Happy End in allerletzter Sekunde


Eintracht Frankfurt - Hamburger SV
Ein Moment, eine Sekunde, eine gelungene Aktion, die über das Resultat einer ganzen Spielzeit entscheidet. Eine Fahne, die unten bleibt, ein Schuss in der Nachspielzeit der letzten Begegnung, der die Richtung des Zeigers bestimmt - euphorischer Jubel oder totale Depression. Als Piotr Trochowski das Spiel mit seinem Hammer in der 91. Minute entschied, aus Abseitsposition das 3:2 (1:0) gegen Frankfurt erzielte, war das das i-Tüpfelchen auf einer 90-minütigen Achterbahnfahrt, die den obskuren Verlauf einer ganzen Saison spiegelte. Happy End in letzter Sekunde - der HSV ist in Europa.

Es steckte eine besondere Energie in Trochowskis goldenem Euro-Schuss - das war klar zu sehen. Martin Jol wusste genau, was es war. "Er war verärgert", so der Coach, "das hat man auch gesehen." Spät hatte er den 25-jährigen Nationalspieler gebracht. So spät, dass Troche selbst schon daran gedacht hatte, vielleicht besser die Füße hochzulegen. "Es stand ja 2:0 für uns. Ich dachte, da muss ich wohl nicht mehr rein", murmelte der Mann des Tages mit süßsaurem Sarkasmus. Jol hatte wieder einmal anderen vertraut - nicht ihm.

Kapitän Jarolim (22.) hatte sein Team nach Pitroipas Vorarbeit in Führung gebracht. Um 15.52 Uhr stand der HSV auf Platz fünf - Europa-League-Kurs. Als Gladbach um 16.42 Uhr das 1:0 gegen den Hamburger Fern-Duellanten Dortmund erzielte und Olic den HSV in seinem Abschiedsspiel eine Minute später per Kopf mit 2:0 (58.) in Front brachte, war die Sache eigentlich geritzt - EIGENTLICH!

Doch bei diesem HSV ist in dieser Saison gar nichts sicher. "Wir haben dann wieder ein paar Prozent weggelassen, das kann nicht sein", schimpfte Kapitän Jarolim, um im nächsten Moment zu jubeln: "Ich fühle mich, als ob wir Meister wären." Glück und Pech, Absturz und Überschwang. Alles gut - bis zur 61. Minute. Nach Mathijsens dreistem Fehlverhalten drückte Ex-HSVer Alex Meier den Anschlusstreffer rein. Nur einen Augenaufschlag nachdem Frankfurts Caio nach Komplett-Blackout der Hamburger Hintermannschaft das 2:2 (64.) erzielte, zeigte die Anzeigentafel in der Commerzbank Arena den Ausgleichstreffer der Dortmunder in Gladbach an - der HSV war raus. Alles schlecht! "Ich weiß nicht mehr, was in diesen Momenten in mir vorgegangen ist", krächzte Bernd Hoffmann. Dem Klub-Boss ging es da ganz ähnlich wie den Spielern. Nichts ging mehr. Betonbeine, Kaugummihirn - Fehlpässe, Blackouts. Bis zur 91. Minute. Der Moment, in dem alles zusammenlief, war für den Helden ganz einfach gewesen. "Ich habe mein Gehirn ausgeschaltet", so der Torschütze. Das galt in den letzten Sekunden wohl für alle Hamburger. Hoffmann sprintete zum Premiere-Bildschirm, brachte die Kunde vom Schlusspfiff in Gladbach unters Volk. Geschafft!

Weil Schiri-Assi Thorsten Schiffner seinen Durchblick ausgeschaltet hatte, war die Sache noch mal gutgegangen.

"In der 91. Minute gibt es am letzten Spieltag der Saison kein Abseits mehr", schmunzelte Sportchef Dietmar Beiersdorfer. laughing

Viele sprachen von ausgleichender Gerechtigkeit. Vielleicht kommt ja jemand auf die Idee, Schiffners Fahne zu versteigern - für einen guten Zweck.
daumenhoch





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