„Wir wollen das Bestmögliche erreichen“

Standpunkt: Borussias Geschäftsführer Stephan Schippers über die wirtschaftliche Situation des Clubs, das neue Ehrenmitglied Jupp Heynckes und die Aussichten auf eine erneute Europapokal-Teilnahme.

Herr Schippers, Sie haben bei der Mitgliederversammlung gestern Abend die Zahlen für das Geschäftsjahr 2013 präsentiert. Borussia verzeichnet einen Gewinn, obwohl der Umsatz deutlich zurückgegangen ist. Verdeutlichen diese Zahlen auch, dass der Verein rein finanziell nicht auf das internationale Geschäft angewiesen ist?

Stephan Schippers: Dass wir schwarze Zahlen geschrieben haben, obwohl wir im Vergleich zum Geschäftsjahr 2012 im vergangenen Jahr lediglich die beiden Spiele gegen Lazio Rom international bestritten haben, ist in der Tat bemerkenswert. Wir haben aber auch immer betont, dass wir keineswegs darauf angewiesen sind, im Europapokal zu spielen. Rein finanziell darf dies kein Muss sein. Unsere Kalkulationen sind darauf nicht ausgelegt. Wir haben den Kader, in den wir 2012 viel investiert haben, auch im vergangenen Jahr größtenteils zusammengehalten, obwohl wir in dieser Saison nicht im Europapokal vertreten waren. Das ist auch ein Qualitätsmerkmal.

Gleichwohl würde sich wohl niemand dagegen sträuben im kommenden Jahr wieder im Europapokal zu spielen. Wie groß ist Ihre Zuversicht diesbezüglich angesichts des vierten Tabellenplatzes derzeit?

Stephan Schippers: Der vierte Platz ist aktuell eine schöne Momentaufnahme, aber wir haben noch fünf schwierige Spiele zu bestreiten. Deshalb sollte in der gegenwärtigen Situation niemand abheben. Unser Trainer Lucien Favre achtet darauf, dass sich die Spieler nur auf die jeweils anstehende Partie fokussieren. Damit sind wir in der Vergangenheit schon sehr gut gefahren. Nach 34 Spieltagen werden wir dann sehen, wo wir stehen. Klar ist, dass wir das Bestmögliche erreichen wollen.

Was würde die Teilnahme am Europapokal finanziell für den Verein bedeuten?

Stephan Schippers: Das sieht man schon allein an den Zahlen, die wir bei der Mitgliederversammlung präsentiert haben. Der Umsatz ist zwischen den Geschäftsjahren 2012 und 2013 um mehr als 30 Millionen Euro gesunken. Das lag daran, dass wir im vergangenen Jahr nicht derart beträchtliche Transfererlöse wie 2012 erzielt haben, als Marco Reus und Dante uns verlassen haben. Und der Rest – etwa zehn Millionen Euro – fehlt bei den Einnahmen, weil uns diese Spiele im Europapokal gefehlt haben. Wobei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen sei, dass von diesen zehn Millionen Euro allein rund drei Millionen Euro die beiden Champions-League-Playoff-Spiele ausgemacht haben. Der finanzielle Unterschied zwischen diesen beiden Wettbewerben ist beträchtlich. In der Gruppenphase gibt es für einen Sieg in der Champions League eine Million Euro, in der Europa League sind es 200.000 Euro.

Für die kommende Saison sind in Yann Sommer, André Hahn und Fabian Johnson bereits drei neue Spieler verpflichtet. Abgeschlossen ist die Kaderplanung damit noch nicht, aber wie angenehm ist es, sie zu einem derart frühen Zeitpunkt schon ein gutes Stück vorangetrieben zu haben?

Stephan Schippers: Die Kaderplanung ist in der Tat noch nicht abgeschlossen, aber Max Eberl ist mit seinem gesamten Team äußerst eifrig, die Weichen für die neue Saison zu stellen. Man muss sich aber auch frühzeitig um gute und auch bei anderen Klubs begehrte Spieler bemühen, um eine Chance auf eine Verpflichtung zu haben. Das war im vergangenen Jahr bei Max Kruse so und in diesem Jahr zum Beispiel bei André Hahn. Vor einigen Jahren konnten wir zu diesem Zeitpunkt der Saison noch nicht mit Gewissheit sagen, in welcher Liga wir in der darauffolgenden Saison spielen würden. Dass wir dabei sind, uns im dritten Jahr in Folge im einstelligen Tabellenbereich zu etablieren, macht die Planung diesbezüglich natürlich einfacher. Wir bleiben grundsätzlich bei unserem Credo, dass wir nur das ausgeben, was wir auch einnehmen.

Bei der Jahreshauptversammlung haben Borussias Mitglieder Jupp Heynckes zudem mit großem Beifall zum Ehrenmitglied ernannt. Wie kam es zu dem Antrag?

Stephan Schippers: Wir haben ihn alle bei seinem letzten Auftritt als Trainer im BORUSSIA-PARK erlebt. Spätestens damit hat er sich in den Herzen aller Borussen unsterblich gemacht. Wir hatten immer einen engen Kontakt zu Jupp Heynckes und haben natürlich seinen Wunsch respektiert, sich nach dem Ende seiner aktiven Trainerkarriere zunächst einmal etwas zurückzuziehen. Mit der Ehrenmitgliedschaft wollten wir Jupp Heynckes, der als Spieler und später als Trainer unheimlich viel für Borussia geleistet hat, dennoch auszeichnen. Er hat sich sehr darüber gefreut, als wir ihn gefragt haben, ob wir die Mitglieder darüber abstimmen lassen dürfen. Und ebenso sehr habe ich mich darüber gefreut, wie die Mitglieder unseren Antrag aufgenommen haben.

Borussia hat noch zwei Heimspiele in dieser Saison. Es sieht danach aus, dass es einen neuen Zuschauerrekord geben wird. Wie wichtig ist diese Form der Unterstützung durch die Fans?

Stephan Schippers: Unheimlich wichtig, und das meine ich gar nicht wegen der Einnahmen, die mit einem vollen Stadion verbunden sind. Die Serie von acht Heimsiegen in Folge zu Saisonbeginn, die einzigartig in Borussias Historie ist, zeigt, dass der BORUSSIA-PARK zu einer Festung geworden ist. Und dazu trägt die Unterstützung durch die Fans natürlich ganz maßgeblich bei. Wir hatten nur bei zwei Heimspielen in dieser Saison weniger als 50.000 Zuschauer im BORUSSIA-PARK. Das ist fantastisch, natürlich getrieben vom sportlichen Erfolg, bestätigt uns aber auch in unserer Preispolitik, weil wir immer betonen, dass der Fußball bezahlbar bleiben muss.

Der BORUSSIA-PARK wird in diesem Sommer zehn Jahre alt und ist eines der wenigen Stadien, das nicht den Namen eines Unternehmens trägt. Immer wieder werden Fragen bezüglich der Vermarktung des Stadionnamens an Sie herangetragen. Hat sich die Meinung des Vereins zu diesem Thema verändert?

Stephan Schippers: Nein. Der BORUSSIA-PARK ist in den zehn Jahren seines Bestehens zu unserem Zuhause geworden. Er ist uns ans Herz gewachsen. Wir setzen auch auf ein Wir-Gefühl und nicht auf totale Kommerzialisierung. Die Nordkurve ist beispielsweise werbefrei. Das haben wir bereits beim Bau des Stadions in Absprache mit den Fans so beschlossen. Es gibt immer wieder mal Angebote zur Vermarktung des Stadionnamens. Und natürlich muss man sich auch damit befassen. Aber nicht um jeden Preis. Es wird auf keinen Fall so sein, dass dem BORUSSIA-PARK irgendwann ein ganz anderer Namen übergestülpt wird.

Hinweis: Am Mittwochabend ab 18 Uhr stellt sich Geschäftsführer Stephan Schippers in der 90,1-Sendung „Borussia Hautnah!“ den Fragen von Moderatorin Petra Koch. Der Sender ist in und um Mönchengladbach zu empfangen (UKW 90,1 MHz, über die Kabelfrequenz 107,65), zudem kann jeder die Sendung als Stream im Internet verfolgen.

borussia.de


Die Stimmen außerhalb meines Kopfes irritieren mich am meisten!