Borussen verpassen einen deutlicheren Erfolg über Hannover
»Wir müssen effizienter sein«
von Marc Basten, Jan van Leeuwen und Niklas Kirchhofer

Der Sieg von Borussia Mönchengladbach über Hannover 96 war hochverdient, daran bestanden nach Abpfiff bei den Protagonisten keine Zweifel. Bei der gezeigten Dominanz hätte der Sieg allerdings noch deutlicher ausfallen müssen.

Es gibt in der Bundesliga immer wieder Spiele, da könnte ein neutraler und unbefangener Beobachter nicht auf Anhieb unterscheiden, welches die Spitzenmannschaft ist und welche gegen den Abstieg spielt. Am Sonntag im Borussia-Park gab es daran überhaupt keine Zweifel. Die Dominanz der Gladbacher Borussen über Hannover, vor nicht allzu langer Zeit auf Augenhöhe mit den Fohlen, war frappierend.

72 Prozent Ballbesitz verzeichnete die Favre-Elf im ersten Durchgang und war den Gästen haushoch überlegen. »Wir haben sehr gut gespielt«, lobte Granit Xhaka zurecht. Der Schweizer selbst war in der ersten Halbzeit der überragende Mann, gestaltete das Spiel nach Lust und Laune. Am Ende zählten die Statistiker 129 Ballkontakte und eine Passquote von 90 Prozent für den Mittelfeldspieler. »Momentan läuft es sehr gut für mich«, sagte Xhaka. »Ich spüre das Vertrauen des Trainers«.

Dass Xhaka & Co so auftrumpfen konnten, lag auch am eigenartigen Auftritt der Gäste. »Die erste Halbzeit war gut«, konstatierte Martin Stranzl. »Aber das war auch dem geschuldet, dass Hannover passiv war und es erlaubt hat«. Tatsächlich agierten die Niedersachsen merkwürdig körperlos. Sie rannten zwar viel - am Ende fast drei Kilometer mehr als die Gladbacher - verteidigten jedoch fast nur im Raum, ohne die Kombinationen der Borussen ernsthaft zu stören.

Zu wenig Kapital aus der Dominanz geschlagen

Die Krux der Übermacht in der ersten Halbzeit waren 43 Minuten lang die fehlenden Tore. »Wir haben alles kontrolliert und das Spiel beherrscht«, sagte Lucien Favre. »Die Kombinationen waren gut, wir haben sehr hoch gespielt. Aber es hat die Durchschlagskraft gefehlt«.

»Wenn wir so dominieren, müssen wir effizienter sein«, sagte Favre mit Nachdruck. Zum Glück stellte Patrick Herrmann die Weichen 120 Sekunden vor dem Halbzeitpfiff auf Sieg, indem er die scharfe und von Hannover schwach verteidigte Hereingabe von Hazard aus kurzer Distanz verwertete.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit sah das Spiel dann für einige Minuten anders aus. Hannover mischte plötzlich mit. »Unser Plan war, weiter nach vorne zu spielen«, erklärte Favre. »Aber wir waren nicht so konzentriert, haben sie spielen lassen und vergessen, weiter zu pressen«. Sané hatte nach einer Ecke eine gute Kopfballchance, die Sommer zunichtemachte. »Wenn wir da das 1:1 kassieren, weiß ich nicht, was passiert«, so Favre.

Herrmann auf dem Weg ein Mann zu werden

Doch seine Mannschaft fand rechtzeitig wieder den Zugriff und forderte Hannover in deren Hälfte. Patrick Herrmann vergab zunächst alleine vor Zieler die Entscheidung, tütete dann aber noch rechtzeitig den Sieg mit seinem zweiten Treffer ein. Gleichzeitig avancierte er mit seinem Doppelpack zum vielumjubelten ›Man of Match‹.

Mit seinen Saisontreffern sieben und acht markierte er einen persönlichen Bestwert und holte sich das Lob von Trainer und Sportdirektor ab. »Er geht gern in den Strafraum, will die Tore machen«, so Favre. »Er macht Fortschritte, bewegt sich besser zwischen den Linien. Aber er hat noch viel zu tun in Eins-gegen-Eins Situationen. Er ist für mich noch extrem jung - mit 24 Jahren noch ein Kind«.

»Perfekt ist übertrieben«

Max Eberl sieht Herrmann dagegen mindestens schon in der Pubertät. »Er hat sich dem Konkurrenzkampf gestellt. Patrick ist ein Stück weit ein Mann geworden«. Dass nunmehr das Thema Vertragsverlängerung wieder in den Fokus rückt, bringt Herrmanns Doppelpack mit sich. Hier gibt es zumindest Gespräche - von Mann zu Mann. »Borussia ist mein erster Ansprechpartner«, sagt Herrmann. »Ich habe auch schon mit Max Eberl gesprochen«. Alles Weitere, so Herrmann, werde sein Berater regeln.

Währenddessen war Lucien Favre weiter mit Aufarbeitung der Partie gegen Hannover beschäftigt. Borussia habe »perfekt gespielt«, sagte ein Reporter zu Favre. »Perfekt ist übertrieben«, trat er gleich auf die Bremse. »Wir haben gut gespielt und dominiert. Aber wir müssen aus solch einer Überlegenheit mehr als nur zwei Tore machen. Es reicht nicht, nur zu passen, der Abschluss muss folgen. Wir müssen das Eins-gegen-Eins suchen, überraschende Pässe spielen. Heutzutage macht die Beschleunigung den Unterschied - mit und ohne Ball«. Für die schwachen Hannoveraner war die Gladbacher Beschleunigung an diesem Tag ausreichend. Der wichtige Heimsieg hält die Fohlenelf auf Kurs und bringt weitere Stabiltät.

torfabrik.de



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