Co-Absteiger Aachen erst seit der Winterpause in Fahrt / Alemannia dafür schneller beim Stadionneubau

Vom 07.05.2008

grü. Borussia Mönchengladbach, Alemannia Aachen und der FSV Mainz 05 mussten in der vergangenen Erstliga-Saison den Abstieg schlucken. Die Gladbacher können heute Abend den direkten Wiederaufstieg packen. Der FSV ist als Liga-Zweiter auf einem sehr guten Weg sofort zurück nach oben. Aachen wird die Saison wohl auf einem einstelligen Platz, aber eben nicht unter den ersten dreien beenden. Heute (17.30 Uhr) kommt's zum Duell der 05er mit der Alemannia am Bruchweg. Ein Vergleich der Klubs:


Der FSV musste erst im dritten Jahr die Eliteklasse verlassen, die Aachener waren zwölf Monate nach ihrem Aufstieg schon wieder unten. Die 05er waren also zwei Spielzeiten länger im Stande, die Finanzen durch ein deutliches Mehr an Fernsehgeldern und Sponsoreneinnahmen in für sie unbekannte schwarze Dimensionen zu heben. Trotzdem spricht Christian Heidel, Manager des FSV, davon, dass "Aachener und wir vor dieser Saison identische Voraussetzungen hatten. Unsere wirtschaftliche Stärke ist vergleichbar. Aber uns ist es gelungen, den starken Aderlass auf dem Personalsektor besser zu verkraften." Außerdem wurden die Mainzer ihrer Verletzungssorgen besser Herr.

Was die Aachener den Mainzern voraus haben ist: Die Realisierung eines Stadionneubaus. Am 18. Mai soll der erste Spatenstich des neuen Tivolis erfolgen, das 30000-Leute-Stadion für 50 Millionen Euro dann vor dem ersten Spieltag der Saison 2009/2010 fertig sein. Aber auch diesbezüglich sind die 05er mittlerweile mit ihrer Coface-Arena für insgesamt 60 Millionen Euro auf einem guten Weg. "2008 kriegen wir den Spatenstich nicht mehr hin", so Heidel, "aber alles andere läuft nach Plan." In 2010 wollen die Mainzer ins neue Heim einziehen.

Aber zunächst zu den sportlichen Voraussetzungen der Kontrahenten: Die Aachener leisteten sich vor Saisonbeginn einen entscheidenden Fehlgriff. Sportdirektor Jörg Schmadtke hatte nach der Demission von Michael Frontzeck zwei Trainer an der Angel: Guido Buchwald, Weltmeister 1990 und auch sonst viel dekorierter Ex-Profi mit Erfolgen als Coach in der zweitklassigen japanischen J-League, und Jürgen Seeberger, Ex-Trainer des Schweizer Erstligisten Schaffhausen. Die Gewaltigen der Alemannia wählten den klangvollen Namen - und ärgern sich noch heute darüber.

Fehlgriff Buchwald

Schnell warf Schmadtke Buchwald Konzeptlosigkeit vor, drei Spieltage vor der Winterpause kam es zur Trennung. Am 2. Januar kam Jürgen Seeberger. Die Aachener haben jetzt schon drei Zähler mehr geholt als in der Winterpause, sind mit den 05ern, dem 1.FC Köln und Borussia Mönchengladbach Zweite der Rückrundentabelle. In Mainz konnte Jürgen Klopp nach dem Abstieg in aller Ruhe weiter arbeiten.

Die 05er verzeichneten die Abgänge von Mohamed Zidan, Manuel Friedrich, Leon Andreasen, Mimoun Azaouagh, Benjamin Weigelt, Imre Szabics, Fabian Gerber, Du-Ri Cha, Otto Addo, Tobias Damm, Ralph Gunesch und Marius Niculae. Neu sind: Tim Hoogland, Miroslav Karhan, Srdjan Baljak, Bo Svensson, Daniel Gunkel, Felix Borja, Wellington und Isaac Boakye.

Bei den Aachenern gingen Vedad Ibisevic, Yunus Balaban, Sascha Rösler, Jan Schlaudraff, Marcus Hesse, Sascha Dum, Sergio Pinto, Moses Sichone, Matthias Heidrich und Kristian Nicht. Es kamen: Seyi Olajenbesi, Patrick Milchraum, John Mosquera, Daniel Brinkmann, Todor Kolev, Lubos Pecka, Pekka Lagerbloom, Jerome Polenz, Thorsten Stuckmann, Hrvoje Vukovic und Benjamin Weigelt, der es aber nur ein halbes Jahr am Tivoli aushielt und nun beim 1.FC Kaiserslautern auf der Bank sitzt. Klarer Fall: Die 05er haben die besseren Griffe auf dem Transfermarkt getan. Alleine Borja und Gunkel sorgten für 24 Treffer.

Fananleihe kommt

Nun zum Stadion: Aachens Geschäftsführer Frithjof Kraemer sagte im Interview mit den Aachener Nachrichten: "Es gab die erste Phase, als wir das Projekt Anfang letzten Jahres angeschoben haben. Wir wurden kritisch beobachtet. Motto: Kriegt es die Alemannia diesmal hin? Über das Projekt wurde ja schon seit Jahrzehnten gesprochen. Es gab da zunächst eine breite Skepsis. Eine Gruppe zweifelte, dass wir das Projekt finanziell gestemmt bekommen, eine andere Gruppe beklagte den hohen Identitätsverlust mit dem geplanten Umzug."

Doch das Land Nordrhein-Westfalen übernimmt eine Bürgschaft in Höhe von 23 Millionen Euro für das Stadion. Die Alemannia soll 15 Millionen an Eigenkapital zuschießen - hat aber noch nichts. Eine Fananleihe soll Abhilfe schaffen und fünf Millionen Euro in die Kassen spülen. Kraemer: "Die Anleihe ist Teil der Finanzierung. Sie erhält aber durch unsere Bemühungen, den Namen Tivoli zu erhalten, eine viel größere Bedeutung. Wenn die Zeichnungsfrist im August ausläuft und die Anleihe ein Erfolg war, sind wir ein großes Stück weiter."

05: Ausschreibung im Juni

Im Gegensatz zum Trend wollen die Aachener, Stand jetzt, eben nicht ihren alten Stadionnamen preisgeben. "Wenn das Thema so funktioniert, wäre es doch für unsere Wahrnehmung viel besser. Es wäre ein Alleinstellungsmerkmal: Alemannia rettet den Namen Tivoli mit Hilfe der Fans. Wunderbare Story", so der Geschäftsführer. Außerdem kann sich Kraemer vorstellen, einen gewissen Zeitraum lang so etwas wie einen Tivoli-Groschen zu erheben. Wir haben rund 400 000 Zuschauer in einer Zweitliga-Saison." Da kann ein kleiner Aufschlag in allen Preisklassen schon einiges bewirken. Die Hellmich-Gruppe baut das Stadion für den Festpreis.

Die 05er haben die Namensrechte für ihre Arena an den Versicherer Coface für gutes Geld verkauft. Insgesamt sind 60 Millionen für das Stadion in Bretzenheim fällig. Die 05er schießen aus eigener Tasche 7,5 Millionen zu und zahlen Kredite in Höhe von 40 Millionen Euro durch Mieten ab. 3,3 Millionen jährlich im Fall des Aufstiegs, 2,2 Millionen im Fall weiterer Zweitliga-Zugehörigkeit. Vom Land kommen 12,5 Millionen.

Ende Juni geht bei der Stadt Mainz die Ausschreibung für das neue Stadion raus. Christian Heidel: "Die Stadt hat die Ausschreibung bei der EU in Brüssel angekündigt, das muss man 57 Tage vor der tatsächlichen Ausschreibung machen." Dann haben Firmen zwei Monate lang Zeit, ein All-Inklusive-Paket-Angebot für Planung und Bau der Coface-Arena abzugeben. Der Duisburger Bauunternehmer Walter Hellmich wird sicherlich auch ein Angebot unterbreiten, "aber es gibt noch sechs andere Anbieter in solchen Angelegenheiten", sagt der 05-Manager. Heidel weiter: "Viele Stellen arbeiten mit Hochdruck an dem Thema."

Seit drei Spieltagen arbeiten die 05-Profis mit Hochdruck am Thema Aufstieg. Ihnen gelangen drei Siege in Serie. Noch drei Siege und die Erste Liga ist wieder erreicht. Das können die Aachener frühestens 2009 schaffen.