HSV-Vorstand gibt sich noch eine Woche Zeit

Spätestens am kommenden Freitag soll der neue Trainer präsentiert werden - Hoffmann: "Der Kreis ist nicht so groß" - Trochowski heute gegen China

Es klang wie eine Mission, wie ein rätselhafter Code für ein geheimes Unternehmen. Das "Projekt Eisvogel" bildete den Anlass dafür, dass der HSV-Vorsitzende Bernd Hoffmann und seine Vorstandskollegin Katja Kraus am Donnerstagvormittag in das Kesselhaus des Museums für Arbeit in Barmbek gekommen waren. Nun ja - es ging nicht, wie es mit ein wenig Fantasie bei dem Projektnamen zu vermuten gewesen wäre, um eine Bestandsaufnahme bei der Suche nach einem Nachfolger für Martin Jol, der Anfang der Woche unvermittelt seine Arbeit als HSV-Trainer beendet hatte.

Der Grund des Besuchs war wesentlich naheliegender. Hoffmann und Kraus waren im Dienste der eigenen Sponsoring-Initiative "Hamburger Weg" tätig. Es ging um den Eisvogel und dessen Ansiedlung in einem neuen Natur- und Naherholungsgebiet in Bramfeld. Doch als Hoffmann dort so am Podium stand und über das Naturprojekt sprach, blieb er doch vom großen Thema dieser Tage umgeben. Die Symbolik war gewissermaßen allgegenwärtig. Hinter seinem Rücken war auf einer Zeichnung ein Sinnspruch zu lesen, der Hoffmann als Leitfaden für seine Aufgabe dienen könnte. "Ungeduld ist Zeitverlust. Geduld spart Arbeit, Ärger und Fehler."

Und als sei dieser dezente Hinweis nicht schon Mahnung genug, erblickten seine Augen an der ihm gegenüberliegenden Wand ein weiteres Bild mit einem Aphorismus, dessen Bedeutung sich gänzlich diametral zu der ersten Weisheit verhielt. "Heute ist das Morgen, von dem du gestern sprachst. Tu es gleich", lautete die Aufforderung.

Hoffmann selbst bewegt sich im übertragenen Sinne irgendwo dazwischen, als Wanderer zwischen den Weisheiten. "Eile mit Weile", würde wohl eher das Handeln beschreiben. Fokussiert und zielorientiert, dennoch mitnichten überstürzt soll die Aufgabe bewältigt werden. "Ich bin zuversichtlich, dass wir den neuen Trainer innerhalb der kommenden zehn Tage werden präsentieren können. Eine Trainersuche ist schließlich auch keine Raketenwissenschaft. Da ist sie eher mit der Personalauswahl bei einem mittelständischen Unternehmen zu vergleichen", sagte er.

Für Freitag kommender Woche hat sich der Vorstand die Frist gesetzt. Jols Nachfolger hätte somit bis zum Beginn der Vorbereitung auf die neue Saison (3. Juli) noch vier Wochen Zeit, um die Mannschaft in seinem Sinne zu verstärken. Als wichtigstes Kriterium bei der Auswahl nannte Hoffmann erneut den sehr guten Umgang mit der deutschen Sprache. Allzu viele Kandidaten scheint es nicht mehr zu geben. Auf die Frage, wie groß der Kreis der potenziellen Trainer denn nun sei, schwieg er zwei, drei Sekunden, als habe er Angst, etwas zu viel an Informationen preiszugeben. "Ohhh, der ist nicht so groß", ließ Hoffmann dann wissen.

Der zunächst als Top-Favorit gehandelte Mirko Slomka gab sich betont zurückhaltend. "Ich kann zu der Trainersuche beim HSV nichts sagen. Es gibt keinen direkten Kontakt zu dem Klub", behauptete der ehemalige Trainer des FC Schalke 04, der seit April 2008 auf der Suche nach einem neuen Verein ist. Slomka war auch schon als Anwärter auf die Nachfolge von Meistertrainer Felix Magath beim VfL Wolfsburg gehandelt worden.

An Kandidaten für die Jol-Nachfolge mangelt es nicht. Auch Bruno Labbadia, Friedhelm Funkel, Thomas von Heesen und Christian Gross dürften diesem Kreis angehören. Gerüchten, Thomas Schaaf könnte neuer Trainer in Hamburg werden, erteilte Klaus Allofs, Geschäftsführer von Werder Bremen, eine Absage. "Thomas wird auch in der kommenden Saison unser Trainer sein", versicherte Allofs.

Wer immer der neue Trainer sein wird, einen seiner zukünftigen Spieler wird er heute am frühen Nachmittag schon genauer begutachten können. Piotr Trochowski spielt mit der Nationalmannschaft gegen China (14 Uhr, ARD live).

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