"Da hatten wir wohl das richtige Näschen..."

05-Präsident Harald Strutz zur Vertragssituation von Trainer Klopp / "Der Impuls muss vom Feld kommen"

Vom 08.03.2008

Fußball-Zweitligist Mainz 05 hat in den vergangenen Wochen wichtige Weichen gestellt. Das Stadionprojekt ist auf dem Weg (siehe auch Lokalteil), der Vertrag mit Manager Christian Heidel wurde bis 2013 verlängert. Unbeantwortet ist weiterhin die Trainer-Frage. Wir sprachen mit dem Präsidenten des Klubs, Harald Strutz.


Das Stadionprojekt an der Koblenzer Straße nimmt Fahrt auf, Manager Christian Heidel bleibt bis mindestens 2013, in der Liga steht Tabellenplatz zwei zu Buche. Alles im Lot beim 1. FSV Mainz 05?

Strutz: Ja. Es ist nicht nur alles im Lot, es ist eine spannende, wenn auch schwierige Zeit. Es stehen viele Aufgaben in der Entwicklungsgeschichte unseres Vereins an, und es ist auch für mich persönlich ein großartiges Gefühl dabei sein zu können. Zugleich steigt natürlich die Verantwortung für das Präsidium. Ich bin froh, dass es beim Stadionprojekt endlich gelungen ist, dass Stadt und Verein ohne Wenn und Aber einen Rütlischwur durchgehalten haben.

Sind Sie stolz oder beunruhigt, dass ihr Trainer Jürgen Klopp bei vielen Klubs ein Kandidat für den Cheftrainerposten ist?

Strutz: Ich bin stolz, weil wir ihm die Möglichkeit gegeben haben so ein Trainer zu werden. Es ist mit sein großes Verdienst, den Verein Mainz 05 so in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt zu haben. Da hatten wird wohl vor sieben Jahren das richtige Näschen...

Es ist aber ungewöhnlich für ein Unternehmen, dass einer Führungskraft in solch exponierter Stellung praktisch ein Freibrief zur Vertragsverlängerung und zugleich eine Arbeitsplatzgarantie ausgestellt wird. Ist das nun eine Last oder die einzige Chance Klopp in Mainz zu halten?

Strutz: Das ist die besondere Stärke aller Verantwortlichen. Das liegt in der unglaublichen Geschichte des Vereins, die wir gemeinsam erlebt haben, begründet. Daraus entstand so viel Respekt und Vertrauen. Das mag ungewöhnlich sein, aber das ist eben die Stärke, die diesen Verein ausmacht und von anderen unterscheidet. Jeden Tag kann nur mit hundert Prozent Einsatz überzeugt und gestaltet werden. Jeder muss wissen - das ist meine Aufgabe, mein Leben, meine Verantwortung. Nur so ist man in der Lage, die Visionen glaubhaft rüber zu bringen. Dieser von ihnen angesprochene Freibrief ist das Ergebnis dieser gemeinsamen Entwicklung. Ich finde das unglaublich spannend.

Zurück zum Stadionprojekt. Haben Sie Verständnis für die Sorgen der Anwohner in Bretzenheim?

Strutz: Jein. Auf der einen Seite bin ich erschrocken über die Äußerungen, es sei Druck ausgeübt worden. Das ist die Behauptung einer politischen Partei. Sollte es solche Vorfälle gegeben haben, dann ist das nicht in Ordnung und ging schon gar nicht vom Verein aus. Auf der anderen Seite ist es normal, dass die Bedenken der Anwohner geprüft werden. Ich finde es aber schade, warum man solch ein Projekt für die Stadt gleich wieder emotional befrachtet. Das ist doch auch für Bretzenheim eine große Chance. Und ich wiederhole: Ich finde es bedenklich, wenn politische Kräfte dies nun zu einem Wahlkampfthema machen wollen und Stimmung erzeugen, um dadurch Aufmerksamkeit zu erreichen. Gegen Sachargumente habe ich gar nichts, darüber muss dann gesprochen werden.

Gab es schon Reaktionen von Sponsoren oder potenziellen neuen wirtschaftlichen Partnern nach der Standortentscheidung?

Strutz: Wichtig ist, der Namensgeber mit Coface für die Arena steht. Es ist nun die Aufgabe des neuen Marketingleiters (Der Name des Nachfolgers von Klaus Drach wird demnächst bekannt gegeben, genauso wie der neue Ausrüster, wir berichteten) in den Interview

kommenden zwei Jahren neue Sponsoren für das Stadion zu finden und die aktuellen Partner zu betreuen.

Sie haben angekündigt, dass durch eine Satzungsänderung die Amtszeit des 05-Vorstandes von zwei auf eventuell vier Jahre ausgedehnt werden soll. Ist das ein Thema für die Mitgliederversammlung im Herbst?

Strutz: Der Vorstand wird sich geschlossen zur Wiederwahl stellen. Bei vielen anderen Bundesligisten läuft die Amtszeit drei oder vier Jahre. Bei uns sind es zur Zeit zwei Jahre. Wir werden da einen Vorschlag machen.

Zurück zur aktuellen sportlichen Situation. Erleben die Zuschauer die beste oder spannendste Zweite Liga aller Zeiten?

Strutz: Da die Liga spannend ist, ist sie auch die beste. Jürgen Klopp hat es richtig gesagt, unsere Fans dürfen sich richtig in Stimmung bringen. Freiburg hat gezeigt wie die Aufgabe angegangen werden muss, um die Chance wahrzunehmen. Der Impuls muss vom Feld ausgehen und dann von den Zuschauern aufgenommen werden. Diese Stärke zeichnet uns seit einem Jahrzehnt aus. Sie hat uns dahin gebracht, wo wir stehen - unsere Fans müssen jetzt explodieren.

Bis jetzt hat die Mannschaft die Zuschauer in diesem Jahr im Bruchweg-Stadion aber noch nicht verwöhnt. Zuletzt gab es am 7. Dezember zufriedene Gesichter bei einem Heimspiel als der 1. FC Köln mit 1:0 bezwungen wurde. Was erwartet der Präsident vom Spiel gegen die Offenbacher Kickers am Sonntag?

Strutz: Das Spiel hat doch Derby-Charakter, und die Offenbacher sind doch in unserem Stadion aufgestiegen ... Das Spiel kommt genau zur richtigen Zeit, es herrscht eine große Emotionalität. Unsere Fans wollen jetzt aber live im Stadion erleben, was sie von der Mannschaft zuletzt am Bildschirm aus Mönchengladbach und Freiburg geboten bekamen.

Das Gespräch führte

Lutz Eberhard