Zur Halbzeit mausetot, am Ende triumphierend! Hannover 96 gewinnt in einem verrückten Spiel mit 4:2 (0:2) in Stuttgart.
Nachdem Gentner (21.) und Ibisevic per Foulelfmeter (36.) den Gastgeber nach klarer Überlegenheit auf die vermeintliche Siegerstraße gebracht hatte, drehten die Roten die Partie mit großer Moral innerhalb von nur 17 Minuten. Artur Sobiech (57.), Jan Schlaudraff per Foulelfmeter (65.) sowie zweimal "Moa" Abdellaoue (68., 74. per Foulelfmeter) sorgten für den historischen Sieg beim Angstgegner VfB.
Sobiech von Beginn an Lediglich einen Wechsel gegenüber der Startelf des Europa League-Spiels gegen Helsingborg nahm 96-Cheftrainer Mirko Slomka vor. Für Didier Ya Konan gesellte sich Artur Sobiech im Angriff neben Top-Torjäger Mame Diouf. Die Stuttgarter mussten kurzfristig auf ihren erkrankten Mittelfeldstrategen William Kvist verzichten. Für den Dänen rückte Kuzmanovic ins Team. Zudem änderte VfB-Coach Bruno Labbadia seine Elf gegenüber dem 2:0-Erfolg in Kopenhagen auf zwei weiteren Positionen: Boka und Holzhauser kamen für Molinaro und Okazaki.
Kreativere Stuttgarter beherrschen das Spiel Beide Europa League-Teilnehmer begannen die Partie eher respektvoll abwartend. Hannover deutete zwar seine Kombinationsstärke an (6.), kam aber zunächst nicht zum Abschluss. Nach einer Viertelstunde legte der Gastgeber seine Zurückhaltung ab und übernahm deutlich die Initiative gegen weiterhin gehemmt wirkende Rote. Gleich dreimal musste 96-Keeper Zieler seine ganze Klasse aufbieten, um gegen Holzhausers Schuss (16.), Harniks Kopfball und Bokas Nachschuss (17.) abzuwehren. Ibisevics Versuch senkte sich gefährlich aufs Tornetz (19.). Fast folgerichtig dann die VfB-Führung: Nach Holzhausers Rechtsflanke landete das Leder über Ibisevic bei Christian Gentner am linken Strafraumeck. Der platzierte die Kugel unhaltbar für Zieler überlegt in die lange Ecke. Dass 96 in dieser Phase trotzdem fast zum Ausgleich gekommen wäre, war einem misslungenen Rückpass Holzhausers zu danken. Diouf zog auf und davon, zielt dann aber etwas zu genau. Vom rechten Innenpfosten prallte die Kugel fast parallel zur Torlinie wieder ins Feld (27.). Spielbestimmend blieben aber die Schwaben, die zu weiteren Gelegenheiten kamen. Eggimann rettet gerade noch vorm einschussbereiten Ibisevic (30.), Gentners Schuss fehlte die letzte Präzision (34.). Trotzdem sollte den Hausherren noch vor der Pause der verdiente zweite Treffer gelingen. Der bereits verwarnte Huszti ließ Gentner im Strafraum über die Klinge springen, Vedad Ibisevic verwandelte den fälligen Elfmeter sicher (37.). Noch einmal musste Zieler gegen Niedermeiers Kopfball eingreifen (43.), dann ging es in einem einseitigen Spiel in die Kabine. Der VfB war das kreativere Team und führte absolut verdient.
Zunächst kein Durchkommen: Szabolcs Huszti und Co. taten sich in Durchgang eins sehr schwer
Taktische und personelle Wechsel greifen 96-Coach Mirko Slomka musste reagieren – und tat das entscheidend, auch in spieltaktischer Hinsicht. Schlaudraff kam für den Gelbrot-gefährdeten Huszti in die Partie und übernahm die Zehnerposition hinter den beiden Spitzen. Schmiedebach orientierte sich nun nach links,Schulz blieb einziger Sechser. Die Roten präsentieren sich zu Beginn des zweiten Durchgangs mit einer anderen Körpersprache, wirkten couragierter gegen nun auf Konter lauernde Gastgeber. Das sollte sich schnell auszahlen – und gleichzeitig den Startschuss für eine beispiellose Aufholjagd geben. Ausgangspunkt war Stindl, der Boka an der rechten Torgrundlinie alt aussehen ließ und flach nach innen passte. Ulreich konnte nur abklatschen, und Artur Sobiech bedankte sich und bewies einmal mehr seine Torriecher-Qualitäten (57.). Plötzlich war die Slomka-Elf wieder im Spiel. Der VfB versuchte zwar kurz, den nun drohenden Sturmlauf zu unterbrechen, doch Harniks Flatterball aus gut 30 Metern konnte Zieler nicht überwinden (61.). Danach drehten die 96er auf – und die Partie! Sobiech bediente Diouf per Kopf, und dessen Drehschuss wehrte Tasci mit dem Arm ab. Keine Frage, Elfmeter! Jan Schlaudraff übernahm die Verantwortung und verwandelte eiskalt zum 2:2-Ausgleich (65.). Nur wenige Minuten später spielte Stindl das Spielgerät klasse in die Gasse auf Diouf, der zunächst am herausstürzenden Ulreich scheiterte. Doch das Leder sprang zum gerade eingewechselten "Moa" Abdellaoue, der reaktionsschnell mit links zum 3:2 in die Maschen schob (68.). Und es sollte noch besser kommen bzw. schlimmer für die Labbadia-Elf: Boka säbelte Stindl im Sechzehner um, erneut gab es keinen Zweifel an der Entscheidung des Unparteiischen Dr. Brych. Dieses Mal trat "Moa" Abdellaoue an, um genau so sicher wie zuvor Schlaudraff zu verwandeln - 4:2 in der 73. Minute, ganze sechzehn Minuten nach dem Anschluss. Der VfB befand sich während und angesichts dieser verrückten Spielwendung in einer Art Schockstarre, fast hätte Abdellaoue mit feinem Direktschuss sogar noch nachgelegt (83.). Die VfBler versuchten in den Schlussminuten zwar noch einmal alles - Okazaki scheiterte per Kopf an Zielers starker Reaktion (89.) und Eggimanns Aufmerksamkeit – doch das 2:4 nach 90 aufregenden Minuten konnten sie nicht mehr verhindern.
Er kam, sah und siegte: Jan Schlaudraff kurbelte das 96-Offensivspiel an und behielt vom Punkt die Nerven.
Beeindruckende Moral beendet Stuttgarter Erfolgsserie Das verrückte Spiel bescherte 96 nicht nur drei wichtige Auswärtspunkte und einen stabilen Punktevorsprung vor Stuttgart, gleichzeitig durchbrechen die Roten eine bis dahin katastrophale historische Bilanz beim Angstgegner VfB und die bisherige Auswärtsmisere. Mit beeindruckender Moral brillierte die Slomka-Elf in Durchgang zwei und ließ damit die durchwachsene erste Halbzeit vergessen. In einer Woche kommt dann der SC Freiburg in die AWD-Arena. Dann hat man die große Chance, sich durch einen weiteren Dreier im oberen Drittel festzusetzen. or
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