Nicht nur "Schnecke" Sobiech startet durch

22 Tore aus den ersten fünf Pflichtspielen - Hannover 96 "ballert" sich momentan durch die Saison. Beim 4:0-Coup in Wolfsburg am Sonntag demonstrierte der Europa-League-Starter Stärke, wozu ein Trio ganz besonders beitrug: Szabolcs Huszti, Artur Sobiech und Leon Andreasen schrieben Erfolgsgeschichten. Nur Präsident Martin Kind war hinterher stocksauer.

"Diese Fans, die so etwas machen", nahm der Klubboss kein Blatt vor dem Mund, "sind Arschlöcher." Adressiert war die Schimpftirade an den Teil der 96-Anhänger, der Emanuel Pogatetz, im Sommer von 96 nach Wolfsburg gewechselt, am Sonntag mit Sprechchören beleidigte ("Pogatetz, du Sohn einer Hure"). "Das ist unappetitlich", echauffierte sich Kind. Noch am Abend veröffentlichte der Verein auf seiner Website eine offizielle Entschuldigung.

Und trotzdem blieb es eine unschöne Randnotiz nach einem für die Hannoveraner fast perfekt verlaufenen Derby. "Wir haben sehr viel richtig gemacht", untertrieb Trainer Mirko Slomka nach dem Klasse-Auftritt fast noch, während Jan Schlaudraff konkretisierte: "Wir sind eingespielt, kennen untereinander die Laufwege und sind gefährlich, wenn unsere Verteidiger aufrücken und die Außen nach innen ziehen." Drei Akteure schrieben in Wolfsburg ihre ganz eigene Erfolgsgeschichte.

Artur Sobiech: "Schnecke", wie der Pole intern genannt wird, ließ zwei Joker-Toren gegen Breslau (5:1) seine Bundesligatreffer zwei und drei folgen - als Startspieler. Slomka setzte auf den schnellen, zweikampfstarken Angreifer, weil dieser, so hoffte der Coach, besser zu den hoch aufgeschossenen Gegnern Naldo und Pogatetz passen würde als Moa Abdellaoue, und traf damit ins Schwarze.
Sobiech hat Ya Konan abgehängt

"Ich hoffe, meine Chance kommt jetzt. So etwas kann befreien", frohlockte Sobiech, der diese Woche trotzdem nur in die polnische U 21 berufen wurde. Eine Zusatzmotivation? Womöglich, klar ist jedenfalls: An Didier Ya Konan, den 96 gerne noch teuer abgegeben hätte, ist der 22-Jährige im Stürmer-Ranking bereits vorbeigezogen. Es herrscht ganz offensichtlich ein fruchtbarer Konkurrenzkampf in Hannovers Angriffsabteilung. Und Mame Diouf (Knöchel-OP) ist noch nicht einmal einsatzbereit.

Szabolcs Huszti: Nur der Ungar (kicker-Note 1, Spieler des Spiels) war in der Lage, Sobiech in Wolfsburg sogar ein wenig die Show zu stehlen. Alle vier Treffer legte der Rückkehrer direkt auf, das haben seit 1988/89, seit der kicker die Vorarbeiten erfasst, erst sieben andere Akteure geschafft, zuletzt der damalige Bremer Mesut Özil am 21. November 2009. "Das ist überragend", sprach Slomka ein Extralob aus. "Man merkt, er kommt in seinen Rhythmus, er kommt in sein Tempo. Toller Spieler."

Leon Andreasen: Das bemerkenswerte Comeback des Dänen hat die nächste Stufe erklommen. Reha, Regionalliga, Bundesliga-Startelf - nach monatelanger Verletzungspause (letzter Bundesliga-Einsatz vor dieser Saison am 4. April 2010!) hat sich Andreasen zurückgekämpft. "96 war fair, hat mir eine neue Chance gegeben, das will ich zurückzahlen", sagte Andreasen nach seiner erneut starken Leistung (samt Tor) gegen den VfL. "Im Augenblick passen die Pässe und auch die Abschlüsse", stellte Slomka nach dem Spiel fest - auch Abräumer Andreasen durfte sich davon angesprochen fühlen. Nächste Episode in "Andreasens Märchen": In dieser Woche geht's wieder zur Nationalelf.

kicker.de