Witzchen gegen die Wehmut
VON JAN CHRISTIAN MÜLLER

Jürgen Klopp hat gestern noch mehr Witzchen gemacht als üblich und wirkte fast ein bisschen zu aufgekratzt. Es sollte alles ganz normal aussehen, aber es war natürlich nicht alles ganz normal. Es war wahrscheinlich seine letzte Pressekonferenz vor einem Mainzer Punktspiel. Denn wenn die 05er am Sonntag (14 Uhr) nicht gegen den FC St. Pauli gewinnen oder wenn gleichzeitig die TSG Hoffenheim gegen die SpVgg Greuther Fürth siegt, dann bleibt Mainz in Liga zwei - und dann verlässt die vermutlich nur ganz, ganz schwer ersetzbare Identifikationsfigur "Kloppo" den Klub nach 18 Jahren. Es ist also im doppelten Sinn ein Herzschlagfinale, zu dem die Fans schon um 11 Uhr gemeinsam aus der Innenstadt marschieren wollen.

In den vergangenen Tagen hat es ein paar böse Kommentare gegeben von Leuten, die glauben, Klopp wolle gar nicht mit Mainz 05 aufsteigen, damit er dann freie Bahn für einen anderen Arbeitgeber hat. Man kann ja in die Menschen nicht hineingucken, auch nicht in weniger verschlossene Kulttrainer, aber was da in Internetforen und Stammtischen erzählt wird, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ziemlich dummes Zeug.

Er mache sich, gab Klopp zwar vor, "überhaupt keine Gedanken über einen eventuell bevorstehenden Abschied". Aber man muss auch nicht alles glauben. Manager Christian Heidel dementierte vehement, dass es am Sonntag nach dem Spiel ein vorbereitetes Abschiedsgeschenk geben würde: "Das wäre ja genauso pervers wie bereits eine Aufstiegsfeier zu planen. Ich hätte ein ausgesprochen schlechtes Gefühl, jetzt schon eine Abschiedsfete für ,Kloppo' zu organisieren." Das würde bei Bedarf "selbstverständlich" in der kommenden Woche nachgeholt.

Eine Woche Abtrainieren

Organisatorisch ist das deshalb kein Problem, weil Klopp ("Ich habe hier schließlich Vertrag bis 30.6.") seine Spieler unabhängig vom Saisonausgang noch eine Woche lang zum Abtrainieren bittet: "Am liebsten wäre es mir natürlich,, wenn sie dann den Alkohol vom Feiern rauslaufen müssten."

Dass ausgerechnet die neureichen Hoffenheimer den Mainzern den Aufstieg vor der Nase wegschnappen könnten, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie. Hatte doch 05-Manager Heidel vor Jahresfrist sein Bedauern darüber kund getan, "dass so eine Mannschaft einen der 36 Plätze im Profifußball wegnimmt" und damit für einen beleidigten Hoffenheimer Mäzen Dietmar Hopp gesorgt. Heidel wollte gestern "dieses Fass nicht nochmal aufmachen." Das hatte tags zuvor Präsident Harald Strutz im Interview mit der Mainzer Rhein-Zeitung schon getan und als Aufforderung an die Fürther vom "Aufstand der Kleinen gegen den Mammon" gesprochen.