05 und die ureigenen Tugenden

Nach dem Kraftakt beim 1:0 in Gladbach winkt sogar die Tabellenführung


Vom 20.02.2008
Von
Roland Hessel

MÖNCHENGLADBACH/MAINZ Des einen Freud, des anderen Leid. Kaum treffender lässt sich die Gefühlslage der beiden Kontrahenten Borussia Mönchengladbach und FSV Mainz 05 nach dem Zweitliga-Hit am Montag beschreiben. Während die Borussen tief in der Krise stecken, haben die Mainzer ihre vorläufig und vor allem eindrucksvoll beendet.

Dass bei dem fünffachen Deutschen Meister trotz der 0:1-Pleite gegen den Verfolger, der ersten im eigenen Borussen-Park, niemand etwas von einer Krise wissen will, ist verständlich. Noch rangiert Gladbach auf Rang eins, noch ist der direkte Wiederaufstieg nicht in akuter Gefahr. "Wenn wir weiter so kämpfen wie heute, dann werden wir auch wieder gewinnen", meinte Mittelfeldspieler Sascha Rösler fast schon trotzig. Dennoch: Die Zeichen stehen auf Sturm. Viermal in Folge hat die Elf von Trainer Jos Luhukay nicht mehr gewonnen. Der einst respektable Vorsprung ist zusammengeschmolzen. "Wir sind immer noch Tabellenführer und werden diese Position mit allem verteidigen, was wir haben", unterstrich Luhukay. Aber schon am Wochenende droht weiteres Ungemach. Wenn´s ganz unglücklich läuft für die einstigen "Fohlen", können sie sogar ganz aus den Aufstiegsrängen kippen - wenn es beim unbequemen Aufsteiger VfL Osnabrück die nächste Pleite setzt.

Definitiv in großer Gefahr ist auf jeden Fall die Spitzenposition. Denn schon am "Super-Freitag", an dem fünf der ersten Sieben aktiv sind, kann Montags-Gegner Mainz 05 diese - zumindest vorläufig - übernehmen. Vorausgesetzt, den Mainzern gelingt ein Heimsieg gegen Schlusslicht FC Carl Zeiss Jena. Ein Unterfangen, was machbar scheint. Denn rechtzeitig vor dem vom Papier her ungleichen Kräftemessen haben sich die Rheinhessen, die zuvor dreimal sieglos geblieben waren, auf ihre ureigenen Tugenden besonnen. Nach der frühen Führung, die Torjäger Felix Borja schon in der dritten Minute erzielt hatte, warfen die Mainzer nämlich vor allem Leidenschaft und Kampfkraft in die Waagschale. Und sie wurden belohnt. Teils dank des Unvermögens des Gastgebers, der beispielsweise aus rekordverdächtigen 56 (!) Flanken nichts Zählbares gewinnen konnte. Größtenteils aber dank der aufopferungsvollen Abwehrarbeit sowie der exzellenten Vorstellung von Torhüter Daniel Ischdonat, der sich von seinem bösen Lapsus zuletzt beim 1:2 gegen Greuther Fürth gut erholt zeigte. "Ischdonat hat heute gut gehalten. Und wir brauchen auch in den nächsten Wochen einen fitten Torhüter", unterstrich Klopp, der damit einen schnellen Wechsel auf dieser Position ausschloss. Kapitän Dimo Wache, der nach seiner Schulter-OP erstmals seit dem zweiten Spieltag wieder im Kader stand, wird sich also noch gedulden müssen.

Grund, am Erfolg herumzumäkeln, hatte Klopp grundsätzlich wenig. "Wir hatten uns schon vorgenommen, die eine oder andere Situation besser lösen zu können", sprach der 40-Jährige die nicht genutzten Chancen auf Konter an. In der Tat konnte sich 05 vor 33151 Zuschauern im Borussen-Park zu selten, und dann nur wenig effizient vom Druck der Gastgeber lösen. Dass am Freitag, wenn es gegen den Letzten aus Jena um die Tabellenführung geht, ein ganz anderes Spiel auf dem Programm steht, ist indes klar. "Oh ja, das wird total anders", weiß auch Ischdonat, dass seine Mainzer dann wieder in die Favoritenrolle schlüpfen werden.

Eine Rolle, mit der sie rund um das Bruchweg-Stadion aber gut leben können. Manager Christian Heidel, der sich heute zu seiner Vertragsverlängerung erklären will, freut sich jedenfalls auf die kommenden Wochen und Monate. "Die enge Tabellenkonstellation ist mir viel lieber als wenn nur vier Mannschaften um den Aufstieg spielen werden. Genau so haben wir das auch gewollt", strahlte der 44-Jährige große Zufriedenheit aus.

Eine Zufriedenheit, die sich gestern noch erhöhte, als der FSV Mainz 05 zusammen mit der Stadt den endgültigen Standort des neuen Stadions präsentierte (siehe auch das Interview mit Jürgen Klopp auf dieser Seite). Am Montag hatten sich die kurzfristigen Perspektiven des Vereins schlagartig verbessert. Seit gestern auch die mittelfristigen. Keine Frage: Gibt´s am Freitag den anvisierten Heimsieg gegen Jena, war es eine rundum gelungene Woche für die 05er.