2:1 - 96 stoppt die Bayern

Was für ein Nervenkrimi! Hannover 96 schlägt den FC Bayern München nach einer großartigen Leistung mit 2:1 (1:0) und wiederholt damit die Überraschung der Vorsaison.


Geburtstagskind "Moa" Abdellaoue brachte die Roten per Foulelfmeter in Front (23.), Christian Pander erhöhte mit einem abgefälschten Fernschuss auf 2:0 (53.). Der Anschlusstreffer Alabas (83.) kam zu spät für den Rekordmeister, der zudem früh einen Platzverweis für Boateng hinnehmen musste (29.). Steven Cherundolo sah die Ampelkarte (63.).

Heiß, heißer – 96 gegen Bayern! Die Partie der Roten gegen den Rekordmeister und derzeitigen Tabellenführer sorgte am zehnten Spieltag für Feuer unterm Dach. Nicht nur die Akteure auf dem Rasen sorgten für ein packenes Duell, sondern auch ein Leichtmetall namens Aluminium hatte während der 90 Minuten einen großen Anteil an der das Fußballherz erwärmenden Begegnung.

Slomka setzt auf "Doppel-Sechs"
Drei Tage nach dem Spiel in der Europa League gegen den FC Kopenhagen setzte Miirko Slomka auf Altbewährtes in der Aufstellung. Für Didier Ya Konan fand sich Manuel Schmiedebach unter den ersten Elf wieder - der 96-Coach zog einen seiner beiden "Sechser" dem Einsatz eines zuletzt dritten Stürmers vor. Bei den Gästen aus München gab es zwei Änderungen. Luis Gustavo rückte für Tymoshchuk, Jerome Boateng für van Buyten in die Startelf.

Geburtstagskind "Moa" erzielt das 1:0
Den Sieg aus der vergangenen Saison noch im Hinterkopf warteten 49 000 Zuschauer gebannt auf das, was in den bevorstehenden beiden Halbzeiten auf sie zukommen sollte. Und das war einiges. Bereits ab Anpfiff von Schiedsrichter Manuel Gräfe wurde den Fans auf den Rängen schnell klar, wolang der Weg zum Sieg an diesem Tag führte: unaufhaltsam nach vorn – und zwar auf beiden Seiten. Die Gastgeber schlugen den Pfad als Erste ein. Ein Pass von Pinto auf Pander lenkte die Bayern-Verteidiger zur Ecke. Schulz köpfte das Spielgerät allerdings ungefährlich übers Tor (6.). Doch auch der Rekordmeister ließ sich nicht lange bitten, lauerte im Mittelfeld auf Fehlpässe der 96er und tauchte im Anschluss mit den abgefangenen Bällen ab und an vor 96-Torwart Zieler auf. Dann die erste dicke Chance durch Abdellaoue. Nach einem Traumpass von Pander sprintete der Norweger in der Mitte der Bayern-Abwehr davon und fand sich allein vor Nationalkeeper Neuer vor. Das Geburtstagskind des heutigen Tages hatte sein Zielwasser wohl noch nicht verdaut, denn der 26-Jährige verzog und traf nur das Aluminium (11.). Dem Leichtmetall sollte an diesem Abend noch eine besondere Rolle zukommen. Eine Glanzparade Zielers rettete kurz darauf den Rückstand seiner Mannschaft – Ribery passte scharf auf die bayrische Tormaschine Gomez, der das 1:0 für seine Farben vorm Kopf hatte. Doch der hannoversche Torwächter stahl ihm diesen Glücksmoment und lenkte den Ball über die Latte (13.). Durchatmen hieß es dann für alle 96-Fans, als sich Kroos das Leder schnappte und hinter der Mittellinie eine Sololauf startete, den er mit einem satten Schuss an das Quergebälk von Zielers Kasten beendete (20.) – erneut war das Aluminium ins Rampenlicht gerückt. Unerwartet, aber nicht undankbar, nahmen die Roten kurz darauf ein Präsent des Bayern-Defensivmannes Lahms an, der Cherundolo unsachgemäß im Strafraum von den Beinen holte - Schiedsrichter Gräfe entschied sofort auf Elfmeter. Passend zum Ehrentag vollstreckte Abdellaoue und bescherte sich womöglich das schönste Geschenk (23.). Das Tor erhitzte die fröstelnden 96-Gemüter auf den Rängen, doch es sollte noch ein paar Grad wärmer werden. Nach einem Foul von Rafinha an Pinto kurz hinter der Mittellinie explodierte die Stimmung auf dem Platz. Während Pinto an der Seitenlinie von den Physiotherapeuten behandelt wurde, entwickelte sich neben ihm ein Handgemenge zwischen mehreren Spielern, die anschließend in einer Rudelbildung endete (27.) Die wüste Schubserei mündete in einer roten Karte für Boateng, der Schulz unsanft zu nah gekommen war. "Schulle" kassierte auch noch einen Karton, allerdings nur den gelben.


Ein Dank in den Himmel: Geburtstagskind "Moa" Abdellaoue zeigte sich nervenstark

Bayern macht Druck
Nachdem sich die erhitzen Gemüter beruhigt hatten und die Gäste nun zu zehnt das Spiel fortsetzten, versuchte es der am heutigen stark spielende Pander mit einem strammen, aber erfolglosen Schuss (31.). Mit gestärktem Selbstvertrauen setzten die Roten den Kampf um die Punkte fort. Schmiedebach auf Stindl, dessen Querpass allerdings in Neuers großen Händen (36.) landete. Brenzlig wurde es dann noch einmal kurz vor Schluss. Badstuber schickte Müller lang auf rechts, der passte haargenau auf Gomez, der die Kugel im 96-Strafraum nicht optimal erwischte und in den klaren Abendhimmel drosch (38.). Wirkungslos blieb auch Kroos´ Freistoss aus 20 Metern von halb rechts, den Pinto klärte (40.). Die ersehnte 2:0-Führung hatte dann Stindl auf dem Fuß - sein Teamkollege "Moa" hatte Bayern-Jüngling Badstuber zuvor schwindelig gespielt – doch der Mittelfeldspieler semmelte die Kunststoffkugel über aus wenigen Metern über Neuers Kasten (44.). Kurz vor Ende der ersten Hälfte gab es auf dem Rasen noch einen Abstecher in eine andere Sportart. Nicht auf der Platte, aber im 96-Strafraum sahen die Mifiebernden ein Ping-Pong-Duell zwischen beiden Teams – am Ende ging es ohne nennenswertes Ergebnis mit der 1:0-Führung der Gastgeber in die Kabinen.

Pander sorgt für das 2:0
Auch mit zehn Mann blieben die Bayern unberechenbar. Gomez allein gegen Zieler, der glänzend parierte (46.). Im Gegenzug brachte Pander die Kugel scharf vor den Bayern-Kasten, doch Neuer war eine Handbreit schneller am Ball als "Moa" (47.). Auf der anderen Seite bewies der 96-Torhüter, warum er in den Kader der Nationalmannschaft berufen wurde. Kopenhagen längst abgehakt, vollbrachte er zwei Heldentaten und hielt die Führung fest. Und es sollte noch besser kommen. Der nimmermüde Pander kreuzte am Bayern-Strafraum auf und bewies erneut seine Schussstärke – zum Nachsehen von Neuer. Von Gustavos Fuß schlug der Ball eine kuriose Bahn ein und sprang unaufhaltsam ins Tor des Bayern-Keepers, dem nur der Blick zurück blieb - 2:0 (50.). Zwischendurch prüfte Schweinsteiger noch die Festigkeit von Zielers Außennetz. Dann ein erneuter Auftritt des Leichtmetalls an diesem Abend. Nachdem sich Cherundolo wieselflink auf rechts gegen Lahm durchgesetzt, den Ball auf den Fünfer zurückgelegt hatte, war es Stindl, der die Kugel an den rechten Pfosten setzte (52.). Fleißig wie die Bienen erarbeiten sich die Roten auch weitere gute Chancen - es summte ordentlich vorm Kasten des aktuellen Nationalkeepers. Doch Vorsicht! Nach dem Last-Minute-Ausgleichstreffer am Donnerstagabend gegen Kopenhagen taten die 96er gut daran, den Gegner nicht zu unterschätzen.


Christian Pander zeigte eine starke Partie und steuerte einen Treffer bei

Cherundolo sieht Gelb-Rot
Spielermäßig ausgeglichen gestaltete sich dann das Spiel ab der 63. Minute. Nach einem Foul an Ribery sah Cherundolo die gelb-rote Karte und ging vorzeitig duschen. Lahm setzte derweilen noch einmal Zieler in Szene (67.), doch auch ein 18-Meter-Freistoß von Kroos brachte den hannoverschen Keeper nicht aus der Ruhe (69.). Nur eine Minute später prüfte Gustavo nicht nur Zielers Fähigkeiten, sondern Kroos nach einer Ecke auch die Höhe der AWD-Arena. Im Minutentakt ging es munter weiter. Stindl auf "Moa", der am Elfmeterpunkt am Leder vorbeirutschte (71.), auf der Gegenseite verteidigten die 96er ihre Führung in Gemeinschaftsarbeit, nachdem Müller bedrohlich vorm Heimtorwart aufkreuzte (73.). Es war wieder der bärenstarke Pander, der einen 25-Meter-Freistoss über die Querlatte hämmerte (80.). Und dann passiert es doch. Der eingewechselte Alaba zog an Chahed vorbei und brachte das Leder trocken im hannoverschen Netz unter (84.) – nur noch 2:1. Der zwischenzeitlich für Abdellaoue gekommene Ya Konan versuchte nach einem Pass von Stindl ein Solo, blieb aber in der Defensive der Gäste hängen (85.). Eine Riesenchance vereitelte dann das Duo Zieler/Aluminium, das gegen Schweinsteiger rettete (88.). Vier Minuten lang sollte das 96-Herz noch einmal erhöhte Taktzahl durchstehen müssen, denn: Erst vertendelte Neuer vorm eigenen Strafraum den Ball, Rausch zog einfach aus der Ferne ab, verfehlte jedoch den leeren Kasten. Dann noch einmal Luft anhalten. Kroos fand sich bei Meter 20 zum Freistoss ein, der Münchener zeigte allerdings Nerven und verzog das Leder.

Dreier bliebt daheim
Und dann war es vollbracht! Nach einem unglaublich, mit purer Spannung gespicktem Spiel behielten die Roten den Dreier daheim und besiegten den derzeitigen Tabellenführer erneut zuhause. Fußball at it´s best – diese Aussage trifft wohl an jenem zehnten Spieltag der Saison 2011/12 auf das heutige Match zu. Ein Wehmutstropfen hat der Sieg allerdings: Cherundolo und Pinto werden aufgrund ihrer Karten beim nächsten Auswärtsspiel gegen Borussia Mönchengladbach fehlen.
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STATISTIK

Hannover 96: Zieler - Cherundolo, Haggui, Pogatetz, C. Schulz (46. Rausch) - Schmiedebach, Pinto, Stindl, Pander - Abdellaoue (79. Ya Konan), Schlaudraff (71. Chahed)

FC Bayern München: Neuer - Rafinha (68. Alaba), Boateng, Badstuber (87. Petersen), Lahm - Gustavo, Schweinsteiger - Müller, Kroos, Ribery - Gomez (84. Olic)

Tore: 1:0 Abdellaoue (23.), 2:0 Pander (50.), 2:1 Alaba (82.)

Gelbe Karten: Pinto, Schulz, Schmiedebach, Zieler / Ribéry

Besondere Vorkomnisse: Cherundolo (63. gelb-rot), Boateng (30. rot)

Schiedsrichter: Manuel Gräfe (Berlin)

Zuschauer: 49.000

Fotos: deisterpics