Kampfgejohle im Turnierzimmer

Perfekte Bedingungen im Trainingslager - Trainer Klopp gönnt Spielern ein ruhiges Wochenende - Teamgeist wird gefördert

An diesem Wochenende hat Trainer Jürgen Klopp den Zweitligafußballern des FSV Mainz 05 im Winter-Trainingslager in Andalusien auch mal etwas Ruhe gegönnt. Vormittags stand jeweils "nur" Lauftraining auf dem Programm. Am Sonntagnachmittag fuhr der Kader zum Spiel Betis Sevilla gegen FC Getafe in der Primera Division. Eine Maßnahme, die Zerstreuung, Abwechslung bringen sollte in den normierten Ablauf - und die natürlich auch der Förderung des Teamgeistes dient.
COSTA BALLENA. Ein ruhigeres Winter-Trainingslager hatte der FSV Mainz 05 wohl noch nie. Ablenkung? Die gibt es kaum im Hotel Barcelo Costa Ballena Anfang Januar. Keine andere europäische Profimannschaft residiert hier. Die Bedingungen bieten nicht den geringsten Grund zur Klage. Der Übungsplatz ist perfekt, das Wetter nahezu ideal. Am Freitagnachmittag kam zwar kurzzeitig heftiger Wind auf, am Abend regnete es auch mal ein wenig, doch bereits am Samstag herrschte wieder strahlender Sonnenschein. Das Essen ist ausgezeichnet. Nach den Klagen im Vorjahr ist im Barcelo mittlerweile die komplette Küchencrew ausgewechselt worden. Bingo.



Entsprechend konzentriert können die 05-Profis hier ihre Vorbereitung auf die Rückrunde vorantreiben. Abwechslung? Die ist dünn gesät in Costa Ballena Anfang Januar. Die andalusische Atlantikküste zwischen Jerez und Gibraltar ist ein einziger riesiger Golfplatz mit 5000 Löchern, Teichen, Bunkern, Hügeln und Fähnchen. "Aber wir haben keinen Golfspieler mehr im Kader", sagt 05-Teammanager Axel Schuster.



Das Barcelo offensichtlich auch nur bedingt, lediglich ein paar versprengte Engländer schwingen auf der hoteleigenen Anlage rund um die vier Wohngebäude ihre Schläger. Mehr passiert da nicht. Die 05-Profis trainieren, essen, schlafen, trainieren... Freizeitaktivitäten? Damir Vrancic und Neven Subotic haben am Wochenende ein Fußballturnier auf der Playstation organisiert, die jungen Keeper Rainer Adolf und Daniel Davari halfen bei der Gruppenauslosung. Das aus dem Turnierzimmer dringende Kampfgejohle zeugt von harten Duellen.



Jürgen Klopp hat an einem Abend mal Skat gedroschen mit zwei Mainzer Anhängern, darunter ein in Frankfurt beschäftigter Hilton-Manager. Manager Christian Heidel spielt am Laptop abends regelmäßig Internet-Poker gegen seinen in Mainz am Gerät sitzenden Sohn. Der mitgereiste Mainzer Umweltdezernent Wolfgang Reichel hat Besuch bekommen vom Architekten des neuen Budenheimer Golfplatzes. Thorsten Zimmermann sortiert und sendet allabendlich seine Bilder, die Profis schauen dem Klubfotografen dabei gerne lachend-protestierend über die Schulter.



Die Spieler verziehen sich in der Regel nach dem Abendessen zügig auf ihre Zimmer. Nur Nachwuchskeeper Davari sitzt mit seinem Laptop oft stundenlang in der Lobby und betreibt Internetstudien. "Ich gehe gerne mal von Zimmer zu Zimmer und besuche Kollegen", erklärt Marco Rose. "Ansonsten lassen wir uns von den Physios behandeln, schauen Fernsehen, telefonieren, und ich habe mir auch ein paar Bücher mitgebracht."



Um den Teamgeist macht sich der 31-Jährige keine Sorgen. "Ich bin jetzt seit fünf Jahren in Mainz, und ich kann sagen, dass sich das hier immer sehr schnell entwickelt hat, dafür sind wir bekannt. Neue Jungs sind binnen kurzer Zeit voll integriert, die werden von Anfang so behandelt, als wären sie schon ewig da." Auch der ganz neue Stürmer Isaac Boakye fühle sich schon heimisch im Mainzer Kreis. "Das ist unsere Stärke", sagt Rose. "Das macht Mainz 05 aus."



Nicht immer entspringt dieser Harmonie auch die nötige innere Dynamik, das war etwa in der Abstiegssaison 2006/07 der Fall. In dem im Sommer neu zusammengestellten Kader erkennt Rose viele unterschiedliche Typen, die unterschiedliche Prozesse anschieben. "Wir verstehen uns, wir ordnen uns unter, aber wir sagen uns auch offen die Meinung", so Rose. "Und der Trainer gibt den Weg vor."



Jürgen Klopp muss schon wieder einige bemerkenswerte Ansprachen gehalten haben in diesem Trainingslager. Die haben selbst 05-Doc Stefan Rimoldi ("Das ist unglaublich!") beeindruckt. Dass auch die positiven Vorrundenergebnisse den Teamgeist befeuert, diesen Prozess beschleunigt haben, das steht für Rose außer Frage. Das Ziel, der Antrieb für die Schufterei in der andalusischen Sonne ist klar formuliert. "Die drei Jahre in der Bundesliga waren einfach toll", sagt Marco Rose. "Wer einmal da oben war, der will da wieder hin."



Für den Linksverteidiger fehlt zum Glück vorerst nur noch die Vertragsverlängerung von Jürgen Klopp. "Wenn das klappt..."