Beutel: Klima für Stadion kritisch

OB im MRZ-Gespräch: Fußball-Arena in Bretzenheim aber machbar - Kohlekraftwerk-Beschluss wird nicht revidiert

Der neue Stadionstandort sorgt schon wieder für Zündstoff. Klimatisch ist das Gelände nicht unproblematisch.

MAINZ. Mit den Worten "kritisch, aber machbar" fasst Oberbürgermeister Jens Beutel (SPD) die Gutachter-Aussage zum neuen Stadion-standort zusammen. Problematisch ist das Gebiet, weil von hier aus die Frischluft über die Felder in Richtung Bretzenheim und Innenstadt strömt. Deshalb müssen beim Bau einer neuen Fußballarena strikte Vorgaben eingehalten werden. Wie eng es zugeht, verdeutlicht Beutel mit den Worten: "Wenn der K.o.-Faktor bei 10 liegt, sind wir bei 9."

Im MRZ-Gespräch stellte Beutel allerdings auch klar, dass der ursprünglich favorisierte Standort am Europakreisel ebenso problematisch gewesen wäre. Das Ja zum Bau einer Arena stehe insofern immer am Ende eines Abwägungsprozesses.

Dass sich die Anwohner in Bretzenheim nun Sorgen machen, kann Beutel nachvollziehen. Proteste wegen zu erwartender Lärmbelastung hält der OB allerdings für eine "Mentalitätsfrage" - bei einer Beeinträchtigung an nur 17 Tagen im Jahr. Ängste vor einer Multifunktionsarena will Beutel ausräumen: Nur wegen der EU-Förderrichtlinien dürfe kein reines Sportstadion gebaut werden. Neben dem Sport werde es jedoch allenfalls eine oder zwei Veranstaltungen pro Jahr geben - wie jetzt schon die jährliche Massentaufe der Zeugen Jehovas am Bruchweg.

Beutel sicherte zu, die betroffenen Bürger in Kürze in einer Einwohnerversammlung zu informieren. Auch der Ortsbeirat Bretzenheim soll in seiner nächster Sitzung über den Planungsstand informiert werden.

Keine neuen Argumente sieht der OB zum Thema Kohlekraftwerk. Nach wie vor geht Beutel davon aus, dass die hohen Gaspreise und die fehlende Liefersicherheit gegen ein neues Gas- und Dampfkraftwerk auf der Ingelheimer Aue sprechen. Das Stadtoberhaupt gibt sich daher überzeugt: Der Neubau-Beschluss wird nicht mehr revidiert.

Dass Teile der CDU und die FDP mittlerweile öffentlich von einem neuen Kohlekraftwerk abrücken, nennt Beutel "Opportunismus" mit Blick auf die Kommunalwahl 2009. Diese Fraktionen hätten alle Beschlüsse mitgetragen und seien damit auch "alle verantwortlich".

Auch die Grünen - wie ÖDP/Freie Wähler von Anfang an gegen den Kohle- block - haben Zweifel an den Motiven der Liberalen. Diese hätten "angesichts des massiven Bürgerprotests jetzt wohl kalte Füße bekommen", mutmaßt Stadtratsmitglied Tabea Rößner. Jetzt von der FDP vorgetragenen Argumente wie die Feinstaubbelastung seien schließlich nicht neu: "Seit nunmehr zwei Jahren wiederholen wird im Stadtrat gebetsmühlenartig stichhaltige Argumente gegen das Kohlekraftwerk."

Das wiederum bestreitet OB Beutel und hält den Kraftwerksgegnern eine "verzerrte" Darstellung der Wirklichkeit vor. Tatsächlich werde beispielsweise die Feinstaubbelastung der Parcusstraße durch das Kohlekraftwerk lediglich um 0,1 Prozent steigen. "Beim Silvesterfeuerwerk wurde siebenmal so viel Feinstaub produziert wie im Kraftwerk in einem Jahr."

Beutel hat zwar Verständnis dafür, wenn Bürger sagen: Wir sind an der Grenze der Belastbarkeit angekommen. "Aber wenn die Bürger das ernst nehmen würden, hätten wir nicht diese nicht unerhebliche Steigerung des Energieverbrauchs." (jok)