Hamburger reden sich stark, aber Jol räumt Fehler ein


Hamburg - Martin Jols Sorgen passten am Donnerstag auf ein DIN-A4-Papier. Am Morgen nach dem Ausscheiden aus dem DFB-Pokal gegen Werder Bremen einen Schritt vor dem Finale in Berlin galt es, den Schaden zu protokollieren. Und während die seelischen Schmerzen nach dem 2:4 im Elfmeterschießen (1:1 nach Verlängerung) nur schwer zu quantifizieren waren, ließen sich die körperlichen zumindest auflisten.

Also reichte Pressechef Jörn Wolf dem Trainer ein Blatt, auf dem die Namen der Verletzten standen. Für Torjäger Mladen Petric ist der Vierteiler gegen Werder schon nach der ersten Episode beendet. Seine Risswunde am Schienbein wurde im Krankenhaus genäht, er fällt mindestens zwei Wochen aus. Und sie müssen noch mehr zusammenflicken beim HSV: Auch Jonathan Pitroipa (Hüftprellung), Marcell Jansen (Knochenhautreizung), Guy Demel (Oberschenkelverhärtung) und Torwart Frank Rost (Nasenbeinprellung) trugen schmerzhafte Andenken davon.

Jols größte Sorge gilt jedoch dem Selbstvertrauen. Noch sind die Meisterschaft und der Uefa-Pokal, wo nächsten Donnerstag Werder in Bremen wieder in einem Halbfinale wartet, zu gewinnen. Doch das Deutsche Sport-Fernsehen wittert bereits den Super-GAU und hat Vorstandschef Bernd Hoffmann zu seinem sonntäglichen Fußballtalk eingeladen. Thema: "Bricht der Hamburger SV jetzt ein?"

Damit steht der Sender nicht allein. Vorab antwortete Hoffmann schon: "Wir werden uns in der Serie mit Werder zurückkämpfen, wie wir es auch in dieser Partie getan haben. Der HSV spielt eine sensationelle Saison, das lassen wir uns nach dieser Niederlage nicht klein reden."

Nach 45 Pflichtspielen in dieser Saison stellt sich unter dem Eindruck von Mittwochabend dennoch die Frage, ob noch genügend körperliche und geistige Kräfte vorhanden sind, um den Totalverlust zu verhindern, was der starken Saison ein trauriges Ende bescheren würde.

Die Hamburger waren am Donnerstag bemüht, nach der unglücklichen, aber verdienten Niederlage den Unkenrufen entgegen zu wirken. Am entschiedensten tat dies Kapitän David Jarolim, dessen Platzverweis nach einer Notbremse an Mesut Özil in der 90. Minute für Jol "der Knackpunkt" gewesen war: "Ich denke nicht, dass Müdigkeit eine Rolle spielen wird. Natürlich tut einem alles weh, wenn man ein wichtiges Spiel auf diese Art verliert. Aber jeder von uns weiß, dass noch große Spiele vor uns liegen. Im Uefa-Cup lassen wir uns das nicht von Werder nehmen. So denken wir, und so werden wir auftreten."

Denn ein Vorteil der Dauerderbys gegen die Bremer, die in den kommenden 17 Tagen noch dreimal HSV-Gegner sein werden, sei die Chance, Fehler gleich korrigieren zu können. Nationalspieler Marcell Jansen: "Es gibt auch positive Aspekte, die uns aufbauen. Wir haben schlecht angefangen, aber gekämpft, Charakter gezeigt. Es gilt jetzt, das zu analysieren, Lehren zu ziehen und es besser zu machen."

Das muss auch Martin Jol tun, dessen Taktik ein Fehlschlag war. Er hatte Piotr Trochowski zunächst draußen gelassen und das Mittelfeld in Form einer Raute positioniert, weil mehr Druck über die Außenbahnen ausgeübt werden wollte. "Das hat nicht geklappt", gab der Niederländer zu. Allerdings warb er um Verständnis und listete alle Spiele auf, in denen Trochowski defensiv enttäuscht habe. Einen Zettel brauchte er dafür nicht.


.