Borussia klopft vehement an die Tür zur Champions League
»Das ist schon herausragend«
von Marc Basten und Jan van Leeuwen

Borussia Mönchengladbach festigt mit einem beeindruckenden 4:1-Auswärtssieg in Sinsheim den dritten Tabellenplatz. Der erste Sieg im Kraichgau überhaupt war ein »deutliches Signal«.

Während der Anfangsphase ins Sinsheim hätten wohl nur die wenigsten Beobachter gedacht, dass kurz nach Schlusspfiff Headlines wie ›Gladbach schießt Hoffenheim ab‹ die Runde machen würden. Hoffenheim war besser im Spiel, griff früh an und hatte Pech, dass ein wohl reguläres Tor von Zuber wegen Abseits zurückgepfiffen wurde.

Gerade als sich die Borussen berappelten und aktiver am Geschehen teilnahmen, konterte Hoffenheim die Gladbacher mustergültig aus. Als die leidige Torhymne in Sinsheim erklang, schien es wie immer zu sein: Borussia Mönchengladbach gefangen in der Endlosschleife von Pleiten im Kraichgau.

Doch kaum war die Musik verklungen, übernahm die Fohlenelf ungeachtet des Rückstands das Kommando. »Sie haben versucht zu pressen, aber wir konnten uns gut rausspielen«, sagte Patrick Herrmann. »Dann waren Räume da und wir konnten Gas geben«. So wie in der 22. Minute, als der offensiv wieder sehr auffällige Oscar Wendt (Max Eberl: »Oscar spielt die ganze Rückrunde schon herausragend«) den Ball scharf und flach vors Tor zog. Fabian Johnson kam im Laufduell im Abraham an Fünfmeterraum zu Fall, Herrmann netzte am zweiten Pfosten zum vermeintlichen Ausgleich ein.

Verwirrung bei der Elfmetersituation

Allerdings hatte Schiedsrichter Kinhöfer da bereits gepfiffen. Die Verwirrung war groß, zumal Abraham mit seinem Keeper Baumann zusammengekracht war und beide mehrere Minuten behandelt werden mussten. Schließlich wurde ersichtlich, was der Schiedsrichter entschieden hatte: Elfmeter für das Foul an Johnson. Eine persönliche Strafe für Abraham blieb aus und auch den Vorteil wollte Kinhöfer nicht gelten lassen.

»Er hat genau die Szene in der Mitte im Auge gehabt, dass da was passieren wird«, schilderte Max Eberl seine diesbezügliche Unterredung mit dem Unparteiischen. »Er hat gar nicht damit gerechnet, dass am langen Pfosten einer den Ball reinpattet«. »Während des Spiels hat der Schiedsrichter schon gesagt, dass er etwas zu früh gepfiffen hat«, erklärte Herrmann, dem damit ein Treffer ›geklaut‹ wurde. »Wenn der Elfmeter nicht reingegangen wäre, dann wäre es extrem ärgerlich gewesen. So war es okay«, meinte Herrmann.

»Patrick hat sich ein bisschen geärgert, ich habe mich gefreut«, grinste Max Kruse. »So ist das halt manchmal«. Kruse behielt vom Punkt die Nerven und gab sich gegen seinen ehemaligen Freiburger Kollegen Oliver Baumann keine Blöße. Und Patrick Herrmann machte nur fünf Minuten später ›sein‹ Tor, als er eine erneute Vorarbeit von Wendt zur Führung ins Eck spitzelte. In dieser Phase spielten die Borussen wie aus einem Guss. »Das war richtig guter Fußball«, schwärmte Max Kruse. »Die Laufwege waren heute einfach von allen optimal«.

Das 4:1 gelang zum richtigen Zeitpunkt

Überragend das Tor zum 3:1 weitere fünf Minuten später, das Herrmann mit einem Traumpass auf Kruse einleitete, der wiederum im perfekten Moment Raffael bediente. Und kurz vor dem Pausenpfiff hätte Fabian Johnson an alter Wirkungsstätte eigentlich schon alles klar machen müssen, doch er schoss genau in die Arme von Baumann. »Den musste ich machen«, ärgerte sich Johnson.

So war die Pausenführung der Borussen zwar hochverdient, aber noch war die Sache nicht durch. »Wenn du beim Stand von 3:1 ein Tor bekommst, dann ist es wieder ein ganz anderes Spiel«, hatte Lucien Favre seine Mannen in der Pause gewarnt. »Deshalb wollten wir das 4:1 so schnell wie möglich machen«, erläuterte der Coach. »Das ist uns zum richtigen Zeitpunkt gelungen«.

Patrick Herrmann vollendete einen Schnellangriff über Johnson und Kruse mit seinem zweiten Treffer und sorgte zeitig für klare Verhältnisse. »Wir haben verdient gewonnen, auch wenn der Gegner am Ende drei, vier klare Tormöglichkeiten hatte«, sagte Favre. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Borussen bereits mehrere Gänge zurückgeschaltet und es wurde deutlich, dass die Mannschaft noch nicht allzu viel Erfahrung damit hat, ein so gut wie entschiedenes Spiel locker abzuwickeln. Dennoch blieb es am Ende ein deutlicher und letztlich ungefährdeter Auswärtssieg.

»Das war ein deutliches Signal«

Lucien Favre hielt den Ball anschließend wie gewohnt betont flach. »Bei Hoffenheim hat ohne Polanski und Schwegler die Struktur gefehlt. Davon haben wir klar profitiert, das darf man nicht vergessen«. Sein Sportdirektor fand dagegen deutlichere Worte: »In zwei Auswärtsspielen bei den Bayern und Hoffenheim sechs Punkte bei einem Torverhältnis von zu 6:1 zu holen, das ist schon herausragend«.

Dem schloss sich Max Kruse an. »Das war ein ganz deutliches Signal von der gesamten Mannschaft, dass wir uns da oben nicht mehr verdrängen lassen wollen. So sind wir heute auch aufgetreten«. Die Champions League nimmt immer deutlichere Formen an. »Wir brauchen uns nichts vorzulügen«, so Kruse. »Es rückt immer näher, aber wir haben noch sehr schwere Spiele vor der Brust«.

»Wir haben es selbst in der Hand in diesem Jahr«, ergänzte Patrick Herrmann. »Es sieht sehr gut aus, aber man darf sich nicht ausruhen. Wir müssen weiter so Spiele abliefern wie heute, dann kann das auch was werden«.

Dass nach dem Schusspfiff niemand mehr an bittere Niederlagen in Sinsheim dachte und die Schlagzeilen von ›überragenden Gladbachern‹ als folgerichtig abgenickt wurden, ist ein wunderschönes Ostergeschenk für alle Borussen. Gleichzeitig richtet sich der Blick bereits auf den Mittwoch zum Pokalviertelfinale auf der Bielefelder Alm. »Das wird ein ganz anderes Spiel«, sagte Max Eberl. »Aber wir werden den Kampf annehmen. Wir wollen unbedingt ins Halbfinale«.

torfabrik.de


Die Stimmen außerhalb meines Kopfes irritieren mich am meisten!