05-Trai­nings­lager: Soto wird noch geschont

Auf die Signale des Körpers hören

Costa Ballenoa - Pünktlich zur Ankunft des FSV Mainz 05 haben sich an der anda­lusi­schen Atlan­tik­küste die Wolken der ver­gan­genen Tage verzogen. Die erste Trai­nings­ein­heit des Fußball-Zweit­ligis­ten im Winter-Trai­nings­lager in der Feri­ensied­lung Costa Ballena fand gestern statt bei strah­len­dem Son­nen­schein und Tem­pera­turen um die 18 Grad. "Allein deshalb hat es sich schon wieder gelohnt, hier­her­zukom­men", sagte Trainer Jürgen Klopp glänzend gelaunt nach der mor­gend­lichen Übungs­ein­heit.

Die Parade der Mann­schafts­kol­legen kann Chadli Amri im 05-Trai­nings­lager abnehmen, mit­spie­len darf er aller­dings heute gegen Alemannia Aachen noch nicht. Auf Dauer soll der Algerier die Position hinter den Spitzen einnehmen.

Am Freitag um 15 Uhr steigt direkt das erste Testspiel des FSV Mainz 05 unter anda­lusi­scher Sonne. Gegner ist der Zweit­liga­kon­kur­rent Alemannia Aachen, der schon zwei Tage vor den Mainzern in der Nähe sein Winter-Trai­nings­camp auf­geschla­gen hat. Rücksicht nehmen wird Jürgen Klopp auf diesen Auftakt der Vor­berei­tungs­spiele nicht. Die Belas­tun­gen in den Übungs­ein­hei­ten werden deswegen nicht dosiert. "Das wird ein typisches Spiel aus der vollen Belastung heraus", erklärt der 05-Chefcoach. "Wir werden uns durch­quälen müssen."

Dass die Alemannia mög­licher­weise andere Schwer­punkte setzt, das ist Klopp egal. "Viel­leicht wird man den Unter­schied sehen, dass die Aachener schon zwei Tage früher ein­gestie­gen sind", sagt Klopp. Und viel­leicht sei dem neuen Alemannia-Coach Jürgen Seeberger auch daran gelegen, dass er seiner in der Vorrunde sportlich gebeu­tel­ten Mann­schaft sehr früh Selbst­ver­trauen über positive Test­spiel­ergeb­nisse einimpft. Klopp: "Wenn dem so sein sollte, müssen wir da eben durch." Das rangiert auch unter Willens-, unter Selbstü­ber­win­dungs­schu­lung in der Rück­run­den­vor­berei­tung.

Klopp hat erste Eindrücke gewonnen

Erste Eindrücke hat Klopp schon gewonnen. Zum Abschluss in der Heimat hatten die 05-Trainer noch "eine Mör­der­ein­heit" durch­gezo­gen. Auch die beiden gestrigen Trai­nings­ein­hei­ten waren auf Anhieb sehr komplex, mit vielen Spiel­for­men, darin ein­gebet­tet Koor­dina­tions­schu­lung und Kon­diti­ons­arbeit. Volldampf. Höchste Kon­zen­tra­tion. Und dabei ist Klopp auf­gefal­len, dass für den ein oder anderen 05-Profi ein Test­spielein­satz noch zu früh käme.

Das gilt für den an der Schulter ope­rier­ten Keeper Dimo Wache, das gilt für den jungen Mit­tel­feld­spie­ler Mario Vrancic, der sich nach seinem Schlüs­sel­bein­bruch noch aus Zwei­kämp­fen her­aus­hal­ten soll, das gilt für Offen­siv­mann Chadli Amri, dessen Rücken­mus­kula­tur noch zumacht und der gestern lediglich Lauf­trai­ning und intensive Gymnastik absol­vierte.

Und auch Elkin Soto wird zunächst noch geschont. Der zu Sai­son­beginn am Kreuzband operierte Mit­tel­feld­tech­niker signa­lisiert zwar ohne Unterlass, er seit topfit und bereit. Aber der 05-Coach hat beob­ach­tet, dass der Kolum­bia­ner derzeit kör­per­lich bes­ten­falls auf 60 Prozent brummt. "Elkin fühlt sich super, und er wird auch ent­täuscht sein, dass er noch nicht spielen darf", sagt Klopp. "Aber wir sind der Meinung, dass ihm sein Körper noch Signale gibt, es etwas langsamer angehen zu lassen." Die Trainer wollen nichts über­stür­zen mit dem kleinen, leicht­gewich­tigen Krea­tivspie­ler, der für seine Kunst eine optimale Fitness benötigt. Ein behut­samer Aufbau ist da ange­bracht. Soto soll vor Übereifer geschützt werden.

Ver­bes­serungs­poten­zial in allen Bereichen

Dennoch bleiben Klopp für die Aachen-Partie 22 Mann, "zur Halbzeit werden wir komplett durch­wech­seln". Die Mann­schaft soll einfach geordnet drauflos spielen, "und wir beob­ach­ten, was schon da ist, und dann kor­rigie­ren wir".

Das Rad neu erfinden will und muss die Trai­ner­crew in diesem Win­ter­camp nicht. Die Mann­schaft ist Tabel­len­zwei­ter, solide auf Auf­stiegs­kurs, da haben in der Vorrunde nach­weis­lich viele Dinge funk­tio­niert. In seiner Eröff­nungs­anspra­che hat Klopp aber empha­tisch darauf hin­gewie­sen, dass es in allen Bereichen Ver­bes­serungs­poten­zial gibt. Und dazu gehört, ganz platt aus­gedrückt: weniger Gegentore fangen, mehr Tore schießen.

Ein Augenmerk in der Aachen-Partie liegt auf den Stan­dard­situa­tio­nen, defensiv und offensiv. "Da wollen wir ganz schnell wieder gut rein­kom­men", sagt Klopp. Dass bei geg­neri­schen Eckbällen die beiden Pfosten nicht besetzt werden, das wird bei­behal­ten. Weil das zusätz­liches Personal freimacht für die Ver­tei­digung im Strafraum, weil das die Kon­zen­tra­tion, die Kon­sequenz schärft für die Ori­entie­rung im Raum. Dass sämtliche Torhüter zu diesem Thema durchaus ihre eigene Meinung haben, darüber lächelt Klopp nur milde. Auch die Raum­deckung in der Stan­dard­ver­tei­digung hat bis auf wenige Ausnahmen in der Vorrunde gegriffen.

An der Raute arbeiten

Taktisch will Klopp an der Rau­ten­vari­ante im Mit­tel­feld arbeiten. Sollten sich Torjäger Felix Borja (reist am Sonntag an) und Neuzugang Isaac Boakye als Sturmduo wie erwartet durch­set­zen, dann will der Trainer den bis­heri­gen Angreifer Chadli Amri nach Bedarf hinter den Spitzen einsetzen. Was bedeutet, dass sich dann Frei­stoßs­pezia­list Daniel Gunkel, ein klas­sischer Zen­trumss­pie­ler, eben auf der rechten Halb­posi­tion ein­gewöh­nen muss.

Doch bis dahin ist noch viel Zeit. Wie sagt der Anda­lusier auf der Straße: "Vamos a tomar una copa!" - "Gehen wir erstmal ein Gläschen trinken!"

Reinhard Rehberg