Einer für alle
Spätestens seit der Heiligsprechung durch Uli Hoeneß ist Jürgen Klopp ein heißer Kandidat für jeden deutschen Topverein
VON DANIEL MEUREN


Am Freitagabend ist Jürgen Klopp mit den Kickern seines FSV Mainz 05 aus dem Trainingslager in Andalusien zurückgekehrt. Diese Zeit der körperlichen Ertüchtigung macht dem 40 Jahre alten Fußball-Lehrer in der Regel viel Spaß. Mit einem Anflug von Sadismus jagt Klopp seine Schützlinge dann gut gelaunt immer wieder mit Vollsprints über den Platz. Da ist es irgendwie eine lustige Vorstellung, dass Klopp beinahe in wenigen Monaten Weltstars wie Franck Ribéry oder Luca Toni auf ähnliche Weise hätte schikanieren können.

Denn tatsächlich war Klopp hinter Jürgen Klinsmann offenbar Kandidat Nummer zwei beim FC Bayern, wie Uli Hoeneß vergangene Woche hat wissen lassen. Auch wenn der verwegene Karrieresprung von der Bank des Zweitliga-Zweiten auf den begehrtesten Trainerstuhl Deutschlands verwehrt blieb, so ist alleine die Nennung seines Namens durch Hoeneß so etwas wie eine Heiligsprechung in der Branche. Dort wurde Klopp bislang von einigen immer noch fälschlicherweise als ein Motivationsguru abgetan mit einem als Fernsehexperte hinlänglich bewiesenen Talent zum Öffentlichkeitsarbeiter. Allein die Kür zum Kandidaten für die Hitzfeld-Nachfolge lenkt den Blick nun auf andere Qualitäten.

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Er hat, anders als beispielsweise der gerne in einem Atemzug genannte Thomas Doll, in sieben Jahren bei Mainz 05 nicht allein Höhenflüge seines Teams verbal gut verkauft, sondern viele Rückschläge verdaut und es immer wieder fertig gebracht, neue Teams in Mainz aufzubauen und in großer Systemsicherheit zu schulen. So führte er den Klub nach dem Abstieg im Vorjahr direkt in den Kampf um den Wiederausftieg. Aufgrund dieser Leistungen schadet Klopp offenkundig bei der Beurteilung durch Hoeneß überhaupt nicht, dass seine Erfolge eher geringer Natur sind: Mit Mainz hat Klopp einen Aufstieg vorzuweisen und zwei Klassenerhalte in der Bundesliga. Diese Bilanz verbaut ihm aber nicht die persönlich Aufstiegschance.

Ist Klopp also auch ein Kandidat für den Hamburger SV? Oder womöglich auch in England oder Spanien vermittelbar? Der Umworbene möchte darüber derzeit gar nicht reden. "Es ist alles im Trainingslager gesagt", erklärt Klopp leicht genervt. Er weiß, dass dieses Thema Unruhe am Bruchweg schürt.

"Jürgen hat ohne jeden Zweifel das Zeug zu einem ganz großen Trainer bei einem großen Verein", sagt der Mainzer Manager Christian Heidel. "Aber ich werde darum kämpfen, dass er das erst in ein paar Jahren zeigt und nicht schon nach dieser Saison." Der 2001 mitten in der Saison vom Spielfeld auf die Trainerbank gewechselte Klopp ist unkonventionell genug, um sich möglicherweise tatsächlich noch einmal für seine Herzensangelegenheit Mainz 05 und die gerade von ihm neu aufgebaute Mannschaft zu entscheiden. Auch weil er weit davon entfernt ist, seinen Ehrgeiz allein mit den Gewinn von Meisterschalen und Pokalen stillen zu müssen.

Titel sind nicht Maß aller Dinge

"Wenn ich mit 65 mal zurückschaue und keine Titel vorweisen kann, dann muss das noch lange nicht heißen, dass ich unzufrieden sein muss mit meiner Trainerkarriere", hat Klopp einmal gesagt. Diese Einstellung und die unerschütterliche Überzeugung, seinen Job wie kaum ein anderer zu beherrschen, schenken dem begehrten Trainer womöglich die Gelassenheit, noch ein paar Jahre mit dem Abschied aus Mainz warten zu können.