Heidel sagt Sotos Treffer voraus
Zwei Tage nach der Verhandlung vor dem Sportgericht wird der Kolumbianer zum Derby-Helden

Vom 03.05.2008

Von
Jens Grützner

Als Georges Mandjeck Elkin Soto in der 90. Minute 25 Meter vor dem Tor des 1.FC Kaiserslautern zu Boden brachte, ging´s los. "Ich hatte den Ball in der Hand", sagte Marco Rose. "Aber Elkin wollte ihn sofort haben", berichtete der Mainzer Kapitän. Rose übergab dem Kolumbianer die Kugel zum Freistoß. Jenem Mann, der am Mittwoch in Lausanne viereinhalb Stunden vor dem Internationalen Sportgerichtshof gestanden hatte, weil dessen Ex-Klub Once Caldas 1,5 Millionen Dollar vom FSV Mainz 05 für angeblich anstehende Ablösezahlungen verlangt.

Milorad Pekovic stürmte auf Soto zu. Auch der Montenegriner wollte sein Glück versuchen - ein zweites Mal nach einem brachialen Versuch in die Mauer kurz bevor. Rose: "Aber von dieser Position ist es schon nachvollziehbar, dass einer schießt, der die feinere Klinge schwingt." Soto spürte Pekovics Augen auf sich ruhen. "Und die Kollegen haben mich auch gefragt, ob ich mir ganz sicher sei", so Soto. "Ich sagte ja." Als der 27-Jährige, der sich am Tag vor dem Saisonauftakt gegen die TuS Koblenz einen Kreuzbandriss zugezogen hatte - nachdem er in der zurückliegenden Erstliga-Rückrunde auch schon wegen eines Innenbandanrisses gefehlt hatte -, den Ball zurecht legte, "da wusste ich, wohin ich schießen würde", erklärte Soto. "Die Kaiserslauterer haben zahlreich in der Mauer gestanden, aber der Torwart hat die linke obere Ecke von mir aus frei gelassen."

Noch bevor Soto anlief, wendete sich 05-Manager Christian Heidel an den Mainzer Physiotherapeuten Christopher Rohrbeck auf der Bank. "Ich sagte: Chris, der schießt den rein." Als Elkin Soto die Kugel traf, dachte Mittelfeldkollege Chadli Amri: "Welch eine Überraschung. Denn ich kalkulierte mit der anderen Ecke." Doch der Ball flog nicht nach rechts. "Ich stand genau hinter Elkin. Mensch, hat der sich schön reingedreht", erinnerte sich Marco Rose. Christian Heidel: "Normalerweise gucke ich nicht auf den Schuss bei Freistößen sondern nur aufs Netz. Dann hoffe ich, dass es sich ausbeult." Das tat es. Christian Heidel raste entgegen seiner Natur sofort auf das Feld. Es war der 2:1-Siegtreffer. Zum dritten Sieg in Serie im tobenden Aufstiegskampf. "Es war schon ein verrückter Moment", gestand Elkin Soto. Kaum hatte der Ball das Netz berührt, rennt alles auf mich zu." Und der selige Soto den Menschen auf der Nordtribüne entgegen. In einem Luftsprung entlud sich das Adrenalin. In Kolumbien war der Nationalspieler nicht gerade für Freistöße verantwortlich. "Aber ich habe da auch zwei reingeschossen." Allerdings nicht in der Schlussminute. Normalerweise ist in Mainz Daniel Gunkel für solche Momente verantwortlich. Bislang erzielte Gunkel neun Treffer in dieser Saison. "Aber ich habe kein Problem damit, meinen Job an Elkin los zu werden, wenn er das immer so macht", sagte der 27-Jährige, der wegen einer Innenbandreizung im Knie passen musste.

Soto war am Dienstag mit Christian Heidel nach Lausanne aufgebrochen, am späten Mittwoch zurückgekehrt. "Ich habe abends noch ein bisschen Lauftraining gemacht, mehr war nicht drin", so der Kolumbianer. Seine Einwechslung in der 46. Minute war der fünfte Einsatz in dieser Rückrunde. Soto erklärte, völlig ruhig gewesen zu sein trotz der Umstände. "Wenn ich spiele, kann ich mich voll und ganz auf das Spiel konzentrieren." Dagegen sagte Christian Heidel: "Ich denke, das ganze Prozedere in Lausanne hat ihn schon beeindruckt." In einem Nobelhotel verhandelte ein englischer Oberrichter flankiert von Juristen aus den Niederlanden und Costa Rica die Geschichte um Sotos Wechsel im Winter der Runde 2006/07. Heidel: "Alles lief auf Englisch ab, er hat alles ins Spanische übersetzt bekommen. Das hat mit Sicherheit geschlaucht." Heidel geht davon aus, dass die 05er keinen Cent an Once Caldas überweisen müssen. "Denn die konnten gar nichts belegen, wir dagegen alles."

Elkin Soto genoss die Gratulationen am Freitagabend. "Aber schon am Mittwoch geht´s weiter, da müssen wir gegen Aachen drei Punkte holen." Der Mainzer Manager: "Die Kunst in dieser Saisonphase ist es, einen Lauf zu haben. Den haben wir."