Mit leeren Händen nach Hause

Statistisch über-, vom Resultat her aber unterlegen: Die Borussen waren sich nach dem 1:2 in Hoffenheim einig, dass deutlich mehr für sie drin war, die letzte Konsequenz aber zu lange fehlte.

Die Aufarbeitung des Spiels begann Granit Xhaka noch mitten in der Hoffenheimer Arena. Der Schweizer begab sich nach dem Schlusspfiff zunächst in Richtung Haupttribüne, wo seine Eltern die Begegnung zwischen Borussia und der heimischen TSG verfolgt hatten, und stand kurz darauf neben Kevin Volland. Beide warteten auf ihre Interviews für die Live-Übertragung von Sky. Der Hoffenheimer gab den höflichen Gastgeber und zollte Xhaka und den Borussen großen Respekt für die dargebotene Leistung. Xhaka rang derlei Lob nur ein müdes Lächeln ab. Er wusste zu gut, dass seine Mannschaft und er sich dafür nichts kaufen konnten. Xhakas erste Reaktion, als er den Rasen in Sinsheim verließ, verdeutlichte, wie angefressen der 20-Jährige nach dem 1:2 war. „Dass wir dieses Spiel verloren haben, ist einfach unglaublich.“

Entschieden Statistiken ein Bundesliga-Spiel, dann hätten die Borussen souverän drei Punkte mit nach Hause genommen. Ballbesitz, Passquote, Zweikampfwerte, Torschüsse – in allen Kategorien , die die Datensammler für die Bewertung eines Spiels zur Verfügung stellen, lag die Mannschaft von Trainer Lucien Favre vorn. Auf der Anzeigetafel im Hoffenheimer Stadion, in dem mehr als 4.000 VfL-Anhänger zeitweise das Gefühl eines Heimspiels aufkommen ließen, aber prangten die entscheidenden Ziffern 2 und 1 zu Gunsten der Gastgeber. „Natürlich ist es eine große Enttäuschung, dieses Spiel zu verlieren. Das ist schwer zu akzeptieren“, sagte Favre. „Ein Punkt wäre verdient gewesen“, befand Sportdirektor Max Eberl.

"Letzte Wille" fehlte

Der VfL hatte das Spiel lange Zeit völlig unter Kontrolle. Der frühe Pfostenschuss von Volland mag als Wachmacher gedient haben, danach ließ die Fohlenelf den Hausherren nur noch wenig Platz. Den Ball trieben die Borussen zielstrebig bis zum Strafraum, danach vermisste nicht nur Sportdirektor Max Eberl „den letzten Willen“. So dominant Borussia auch auftrat, wirklich zwingend kamen sie im ersten Durchgang nicht vor das Hoffenheimer Gehäuse. Zu allem Überfluss leistete man sich dann Sekunden vor der Halbzeit noch eine Unachtsamkeit in der Defensive, als Anthony Modeste die Führung für 1899 erzielte. „Ein Tor zu diesem Zeitpunkt zu bekommen, ist natürlich nicht gut“, so Favre. Schiedsrichter Christian Dingert pfiff die Partie gar nicht erst wieder an.

Für den zweiten Abschnitt hatte sich die Favre-Elf spürbar mehr vorgenommen. Die Borussen kamen einige Minuten vor den Hausherren aus der Kabine und waren nun um mehr Zielstrebigkeit bemüht. „Wir hatten auch gute Chancen, das 1:1 zu erzielen, haben es aber nicht geschafft“, so Favre. Stattdessen fiel mitten in eine erste Drangphase das 2:0 für Hoffenheim nach einer Einzelleistung von Volland. „Dieses Tor war total unnötig. Wir hatten Überzahl und haben trotzdem einen Konter bekommen“, monierte der Trainer. „Danach war es schwer, weil der Gegner sehr tief stand“, befand Christoph Kramer. Der defensive Mittelfeldspieler verließ kurze Zeit später den Platz und machte in Luuk de Jong einem weiteren Stürmer Platz. Favre schöpfte sein gesamtes Offensivpersonal aus. Die Folge: Borussia machte Druck, zog zeitweise ein Powerplay auf und suchte unentwegt nach den Lücken im Hoffenheimer Defensivverbund. Eine feine Einzelleistung von Branimir Hrgota brachte eine Viertelstunde vor dem Ende den Anschlusstreffer. Zu mehr sollte es nicht reichen.

Kein "Lucky Punch" mehr

„Es ist schade, dass uns in den letzten druckvollen 30 Minuten nicht mehr der Lucky Punch zum 2:2 gelungen ist“, bedauerte Sportdirektor Max Eberl. Trainer Favre monierte zu viele unnötige Ballverluste, die immer wieder zu gefährlichen Kontern führten. „Wir haben manchmal zu kompliziert gespielt statt einfach zu verlagern und die Geduld zu haben, die Lücke zu finden.“ In der Nähe des gegnerischen Strafraums sei es zudem zu falschen Bewegungen und falschen Pässen gekommen, die verhinderten, dass sich seine Mannschaft noch mehr klare Torchancen erspielte. „Wir haben nicht schlecht gespielt, aber es war zu wenig, um hier einen oder sogar drei Punkte zu erreichen.“ So mussten die Borussen die Heimfahrt mit leeren Händen und dem Gefühl antreten, „dass viel mehr für uns drin gewesen wäre“, wie Martin Stranzl anmerkte.

Nach solchen Spielen ist es den meisten Fußballern ganz recht, dass das nächste Pflichtspiel schon sehr bald ausgetragen wird. Am Freitagabend (20.30 Uhr) bereits gastiert der noch sieglose Aufsteiger Eintracht Braunschweig im BORUSSIA-PARK. „Wir haben uns durch die Niederlage vor dem Heimspiel wieder unnötig unter Druck gesetzt“, sagte Tony Jantschke. Die kurze Woche der Vorbereitung auf diese Partie begann bereits heute. Während die Startelf von gestern auf eine Laufrunde ging, gingen die Ersatzspieler wie gewohnt auf den Trainingsplatz. Einzig Max Kruse blieb in der Kabine und ließ sich behandeln. Der Nationalspieler hatte in Hoffenheim einen Schlag auf das rechte Sprunggelenk bekommen, sollte aber nach einem freien Tag bereits am Mittwoch wieder ins Mannschaftstraining einsteigen.

borussia.de


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