"Mit vier Einsern gespielt" - Düsseldorf in Fulda eine Klasse für sich

Christian Süß (Foto) revanchierte sich eindrucksvoll für seinen Durchhänger im Rundenrückspiel und ließ einem heute gewiß nicht schwachen Feng Zhe beim 3:0 keine Chance. Im Duell der beiden Publikumsmagneten konnte Jan-Ove Waldner gegen Timo Boll nur Satz drei für sich entscheiden, die ersten beiden Durchgänge gingen knapp an den Weltranglistensechsten, der allmählich wieder zu richtig guter Form aufläuft. Im vierten Satz ging Ex-Weltmeister "Waldi" dann ein wenig die Luft aus. Hätte sein kaum minder namhafter Landsmann etwas gegen den jungen Dima Ovtcharov gerissen, hätte Fulda vielleicht nochmals herankommen können. Aber der Youngster setzte sich mit cleverem Spiel und guten, wohldosierten Angriffsbällen letztlich ungefährdet gegen die geballte Routine des Fuldaer Ex-Weltmeisters Nummer zwei - vor der Partie zusammen mit dem ebenfalls scheidenden Jörg Schlichter mit Blumen verabschiedet - durch und brachte sein Team mit 4:1 in Front. Petr Korbel wollte gegen Qingyu Meng nicht nachstehen. Nach anderthalb Sätzen hatte sich der Tscheche auf den Noppenbelag des Chinesen mit deutschem Paß eingestellt und gab sich fortan nicht mehr die geringste Blöße. 5:1 zur Pause - die Entscheidung stand bereits unmittelbar bevor. Timo Boll blieb es vorbehalten, den Sack endgültig zuzumachen: Im Spitzeneinzel hielt der agile Feng zwar recht gut mit, im Entscheidungssatz freilich hatte Timo stets die Nase vorne und ließ sich die Butter nicht vom Brot nehmen. 1.180 Zuschauer waren sich einig, den kommenden Deutschen Mannschafts-Meister gesehen zu haben.

Nach der Partie machte der das gesamte Geschehen treffend charakterisierende Ausspruch von Donic-Chef Frank Schreiner die Runde, der das Fazit gezogen hatte: "Düsseldorf spielt mit vier Einsern, das hat man heute deutlich gesehen." Ein sichtlich enttäuschter Fuldaer Manager Stefan Frauenholz schloss sich dieser Aussage voll und ganz an und wollte seiner Truppe keinen Vorwurf machen, die eben auf einen übermächtigen und bis in die Haarspitzen motivierten Gegner getroffen sei: "Auch die Nummern drei und vier der Düsseldorfer würden in jeder anderen Mannschaft vorne spielen." Auch Gästetrainer Dirk Wagner fand die Charakterisierung mit den "vier Einsern" recht passend, ergänzte aber: "Eigentlich hatten wir ja noch einen fünften Einser dabei." Entscheidend sei aber auch gewesen, so Wagner weiter, "dass sich keiner blind auf den anderen verlassen hat, sondern jeder die Initiative gezeigt hat, die nötig ist, um solch ein Spiel klar zu dominieren. Letztlich war deshalb das Team der Star." Überrascht zeigte sich der Erfolgscoach nicht: "Unsere Spieler haben gebrannt und waren hoch konzentriert - und das konnte ich schon die ganze Woche über im Training beobachten." Das Ziel ist klar: "Wir wollen den Titel und wir wollen ihn uns durch überzeugende Leistungen verdienen." Fuldas Vizepräsident Claus-Dieter Schad zeigte sich ein wenig traurig: "Schade, mindestens ein 3:6 hätte ich unserem Team schon zugetraut. Besonders von Jörgen Persson hätte ich mir noch ein kleines Abschiedsgeschenk gewünscht." "Mister Tischtennis" Jörg Roßkopf, der als Co-Kommentator ein gutes Gespann mit Moderator Baier abgab - in der Halle sprach jemand von "Netzer/Delling des deutschen Tischtennis" - zeigte sich nicht im mindesten überrascht vom deutlichen Verlauf des Halbfinales: "Ich habe das genau so erwartet, bei Düsseldorf hat sich die Klasse des spielenden Personals deutlich gezeigt und durchgesetzt. Timo war heute schon ganz gut, aber noch nicht in Top-Play-Off-Form. Das wird noch ein ganzes Stück besser werden bis zu den Endspielen, in denen Düsseldorf auch kaum in Gefahr geraten wird." Angetan von den Darbietungen der Borussia zeigte sich auch "Rossis" Gesprächspartner, contenthouse-Moderator Christian Baier: "Das war schon Tischtennis auf einem ganz hohen Level, was die Düsseldorfer heute geboten haben. Timo Boll hat gezeigt, dass er wieder richtig da ist. Allerdings hätte es auch knapper ausgehen können. Vor allem Jan-Ove Waldner hatte heute nicht seinen allerbesten Tag und machte Fehler, die man sonst von ihm nicht gewohnt ist." Von Tischtennis-Ikone Waldner selbst kam dann aber noch - mit trockenem Humor vorgetragen - das "Wort zum Sonntag": "Macht nichts, dann gewinnen wir eben 6:0 in Düsseldorf!"