij Ovtcharov durch. Dass der Rumäne am Abend beim Festbankett zum besten gab, derzeit nur bei 50 Prozent seines Leistungsvermögens zu liegen, darf getrost als nicht bierernst gemeinter Spruch zu vorgerückter Stunde verbucht werden. Wer das Match live verfolgt hat, wird dem Vierundzwanzigsten des aktuellen Welt-Klassements schon einen Wert von mindestens 90 Prozent gegen einen gewiß nicht schwachen "Dima" attestieren. 1:1 stand es zur Pause und viele Zuschauer ahnten bereits, dass die Partie noch dramatische Züge annehmen würde. Dafür sorgte zunächst Tiago Apolonia, dem Trainer Anders Johansson diesmal im Einzel den Vorzug vor Pär Gerell gegeben hatte. Apolonia hatte den rotblonden Westfalen bereits beim Olympia-Qualifikationsturnier bezwungen, während der zweifache Goldmedaillengewinner von St. Petersburg dem Linkshänder aus Schweden dem Vernehmen nach überhaupt nicht liegt. Ochsenhausens Nummer drei bot eine spielerisch und kämpferisch ganz starke Leistung und entschied das rassige Match, nach mit 19:17 gewonnenem ersten Satz, schließlich mit 3:2 zu seinen Gunsten. Damit hatte der junge Portugiese seinem Kollegen Chuang die Steilvorlage gegeben, gegen Ovtcharov für sein Team alles klar zu machen - doch es kam bekanntlich anders und "Dima" durfte nach fünf Sätzen auf des Messers Schneide, die alles boten, was großes Tischtennis ausmacht, jubeln. So hatte der nervenstarke Youngster seine Borussia, die schon mächtig mit dem Rücken zu Wand stand, zurück ins Spiel gebracht. Das Weltklassedoppel Boll/Süß ließ sich abschließend von Apolonia/Gerell nicht düpieren und erspielte ein ungefährdetes 3:0 zum Sieg des Titelverteidigers aus dem Rheinland. Der Favorit hatte also gewankt, war aber nicht gefallen.

TTF-Präsident Rainer Ihle hätte natürlich nur zu gerne die beiden Zähler auf der Habenseite verbucht, zeigte sich aber mit dem Auftreten seines Quartetts sehr zufrieden: "Ich kann keinem Spieler den geringsten Vorwurf machen. Alle haben sich reingehängt und bis zum letzten Ball toll gekämpft. Das war heute ein Spitzenspiel zweier gleichwertiger Mannschaften. Nach Apolonias Sieg gegen Süß war der Sieg greifbar, aber es hat heute nicht sollen sein. Wir sehen uns wieder in den Play-Offs!"

Borussia-Manager Andreas Preuß atmete tief durch und war sich bewusst, dass der Erfolg seines Teams diesmal am seidenen Faden gehangen hatte: "Das war ein würdiges Spitzenspiel zweier ganz starker Mannschaften. Wir haben hier heute mit 1:2 zurückgelegen und waren nur einen Punkt von der Niederlage entfernt. Ich bin heilfroh, dass wir das Spiel noch gewonnen haben. Besonders Dimitrij hat bei seinem Sieg gegen Chuang eine starke Leistung gezeigt. Unter Druck spielt er oft sein bestes Tischtennis. Kompliment an Ochsenhausen, nicht nur wegen der sportlichen Leistung, sondern auch weil sie ein tolles, professionell organisiertes Tischtennis-Event auf die Beine gestellt haben!"