Zweitliga-Abpfiff

Pleite gegen die Klee­blät­ter - und alles wird gut

Von Reinhard Rehberg

Glücks­sym­bole. Je nach Kul­tur­kreis oder Tradition können das sein ein Hufeisen, ein Glücks­schwein, ein Glückspilz oder ein Mari­enkä­fer. Beim Fuß­ball­klub FSV Mainz 05 haben sie sich für das Kleeblatt ent­schie­den, aller­dings, und das ist wichtig, für das dreiblätt­rige. Der Mythos geht so: Nie­der­lage gegen die SpVgg Greuther Fürth, das dieses dreiblätt­rige Kleeblatt im Ver­eins­wap­pen trägt - und alles wird gut. Das ist empirisch belegt. Und das funk­tio­niert auch 2008 wieder.

Grundlage der folgenden Glücks­momente ist eine tiefe Depres­sion nach der obli­gato­rischen Fürth-Pleite. Diesmal gab es ein 1:2 am Bruchweg. Miese Stimmung. In der Stadt breitete sich das Gefühl aus, die 05er könnten mit 32 Punkten absteigen, Manager Christian Heidel könnte künftig VW fahren statt BMW, Jürgen Klopp könnte künftig Red Bull trinken statt Kirner Pils und der Klub müsste künftig seine Heim­spiele im maroden Darmstäd­ter Stadion "Am Böl­len­fall­tor" austragen. Wunderbar. Genau diese Welt­unter­gangs­visio­nen brauchen der Verein und die Mann­schaft zweimal im Jahr wie die Luft zum Atmen. Auch wieder im Februar 2008.

Acht Tage nach dem erneuten "Fürth-Fluch" gewinnen die 05er bei Borussia Mön­chen­glad­bach - obwohl der unglück­liche Tabel­len­füh­rer 500 Flanken in den Mainzer Strafraum gefeuert und 200 mal aufs Tor geballert hat.

Einen Tag später wird verkündet, dass nach einem mona­telan­gen poli­tischen Gezerre das neue Stadion, die Coface Arena gebaut wird. Und zwar unweit der als optimal ange­sehe­nen Stelle.

Heute wird der Manager wahr­schein­lich seinen neuen 5-Jahres-Vertrag unter­schrei­ben mit einem kom­pli­zier­ten Zusatz­klau­sel­werk für eine Ver­län­gerung bis 2038 (nach MRZ-Infor­matio­nen bei gleich blei­ben­den Bezügen, darauf besteht 05-Spar­minis­ter Friedhelm Andres).

In den kommenden Tagen wird dann auch Jürgen Klopp, der stil­sicher seine Spie­ler­kar­riere beendet und seine Trai­ner­kar­riere begonnen hat nach einer derben Schlappe gegen die SpVgg Greuther Fürth, in Mainz ver­län­gern.

Klopp hat dann die Angebote vom FC Chelsea und von Real Madrid abgelehnt. Weil in den eng­lischen und spa­nischen Revol­ver­blät­tern die Beo­bach­tung der Hamburger Scouts kol­por­tiert wird, der 05-Trainer sei öfters unpünkt­lich, er laufe zuweilen in zer­schlis­senen Jeans durch die Stadt und nach Spielen kon­sumiere er in einem öffent­lichen Gebäude (Stadion) gerne ein niko­tin­hal­tiges Sucht­mit­tel.

Chelsea und Real abgelehnt. Was soll da noch kommen? Da unter­schreibt der Volksheld am Bruchweg doch gleich mal ebenfalls bis 2038 - und ver­öffent­licht seine neue Han­dynum­mer bei kigges.de...

Im Alter, so heißt es, könne er (Klopp) sich ein Enga­gement vor­stel­len bei Pana­thi­nai­kos Athen oder Celtic Glasgow - diese Klubs haben das Kleeblatt im Ver­eins­wap­pen.

Das mit den Klee­blät­tern funk­tio­niert. Ganz eindeutig. 2002 haben sich die Mainzer, übermütig geworden, mal nicht an die Regel gehalten. Da haben die 05er in einer günstigen Auf­stiegs­kampf­situa­tion am vor­letz­ten Spieltag am Bruchweg einen Punkt (1:1) geholt gegen die Fürther: Ende, Aus - es folgte das Desaster bei Union Berlin. Daraus hat der Klub gelernt. Selbst kleinste Erfolgs­erleb­nisse gegen die Klee­blät­ter, das bringt großes Unheil, Tränen.

Im Umkehrschluss heißt das: Wenn der Abon­nement-Fünfte Greuther Fürth jemals auf­stei­gen will, dann sollte die SpVgg damit aufhören, Mainz 05 zu schlagen. Das bringt großes Unheil, Tränen. Aber die Fürther kapieren das nicht. Die machen lustig weiter. Und die 05er hauen sich vor Vergnügen auf die Schenkel. Die lassen sich kurz vor dem Abpfiff noch einen harmlosen Standard reinhauen - und alles wird gut. Die Fürther erleben danach eine Heimpleite gegen den desolaten 1. FC Kai­sers­lau­tern, die Mainzer stürmen den Borussia-Park und bauen ein neues Stadion.

In der neuen Spielstätte sollte das dreiblätt­rige Kleeblatt irgendwie einen Platz finden. Viel­leicht eröffnet der Fürther Chef, Mäzen und Teehänd­ler Helmut Hack in der Coface Arena eine nette Teestube (wenn dieses Rausch­mit­tel bis dahin nicht längst verboten ist in öffent­lichen Gebäuden).

Und bei dieser Gele­gen­heit könnte sich Hack auch gleich noch beim Namens­geber des neuen Mainzer Stadions die ver­gan­genen und künftigen Fürther Nichtauf­stiege rück­ver­sichern lassen.

Wahr­schein­lich sind die 05er im ver­gan­genen Sommer nur deshalb aus der Bun­des­liga abge­stie­gen, weil sie keine Gele­gen­heit mehr bekamen zu einer schönen depri­mie­ren­den Fürth-Schlappe. Eigent­lich wäre es ratsam, die SpVgg doch mal mit auf­stei­gen zu lassen. Leider geht das nicht. Der schick­sal­haf­ten Ver­knüp­fung wegen: Fürth gewinnt die direkten Duelle - und die Mainzer erreichen ihre Ziele.

Man schaue auf die Tabelle. Man schaue aufs ver­zwickte Sta­dion­pro­jekt: Da verkauft das 05-Mitglied Kardinal Karl Lehmann nach einer Fürth-Pleite sogar umgehend den kirch­lichen Schre­ber­gar­ten in Bret­zen­heim.