13. Spieltag: VfL Wolfsburg - Hannover 96

Derbyzeit?! Am Samstag, um 15.30 Uhr, trifft Hannover 96 auf den unberechenbaren VfL Wolfsburg. Egal, ob dieses Nachbarschaftsduell wirklich Derbycharakter hat, "brisant" sei es auf jeden Fall, so Mirko Slomka. (ab 15:30 Uhr im LIVETICKER)

"Eigene Serie starten"
Eins ist klar: Ein freundschaftlicher Vergleich unter "Kumpels" ist nicht zu erwarten. Zudem lief es für die Roten gegen die Konkurrenten aus der VW-Stadt in den vergangenen Jahren nicht wirklich rund. Das letzte Mal waren sie am 15. September 2006 in der Volkswagen Arena siegreich. Aus den vergangenen sieben Spielen konnte lediglich eine Partie gewonnen werden – und zwar das bis dato letzte Aufeinandertreffen. "Zeit, eine eigene Serie zu starten", findet daher Mirko Slomka. Zumal die Vorzeichen jetzt anders als zu früheren Zeiten stehen: Die Wolfsburger rangieren am 13. Spieltag mit 13 Punkten auf Platz 13 - für abergläubische Beobachter durchaus eine interessante Konstellation. Aus Sicht der Grün-Weißen, die nur drei Punkte von einem Abstiegsplatz entfernt sind, dürfte die Zahl jedoch wenig magisch sein. Zuletzt wurden die Wölfe mit 1:5 von Borussia Dortmund vom Platz gefegt! Die Spieler mussten sich im Anschluss bei den Fans für dieses Debakel entschuldigen. Übertrieben hohe Ambitionen hatte Trainer Felix Magath wohl vor der Saison ausgegeben, denn Europa wurde zum Ziel erklärt. International sollte es sein, Abstiegskampf ist es derzeit. So gewinnt dieses Niedersachsenduell durchaus an zusätzlicher Brisanzn, denn die Ausgangslage ist folgende: Der VfL muss siegen, da er sich sonst mitten im Abstiegsstrudel wiederfindet. Hannover 96 dagegen muss siegen, um oben dran zu bleiben!

David gegen Goliath?
Mit Blick auf die Etats könnte man dieses Duell durchaus "David gegen Goliath" nennen, wobei Hannover zweifelsfrei die Rolle Davids einnimmt. Seit Sommer 2009 investierte der Klub 5,65 Millionen Euro für neue Spieler. Sieben davon werden aller Voraussicht am Samstag in der Startelf stehen. Felix Magath hingegen gab allein in dieser Saisonvorbereitung 20 Millionen Euro für Spieler aus. Der teuerste Fang war dabei Nationalspieler Christian Träsch, den er für neun Millionen vom VfB Stuttgart holte. Allein der Nationalspieler war damit knapp 3,5 Millionen Euro kostspieliger als die Gesamtinvestition der Roten seit 2009! Insgesamt waren es zwölf neue Spieler, die Felix Magath sich holte. Dazu gehören auch Thomas Hitzelsperger, Aliaksandr Hleb und Sotirios Kyrgiakos - keiner des Trios schlug bisher ein. Kyrgiakos wurde sogar wegen schlechter Leistungen aus dem Kader gestrichen, ebenso wie ganz aktuell Patrick Helmes. Der Kader gleicht beim VfL einem munteren Puzzlespiel, das entscheidende Teil scheint jedoch noch nicht gefunden zu sein.

Hannover überzeugt mit Geschlossenheit
Anders bei ihrem Rivalen aus der Landeshauptstadt: Vor allem die interne Geschlossenheit zeichnet das Slomka-Team aus. Diese bezeichnet auch Wolfsburgs Marcel Schäfer als eine große Stärke der Roten und räumt gleichzeitig ein, dass es seiner Mannschaft daran noch fehle. Auch der zuletzt starke Rechtsverteidiger Sofian Chahed nennt den gewachsenen Mannschaftsgeist als einen der größten Vorteile gegenüber dem VfL: "Wenn einer von uns einen Fehler macht, gleichen die anderen ihn direkt aus. Das hat uns letzte Saison schon ausgezeichnet und das tut es diese Saison sicherlich auch."

Felix Magath hat in der aktuellen Spielzeit bereits 27 Akteure eingesetzt, die Startelf wurde ständig verändert. Es scheint, dass hier versucht wird, mit der Brechstange Erfolg zu haben – mit einer goldenen Brechstange, versteht sich. Gleichzeitig ist es aber gerade wegen dieser Unberechenbarkeit schwierig, sich auf die Wölfe einzustellen. "Wir wissen nicht, wer spielen wird. Bei dem großen Kader tut man sich auch sicherlich schwer, das herauszufinden. Ich erwarte dennoch eine aggressive Wolfsburger Mannschaft", so Chahed.

Schnell in den Rhythmus kommen
Nach den letzten beiden Länderspielpausen gingen beide Spiele der Roten verloren – jeweils auswärts in Stuttgart und Köln. "Nach den Länderspielen haben wir bisher nicht gut ausgesehen, aber es bringt nichts, sich darüber jetzt den Kopf zu zerbrechen", so Ron-Robert Zieler, der trotzdem selbstbewusst bleibt: "Wir haben die Chance, es in Wolfsburg besser zu machen. Die wollen wir wahren und etwas mitnehmen." In der Tat ist in diesem Jahr nicht nur die Schwäche nach Länderspielpausen auffallend, sondern eine allgemeine Auswärtsschwäche der Roten: Lediglich vier magere Punkte holte die Slomka-Elf bisher. Weiterer möglicher Pluspunkt für Wolfsburg: Gegen keine andere Mannschaft haben die "Wölfe" eine bessere Heimbilanz als gegen Hannover 96 – acht Siegen steht nur eine Niederlage gegenüber. Die Roten wollen diese Statistik nun unbedingt aufbessern. "Wir haben dieses Mal eine bewusst andere Vorbereitung gewählt", berichtet der 96-Coach. "Wir haben den Trainingsrhythmus verändert." Die Mannschaft hatte Samstag und Sonntag frei, dafür wurde Montag und Dienstag jeweils doppelt trainiert. Slomka: "In diesen Einheiten haben wir mit unterschiedlichen Kraftparametern gearbeitet." Am Montag trainierten die Profis dann sogar am Olympiastützpunkt mit den Judokas rund um Nationaltrainer Sven Loll. "Wir haben dabei etwas für die Kraft und Beweglichkeit getan. Beim Judo werden auch Muskelgruppen beansprucht, die man beim Fußball nicht explizit trainiert und benutzt", erklärt der Trainer der Roten. Wichtig dabei war aber auch der Spaßfaktor. Am gestrigen Mittwochabend, nach einem trainingsfreien Tag, trudelten schließlich auch die letzten Nationalspieler wieder in Hannover ein. Bis auf kleine "Wehwechen" sind alle "Internationalen" wieder gesund zurückgekehrt.

Pintos Einsatz fraglich
So ist neben den Langzeitverletzten Sergio Pinto einziges Sorgenkind. Der Deutsch-Portugiese konnte die ganze Woche nicht mittrainieren. Ausgerechnet Pinto, der beim letzten Sieg gegen die Wölfe noch den entscheidenden Treffer gelandet hatte. "Pinte" laboriert an einer schwere Knöchelprellung, am Donnerstag kam dann noch ein Infekt hinzu. "Wir werden wohl ohne ihn auskommen müssen", gab Mirko Slomka in der Pressekonferenz bekannt. Für den schussstarken Mittelfeldakteur könnte der laufstarke Lars Stindl auf die Sechser-Position rutschen, die er bereits gegen Schalke als Schmiedebach-Ersatz gut ausgefüllt hatte. Didier Ya Konan könnte dann erneut auf der rechten Außenbahn zum Einsatz kommen. "Didi hat mir im Spiel gegen Schalke sehr gut gefallen", lobte Slomka den Ivorer. "Er war sehr laufstark und immer präsent. Auch das Zusammenspiel mit Sofian Chahed hat mir gut gefallen."

Felix gibt sich als böser Wolf
Auf solch außergewöhnliche Trainingsmethoden wie sein Gegenüber Mirko Slomka hat "Quälix" Magath verzichtet. Er dürfte zuletzt ohnehin eher damit beschäftigt gewesen sein, munter Spieler aus seinem übergroßen Kader auszusortieren, so wie jüngst Patrick Helmes. Der herausragende Spieler der Wölfe ist zurzeit zweifellos Mario Mandzukic. Der Stürmer hat in der aktuellen Spielzeit sieben Tore geschossen und drei vorbereitet. "Mandzukic ist ein außergewöhnlicher Stürmer, vor dem man sich immer in Acht nehmen muss", warnt auch Slomka vor dem Kroaten, der sich jüngst in den Play-Offs mit seiner Nationalelf gegen die Türkei durchgesetzt und für die Europameisterschaft qualifiziert hat. Jedoch kehrte der Stürmer mit einem entzündeten Zeh zurück und konnte zuletzt nicht mittrainieren. Sein Einsatz am Samstag ist daher fraglich. Slomka warnt aber davor, die mögliche Alternative Srdjan Lakic zu unterschätzen. Der 28-jährige aus Lautern gekommene Angreifer dürfte aber ohnehin wieder erste Option als Partner von Mandzukic sein, sollte dieser auflaufen können. Wirkliche Stammplätze in Magaths "Würfeltruppe" haben abgesehen vom Goalgetter und Keeper Benaglio lediglich Außenverteidiger Schäfer und Mittelfeldspieler Träsch. Ansonsten wartet personell die Magathsche Wundertüte, wenn die "Rotjäckchen" zum "bösen Wolf" nach Wolfsburg fahren. Das Ende dieses Märchens sollte jedem bekannt sein und Hoffnung geben...
ms

So könnten sie spielen:

VfL Wolfsburg: Benaglio – Hasebe, Chris, Madlung (Russ), Schäfer – Träsch, Josué – Ochs, Jönsson – Lakic, Mandzukic (Dejagah)

Hannover 96: Zieler – Chahed, Haggui, Pogatetz, Schulz – Schmiedebach, Stindl – Ya Konan, Pander – Abdellaoue, Schlaudraff

Schiedsrichter: Deniz Aytekin (Oberasbach)