Starkes 2:2 gibt alle Chance

Hannover 96 hat sich im Europa League-Achtelfinale eine gute Ausgangslage erspielt. Beim Standard Lüttich holten die Roten in einer hart umkämpften Begegnung trotz eines 1:2-Pausenrückstands noch ein 2:2-Unentschieden.

"Man sieht sich immer zweimal im Leben" – und erst recht auch auf dem Rasen. Dass dieses Sprichwort so schnell auf Hannover 96 zutreffen würde, damit haben die Roten in der Gruppenphase der Europa League wohl eher nicht gerechnet. 0:0 und 0:2 lauteten die Ergebnisse der beiden Spiele gegen Standard Lüttich. Zufriedenstellen ist anders. Daher galt es, im heutigen Achtelfinal-Hinspiel gegen die Belgier einiges gutzumachen und auf die Erfahrungen aus den bereits zwei gespielten Begegnungen zu bauen.

Veränderungen in der Startelf
96-Coach Mirko Slomka war bei seiner Aufstellung zu einigen Veränderungen gezwungen. Jan Schlaudraff fehlte gelbgesperrt. "Moa" Abdellaoue (Infekt) und Manuel Schmiedebach hatten die Reise nach Belgien gar nicht erst angetreten. Im Vergleich zum 2:2 gegen Augsburg standen auch Emanuel Pogatetz und Christian Schulz nicht in der Startelf. "Schmiedes" Platz im defensiven Mittelfeld nahm Lars Stindl ein, die rechte Seite beackerte dafür Sofian Chahed. In der Verteidigung bildeten Mario Eggimann und Karim Haggui das zentrale Duo, im Sturm sollten Mame Diouf und Didier Ya Konan für Wirbel sorgen. Auch Lüttichs Trainer José Riga stellte seine Mannschaft auf einigen Positionen um. So kehrte Kapitän Jelle van Damme nach überstandener Verletzungspause wieder in die Startelf zurück.

Standard mit mehr Ballbesitz
Beiden Teams war in der Anfangsphase die Bedeutung der Partie anzumerken, so dass in den Angriffsbemühungen nicht das größte Risiko gegangen wurde. Die Gastgeber hatten allerdings bedeutend mehr Ballbesitz und nutzten dies in der 9. Minute auch zur ersten großen Chance. Serge Gakpé nahm einen Ball aus gut 30 Metern volley und überraschte damit beinah Ron-Robert Zieler, der gerade noch die Fäuste hochreißen konnte. Es war der Startschuss für ein rassiges Spiel, das unter den schlechten Platzverhältnissen kaum litt. Bei der nächsten Szene stand erneut der 96-Keeper im Fokus. Gohi Bi Cyriac war auf der Grundlinie mit dem Ball Richtung Kasten unterwegs, wurde aber letztlich mit vereinten Kräften am Abschluss gehindert (12.). Nicht eingreifen musste Zieler drei Minuten später, als Yoni Buyens im Nachgang an eine Ecke aus elf Metern den Kasten deutlich verfehlte.


Erst zum 2:2-Ausgleich getroffen, dann verletzt ausgewechselt: 96-Stürmer Mame Diouf.

Sieben Minuten – drei Tore
Die Roten brauchten etwas Zeit, um ihrerseits in der Offensive ein Lebenszeichen zu setzen. Doch gleich der erste Nadelstich saß. Lars Stindl setzte im Strafraum "Kocka" Rausch ein, der von Kanu unsanft gebremst wurde. Elfmeter für 96! Stindl schnappte sich die Kugel und setzte den Ball mit Vehemenz hoch in die rechte Ecke. Nach 22 Minuten führten die Gäste, gleichzeitig war es das erste Gegentor vor heimischer Kulisse für die Belgier in der laufenden Europa League-Saison. Der Vorsprung hielt jedoch nur gut fünf Minuten. Im Anschluss an eine Ecke der Roten konterte Lüttich blitzschnell. Mit einem langen Abwurf leitete Torwart Sinan Bolat den Angriff ein, Mohamed Tchité flankte scharf in die Mitte, Buyens war einen Schritt schneller als die 96-Abwehr und vollstreckte. 120 Sekunden später jubelten die Standard-Fans erneut. Nach einer Ecke stieg Tchité am Fünfereck hoch und wuchtete den Ball in die Maschen – Lüttich hatte die Begegnung in gerade einmal zwei Minuten gedreht.

Diouf angeschlagen
Das Höllentempo der turbulenten Phase zwischen der 20. Und 30. Minute konnte die Begegnung in der Folge nicht ganz halten. Die Roten erholten sich vom Schock der beiden Gegentore aber schnell und spielten auf Augenhöhe, echte Torchancen gab es bis zur Pause allerdings nicht mehr. Am nächsten dran war noch Ya Konan. Nach einem guten Angriff über die linke Seite – Diouf hatte Rausch eingesetzt, dieser scharf geflankt – rutschte "Didi" knapp am Ball vorbei. Drei Minuten vor dem Seitenwechsel musste 96 jedoch eine Schrecksekunde verkraften. Diouf knickte nach einem Kopfballduell um und musste den Platz zur Behandlung verlassen. Der Senegalese wurde am linken Sprunggelenk getaped, biss auf die Zähne und kehrte zu Beginn der zweiten Hälfte wieder zurück – es sollte sich lohnen.

Diouf trifft zum 2:2!
Auch in der Anfangsphase nach dem Kabinengang blieb die Begegnung rasant - mit den besseren Möglichkeiten für die Roten. Gleich zweimal probierte es Stindl aus der Distanz. Einmal konnte Bolat noch zur Seite abklatschen (49.), dann strich der Ball haarscharf am rechten Pfosten vorbei (54.). In der 56. Minute zappelte der Ball schließlich doch im Netz der Lütticher, und wieder war Stindl entscheidend beteiligt. Mit einer Energieleistung tankte sich der Mittelfeldmann in den Strafraum durch. Sein Schuss wurde geblockt, landete genau vor Ya Konans Füßen, der den völlig freistehenden Diouf vor dem leeren Tor sah. Ein Pass, ein Schuss, der Ausgleich! Es war Dioufs letzte Aktion, ehe er ausgewechselt werden musste. Artur Sobiech nahm fortan den zweiten Platz im 96-Sturm ein.


Rettung in nöchster Not! 96-Keeper Ron-Robert Zieler reagiert glänzend und befördert das Leder vor den herannahenden Standard-Spielern aus der Gefahrenzone.

Lütticher Schlussoffensive
Erst jetzt verlor die Partie etwas an Schwung, beide Teams musste ihrem hohem Aufwand Tribut zollen. Nach zehn Minuten Durchschnaufen starteten die Gastgeber ihre nächsten Angriffswellen, blieben im Abschluss glücklicherweise aber zu ungenau. So hatte Zieler bei einem Kopfball von Tchité keine Probleme, bei einem Steilpass auf Cyriac kam Steven Cherundolo seinem Torwart entscheidend zur Hilfe. Mächtig strecken musste sich der Rückhalt der Roten erst wieder in der 82. Minute. Tchité hatte artistisch zum Fallrückzieher angesetzt, Zieler lenkte den Ball um den Pfosten. Mit einem energischen Schlussspurt wollte Lüttich seine Ausgangslage verbessern, doch auch bei Kanus Kopfball zeigte Zieler seine Klasse und parierte stark. Große Aufregung dann noch einmal in der Nachspielzeit: Nach einem Kanu-Kopfball aus kurzer Distanz konnte Zieler den Ball nur prallen lassen, beförderte das Leder dann am Boden liegend mit einer Hand aus der Gefahrenzone und sorgte so dafür, dass Tchité den Nachschuss nicht kontrolliert auf den Kasten bringen konnte.

Gute Ausgangslage
Sekunden später pfiff der gute Referee Tony Chapron die Begegnung ab. Durch das 2:2 hat sich Hannover 96 eine gute Ausgangslage für das Rückspiel am 15. März in der heimischen AWD-Arena erarbeitet, es ist der Lohn einer engagierten und kämpferisch starken Leistung. Verzichten müssen die Roten in einer Woche allerdings auf Artur Sobiech, der seine dritte gelbe Karte kassierte.
rk

Statistik:

Standard Lüttich: Bolat – Ciman, Kanu, Felipe, Pocognoli – Gakpé (89. Bjarnason), Buyens, Vainqueur, van Damme (80. Seijas) – Tchité, Cyriac (89. Batshayi)

Hannover 96: Zieler – Cherundolo, Eggimann, Haggui, Pander – Chahed, Stindl, Pinto, Rausch (90. Schulz) – Ya Konan (90. Stoppelkamp), Diouf (59. Sobiech)

Tore: 0:1 Stindl (22., FE), 1:1 Buyens (27.), 2:1 Tchité (29.), 2:2 Diouf (56.)

Gelbe Karten: Ciman, Buyens / Sobiech (gesperrt), Cherundolo, Ya Konan

Zuschauer: 22.000

Schiedsrichter: Tony Chapron (Frankreich)

hannover96.de