HSV-Tainer Martin Jol
Champions League ist eine Herausforderung

Am Sonntag beendete der HSV das Wintertrainingslager im spanischen La Manga. Vor dem Rückflug traf sich Trainer Martin Jol (53) zum Gespräch mit WELT ONLINE, um auf die Woche an der spanischen Mittelmeerküste zurück- und auf die bevorstehende zweite Saisonhälfte vorauszublicken.




WELT ONLINE: Herr Jol, in den vergangenen Tagen haben sich einige Ihrer Spieler ausgesprochen selbstbewusst geäußert, was die Zielsetzung für die Rückrunde betrifft. So sagte Nationalspieler Piotr Trochowski, die Qualifikation für die Champions League sei für den HSV ein ‚Muss‘. Sehen Sie das ähnlich optimistisch?

Martin Jol: Natürlich ist es auch mein Vorhaben, so viel wie möglich mit der Mannschaft zu erreichen. Aber solche Prognosen werde ich nicht aufstellen, das bringt auch nichts. Wenn alle Spieler fit bleiben, dann ist die Qualifikation zur Champions League für uns eine schöne Herausforderung. Es kann jedoch immer etwas passieren. In diesem Geschäft ändern sich Dinge von einem Tag auf den anderen.

WELT ONLINE: Kapitän David Jarolim meinte, die Mannschaft müsse noch konstanter auftreten, aus den Fehlern der Hinrunde lernen.

Jol: Er meint sicherlich das Richtige, aber für mich ist das ein Reizthema. Ich denke, dass keine andere Mannschaft solche Probleme hatte wie der HSV, weil wir durch Verletzungen selten mit unserer Stammformation spielen konnten und sehr viel wechseln mussten. Es gab drei Spiele, in Wolfsburg, Hoffenheim und Hannover (alle 0:3, d. Red.), in denen wir enttäuscht haben. Ansonsten waren wir aus meiner Sicht sogar sehr konstant.

WELT ONLINE: Wie schätzen Sie die personelle Situation beim HSV aktuell ein?

Jol: Ich bin sehr froh, dass im Verlauf unseres Trainingslagers nichts Gravierendes passiert ist. Mladen Petric hat einen Schlag in die Wade bekommen. Aber das wird hoffentlich nur ein paar Tage dauern, bis er wieder dabei ist. Guy Demel und Thiago Neves mussten Anfang der Woche aussetzen, haben aber nicht viele Einheiten verpasst.

WELT ONLINE: Thiago Neves wurde als Nachfolger für Rafael van der Vaart geholt, konnte die hohen Erwartungen jedoch in der Hinrunde nicht erfüllen. Trauen Sie ihm in der zweiten Saisonhälfte doch noch den Durchbruch zu?

Jol: Für mich war klar, dass Thiago Zeit brauchen würde, um sich einzuleben. Es sind so viele Dinge, an die er sich erst gewöhnen musste. Nicht nur aus sportlicher Sicht.

WELT ONLINE: Wie hat sich Thiago Neves aus Ihrer Sicht in La Manga präsentiert?

Jol: Ich finde, dass er frischer wirkt als gegen Ende der Hinrunde. Die Winterpause hat ihm sehr gutgetan. Man sollte zudem nicht vergessen, dass er im vergangenen Sommer keinen Urlaub hatte. Nach der Saison in Brasilien war er bei Olympia im Einsatz, im Anschluss kam er nach Hamburg. In Dubai hat Thiago gezeigt, dass er mitspielen kann. Wenn die nächste Gelegenheit kommt, muss er sie nutzen.

WELT ONLINE: Welches Fazit ziehen Sie nach der Trainingswoche in Spanien?

Jol: Ich bin zufrieden. Die Bedingungen waren hervorragend, wir konnten unser Programm so durchziehen, wie es geplant war. Es waren insgesamt 14 Einheiten und das Testspiel gegen Hoffenheim (2:0, d. Red.) in sechs Tagen – das zeigt, wie intensiv gearbeitet wurde. Die Jungs haben nicht gemeckert, das sind alles gute Profis.

WELT ONLINE: Gab es Spieler, die Sie positiv oder vielleicht auch negativ überrascht haben?

Jol: Ich kenne meine Spieler seit sechs Monaten, in dieser Zeit waren wir fast jeden Tag zusammen. Deshalb gibt es auch selten Überraschungen. Wie gesagt, ihre Einstellung ist absolut hervorragend.

WELT ONLINE: Für Wirbel sorgte der unmittelbar bevorstehende Wechsel von Nigel de Jong zu Manchester City. Hat Sie das in der Konzentration beeinträchtigt?

Jol: Nein, ich bin das gewohnt. Solche Vorgänge gibt es doch in diesem Geschäft immer wieder. Das stört mich nicht mehr.

WELT ONLINE: Aber es stört Sie doch, dass Sie mit de Jong eine tragende Säule der Mannschaft verlieren, oder?

Jol: Natürlich ist das ärgerlich. Als Trainer will ich meine besten Spieler ja immer behalten. Aber wenn die beiden Vereine eine Lösung finden und sich der Spieler dazu entschließt, wechseln zu wollen, dann kann ich das akzeptieren.

WELT ONLINE: Wie gehen Sie damit um?

Jol: Als Verein muss man Entscheidungen treffen, die im ersten Moment schmerzvoll erscheinen. Aber dadurch ergeben sich für uns auch wieder neue Möglichkeiten. Manchmal geht man einen Schritt zurück, um dann drei Schritte nach vorn machen zu können. So war es doch auch, als wir Rafael van der Vaart zu Real Madrid ziehen lassen mussten. Ich hoffe, dass der Vorstand das wieder so umsetzen wird in den kommenden Wochen.



smile



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