Ein Wettlauf mit der Zeit

Der HSV steht unter Druck, das Transferfenster schließt in elf Tagen. Am Geld dürfte es nicht scheitern, sollte Nigel de Jong zu Mancheser City wechseln. Trainer Martin Jol hätte am liebsten drei neue Spieler. Kandidaten sind der Niederländer Demy de Zeeuw und der Argentinier Lucas Rodrigo Biglia.

Für Sentimentalitäten ist wenig Platz im rauen Fußballgeschäft. Damit hat sich Dietmar Beiersdorfer, im privaten Leben durchaus ein sensibler Mensch, mittlerweile arrangiert. Auch an ebenso plötzliche wie unerwartete Trennungen musste sich der Sportdirektor des HSV gewöhnen. Schließlich hat er in den zurückliegenden Jahren eine Reihe von Profis erlebt, die als Sternchen kamen und Hamburg als Star wieder verließen. So wie Nigel de Jong, den es zu Manchester City zieht, dem derzeitigen Lieblingsspielzeug von Mansour Bin Zayed al-Nahyan, einem Scheich aus Abu Dhabi.

Während de Jong am Montag im Anschluss an die Vormittagseinheit im telefonischen Austausch mit seinem Berater Rodger Linse damit beschäftigt war, den zumindest finanziell lukrativsten Vertrag (Jahresnettogehalt: vier Millionen Euro) seiner bisherigen Karriere auszuhandeln, gilt es für Beiersdorfer, die dadurch gerissene Lücke im Hamburger Kader zu schließen.

In dieser kniffligen Angelegenheit stehen ihm hektische Tage bevor, so viel steht fest. Denn am 30. Januar beginnt die Bundesliga-Rückrunde mit dem Nord-Süd-Schlager im Volkspark gegen den FC Bayern. Und einen Tag später wird das Transferfenster für die laufende Saison geschlossen.

Beiersdorfer ist wahrlich kein Freund von Kurzschlussreaktionen, er handelt lieber überlegt, wägt das Für und Wider sorgsam ab, bevor Entscheidungen getroffen werden. Doch dafür bleibt dem Sportlichen Leiter des HSV diesmal wenig Zeit. Als das Angebot von Manchester City einging, „in dieser Wucht und Nachhaltigkeit unerwartet“, wie Beiersdorfer eingestand, setzte er sich unverzüglich mit Trainer Martin Jol zusammen, um über den Umfang des winterlichen Einkaufsbummels zu entscheiden.

Sollte de Jong mit Manchester City Einigung erzielen, stehen den Hamburger Verantwortlichen 20 Millionen Euro zur Verfügung. Jol hätte gern zwei, am liebsten sogar drei neue Spieler. „Als Verein muss man Entscheidungen treffen, die im ersten Moment schmerzvoll erscheinen. Aber dadurch ergeben sich für uns auch wieder neue Möglichkeiten“, hatte der HSV-Trainer im Interview mit WELT ONLINE gesagt. Manchmal gehe man einen Schritt zurück, um drei Schritte nach vorn machen zu können.

Als Beispiel nannte Jol den Fall Rafael van der Vaart, der im vergangenen Sommer für 16 Millionen Euro zum Topklub Real Madrid transferiert worden war. Dieses Geld wurde genutzt, um den Kader in der Breite zu verstärken. So soll es auch diesmal geschehen.

Das Winterquartier im spanischen La Manga hatte Beiersdorfer bereits Sonnabend, einen Tag früher als geplant, verlassen. Der Sportdirektor führte seither einige Gespräche mit Beratern potenzieller Zugänge. Ein defensiver Mittelfeldspieler soll her, ein Kämpfer, der auch mit dem Ball umgehen kann. Außerdem ein Innenverteidiger und – wenn das Geld ausreicht – ein Angreifer, der in die Rolle von Ivica Olic hineinwachsen kann, den es ja bekanntlich nach Saisonende zum FC Bayern zieht.

Der Hauptauftrag lautet jedoch, einen Ersatzmann für de Jong zu finden, also für den Spieler, der unlängst von Beiersdorfer selbst als das „Herzstück“ der Mannschaft bezeichnet worden war. Ganz oben auf der Wunschliste des HSV stand Lorik Cana, der Kapitän von Olympique Marseille. Christophe Mongai, der Berater des Albaners, bestätigte ein „informelles Gespräch“ – und mehr wird auch nicht daraus, denn schon die Gehaltsvorstellungen des 25-Jährigen lassen sich nicht realisieren. Zumal auch Inter Mailand und der FC Everton um ihn werben.

„Wir schauen uns um und prüfen, was machbar ist. Es ist schwierig, unsere Wunschvorstellungen so kurzfristig zu realisieren“, sagte Beiersdorfer am Montag im Gespräch mit WELT ONLINE. Man werde versuchen, „den besten und sinnvollsten Transfer“ zu tätigen, „sowohl aus sportlicher als auch aus wirtschaftlicher Sicht“.

In der engeren Auswahl sind der Niederländer Demy de Zeeuw (25, AZ Alkmaar) sowie der Argentinier Lucas Rodrigo Biglia (22, RSC Anderlecht). Beide würden zwar eine Ablösesumme im hohen einstelligen Millionenbereich kosten, dafür aber nicht das Gehaltsgefüge im Kader durcheinanderbringen.

De Zeeuw war bereits im vergangenen Sommer mit dem HSV in Verbindung gebracht worden, den sportlichen Werdegang von Biglia verfolgen die Hamburger schon seit Jahren mit Interesse.

welt.de


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