Bis zum Sonntag, dem Auftritt des Fußball-Zweitligisten FSV Mainz 05 in Koblenz, will sich Professor Rüdiger Sterzenbach entscheiden, ob er das Amt des Vorsitzenden bei der TuS ausüben will. Am 8. Februar ist der Wahltermin. Zurzeit ist der ehemalige Präsident des Landessportbunds "nur" ehrenamtlicher Geschäftsführer des Klubs, der Ende 2007 in heftige finanziellen Turbulenzen geriet. Die AZ sprach mit dem 61-Jährigen.


Herr Sterzenbach, haben Sie es für möglich gehalten, dass Sie nach Ihrem Abschied als LSB-Präsident 2004 mit Sitz in Mainz vier Jahre später als Quasi-Vorsitzender eines Fußballvereins die 05er empfangen?

Sterzenbach: Nein, das habe ich mir nicht vorstellen können.

Warum sind Sie bei der TuS eingestiegen?

Sterzenbach: Das Ganze ist schon länger vereinbart gewesen. Der Verein hat wirtschaftlich und organisatorisch nicht mit den sportlichen Erfolgen der vergangenen Jahre Schritt halten können. Und weil ich schon einige Firmen geleitet habe, kam es zu Gesprächen.

Sie haben Ihr Ehrenamt beim LSB aufgegeben, weil Sie, so ein Zitat, ein Ehrenmann bleiben wollten, was mehr als ein Fingerzeig für das Missmanagement dort war und ist. Doch kaum bei der TuS, mussten Sie sich mit einer kurzfristigen Liquiditätslücke von zwei Millionen Euro beschäftigen. Was war passiert?

Sterzenbach: Dieser Fehlbetrag ist nicht kurzfristig aufgetaucht. Wären dort gute Kaufleute am Werk gewesen, hätte man gewusst, was passieren würde. Ich sage mal so: Es ist schon hart, was ich hier vorgefunden habe.

Wie können aber plötzlich zwei Millionen Euro zusammenkommen?

Sterzenbach: Es waren Abbuchungen fällig, die sich zunächst auf 400 000 Euro beliefen. Innerhalb von sechs Wochen hatten sich dann aber eine Million Euro Verbindlichkeiten angehäuft, nach zwei Monaten waren es zwei Millionen - aus unterschiedlichen Gründen. Es waren beispielsweise teure Spieler eingekauft worden, ohne andere Planungen an diese Verpflichtungen anzupassen.

Sie erklärten, dass diese extrem bedrohliche Situation für den Klub in einer Nacht gelöst werden konnte. Wie das?

Sterzenbach: Ich habe etliche Sponsoren finden können. Der Vertrag mit Lotto Rheinland-Pfalz über die Namensgebung einer Tribüne etwa wurde Interview

vorzeitig verlängert. Fakt ist, dass die TuS Koblenz keine Schulden hat.

Aber was ist denn vor und nach dem Koblenzer Zweitliga-Aufstieg 2006 alles schief gelaufen, dass die Situation so dramatisch werden konnte, und was lässt Sie auf Besserung hoffen?

Sterzenbach: Wir führen Umbaumaßnahmen durch. Der jetzige Präsident kandidiert nicht mehr, genauso wenig der Vorstand Finanzen, der Vorstand Jugend. Hier haben Leute lange Zeit gemacht, was sie wollten. Aber es muss nunmal in solch einem Betrieb Budgetplanungen geben, an die man sich hält. Das kaufmännische Einmaleins muss her. Dafür bin ich jetzt da. Alle Verträge, die den Einkauf betreffen, müssen um 30 Prozent runter, also etwa Ausgaben in Zusammenhang mit dem Sicherheitsdienst, mit den Verkehrsbetrieben. Aber ich spreche hier nur für die TuS Koblenz GmbH, die Fußballabteilung. Deswegen spüre ich auch eine gewisse Unruhe in mir. Wenn es um den Gesamtverein geht, habe ich nicht die komplette Akteneinsicht. Ich bin mit Rechtsanwälten dabei, so viel wie möglich zu sichten. Wenn ich aber denke, dass ich einen Meter bei der Aufarbeitung vorangekommen bin, waren es unter Umständen in Wirklichkeit nur 40 Zentimeter. Das kann frustrieren. Sollte ich bis Sonntag das komische Gefühl nicht rausbekommen, werde ich nicht kandidieren. Ich bin kein Hasardeur.

Ist die Mannschaft von finanziellen Kürzungen ausgenommen?

Sterzenbach: Ja, weil uns verhältnismäßig gut bezahlte Leute im Winter verlassen haben, günstige neue gekommen sind.

Wie reagiert Trainer Uwe Rapolder auf die Umbaumaßnahmen?

Sterzenbach: Er lässt sich gerne einspannen.

Sind Sie selbst Fußballexperte?

Sterzenbach: Nein, das ist ganz Sache des Trainers. Und der Zustand der Mannschaft ist ja auch das Schöne hier. Die Moral stimmt.

Zum Schluss noch Ihre Einschätzung zur momentanen Situation beim Landessportbund, der ohne amtierenden Präsidenten von Grabenkämpfen gezeichnet da steht?

Sterzenbach: Soll es zitierfähig sein?

Ja, bitte.

Sterzenbach: Ich weine.

Das Gespräch führte