"Immer hart, aber fair den Mainzern auf die Füße"

Ex-Mainzer Torsten Ziegner im AZ-Interview zur Situation des Letzten FC Carl Zeiss Jena im Bruchwegstadion / Bei Abstieg läuft das Projekt weiter


Vom 22.02.2008

Mit dem FC Carl Zeiss Jena kommt der Tabellenletzte heute Abend an den Bruchweg zum Zweitliga-Duell mit dem FSV Mainz 05. Der Abstand zu einem Nichtabstiegsplatz beträgt mittlerweile acht Punkte, Doch noch gibt sich der Ex-05er Torsten Ziegner, der vor der Aufstiegssaison zu den Profis kam, dann aber bei den Amateuren spielte, nicht geschlagen und verspricht den Mainzer einen heißen Kampf. "Wir geben so lange alles, bis rechnerisch nichts mehr möglich ist."



Herr Ziegner, macht Ihnen die Statistik Mut? Carl Zeiss Jena hat bislang acht Punkte auswärts geholt und damit zwei mehr als in den Heimspielen. Jetzt geht´s zu ihrer alten Wirkungsstätte nach Mainz.

Ziegner: Fakt ist, dass es uns mehr liegt, wenn wir nicht die Initiative ergreifen müssen.

Aber bei lediglich 14 Punkten nach 20 Spielen, acht Zählern Abstand zu einem Nichtabstiegsplatz, muss Carl Zeiss doch nach vorne spielen. Jetzt helfen doch nur noch eine Menge Siege?

Ziegner: Natürlich. Aber in Mainz ist es doch erst einmal so, dass die 05er unbedingt gewinnen müssen. Jeder erwartet einen Sieg von denen. Wir haben im Prinzip nichts zu verlieren. Vielleicht ist das unsere Chance.

Also wie gehen Sie und die Kollegen die Partie an?

Ziegner: Perfekt wäre natürlich, wenn hinten endlich mal die Null stünde. Dann würden wir zumindest nicht hoch verlieren. Klar ist, dass wir die 05er nicht ins Spiel kommen lassen dürfen. Also müssen wir ihnen ordentlich auf die Füße steigen. Hart, aber fair. Halten wir lange ein 0:0, werden die Mainzer nervös.

Im Jahr 2008 schafften sie zwar den Einzug ins DFB-Viertelfinale gegen den VfB Stuttgart durch einen 2:1-Erfolg nach Verlängerung gegen Arminia Bielefeld, aber in der Liga gab´s lediglich einen Punkt. Ist die Stimmung entsprechend mies?

Ziegner: Klar ist, dass wir uns hier nicht kaputt lachen oder grinsend durch die Gegend rennen. Die Situation ist nicht schön, aber wir haben uns noch nicht aufgegeben. Wir brauchen jetzt endlich einmal ganz, ganz viel Glück, wollen wir überhaupt noch einmal in den Nichtabstiegskampf eingreifen. Wir müssen Woche für Woche anständig arbeiten.

Das haben Sie sich doch bestimmt schon in der Winterpause vorgenommen. Warum stimmen die Ergebnisse nicht, warum gab´s das 2:3 gegen Aachen, das 2:2 in St. Pauli, das 1:3 gegen den 1.FC Köln?

Ziegner: Es stimmt, dass wir in der Winterpause zusammengesessen und alles angesprochen haben. Uns war klar, wie ungünstig die Situation ist. Unser Hauptmanko waren individuelle Fehler. Die wollten wir abstellen, in der Defensive wollten wir viel kompakter stehen...

Warum hat beides bislang nicht funktioniert?

Ziegner: Wir haben zu häufig versucht, mit aller Macht Tore zu erzielen. Aber im Spielaufbau haben wir dann leichte Bälle verloren. Der Gegner hat die Situationen genutzt und geschickt Pässe durchgesteckt. Wir haben schon wieder acht Gegentreffer in drei Punktspielen kassiert - das ist einfach zu viel. Worauf wir bauen können, ist unsere Moral. Wir haben gegen Bielefeld zurückgelegen und noch einen Sieg geholt - in Unterzahl. Wir haben das Duell auf St. Pauli erst in Unterzahl gedreht, dann hat hinten raus einfach die Kraft gefehlt. Und gegen den 1.FC Köln haben wir auch wieder den zwischenzeitlichen Ausgleich geschafft.

Gegen den FC St. Pauli standen Sie persönlich im Mittelpunkt. Erst rückten Sie wieder in die Mannschaft, dann verursachten Sie einen Handelfmeter, dann schossen Sie Ihr erstes Zweitliga-Tor. Interessante 90 Minuten, oder?

Ziegner: Auf jeden Fall. Das Handspiel war absolut unbeabsichtigt. Ich bin auf den Ball gefallen und habe reflexartig die Hand zurückgezogen. Ich bin sofort nach dem Pfiff des Unparteiischen hin zu ihm: Er hat´s halt anders gesehen. Aber für den Verlauf der Partie war das Ganze ja nicht so dramatisch. Wir hatten noch unsere Siegchance. Mein erstes Tor war einerseits schön, andererseits stünde ich jetzt lieber noch ohne Treffer da, dafür aber mit zwei Punkten mehr.

Henning Bürger hat in der Winterpause Valdas Ivanauskas beerbt. Was ist das für ein Trainer?

Ziegner: Der Verein hat sich vor seiner Verpflichtung viele Gedanken gemacht. Wie schon Heiko Weber, der uns in die Zweite Liga führte, ist Henning einer aus der Region. Der kennt sich natürlich auch aufgrund seiner Vergangenheit als A-Junioren-Coach in Jena bestens aus. Er bringt alle nötigen Tugenden mit. Und er ist noch nicht lange aus dem aktiven Fußballergeschäft draußen. Und mit Co-Trainer Thomas Matheja erreicht er uns. Matheja ist so eine Art Jürgen Klopp. Ein Sportlehrer aus dem Osten, der unheimlich gut motivieren kann.

Zuletzt kritisierten die Vereinsverantwortlichen die Schiedsrichterleistungen, machten diese mit für den fehlenden Aufschwung verantwortlich. Sie haben dazu noch gar nichts gesagt?

Ziegner: Nach den Spiele waren ich wegen mancher Entscheidungen auch auf 180, aber man steht nicht nur aufgrund von Pech mit 14 Punkten da.

Haben Sie sich Gedanken über Ihre Zukunft ab dem 30. Juni gemacht?

Ziegner: Ich habe auch bei einem möglichen Abstieg noch Vertrag. Und ich lasse das Projekt Jena nicht im Stich.