Kleiner Rückblick

Montag, 14. Februar 2011
Favre kommt für FrontzeckGladbach plant für Liga zwei
ein Kommentar von Stefan Giannakoulis

Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach verpflichtet Lucien Favre als neuen Trainer. Das kann nur heißen: der Verein plant für die Zweite Liga. Denn der Nachfolger des erst am Sonntag entlassenen Michael Frontzeck ist alles - nur kein Retter.

Lucien Favre? Lucien Favre! Nur einen Tag, nachdem Michael Frontzeck gehen musste, hat Bundesligist Borussia Mönchengladbach einen neuen Trainer. Dass sie nun dem Fußballlehrer aus der Schweiz das Ruder in die Hand drücken, kann nur eines bedeuten: Der Verein plant für die Zweite Liga.

Lucien Favre ist 53 Jahre alt, ein schlechter Trainer ist er beileibe nicht. Der Schweizer ist bekannt dafür, seine Mannschaften fußballerisch weiterzuentwickeln. Nur ein Retter, der kurzfristig das Ruder herumreißt und das sinkende Schiff in letzter Minute doch noch auf Kurs bringt, das ist Favre nicht. Mit seiner Verpflichtung zeigt der Tabellenletzte vom Niederrhein Weitsicht und Unentschlossenheit zugleich. Es ist durchaus klug, über die Saison hinaus zu blicken. Und unklug, so spät zu handeln.

Anständig und inkonsequent

Dass die Borussia sich auf dem schlechtesten Weg in Richtung Abstieg bewegt, war bereits nach der Hinrunde klar. Auch nach 17 Spieltagen standen die Gladbacher mit zehn Punkten schon am falschen Ende der Tabelle. Dennoch hielt die Vereinsführung an Michael Frontzeck fest. So weit, so anständig. Sie wollten es halt noch einmal miteinander versuchen. Endlich ein Verein, der den scheinbar unumstößlichen Gesetzmäßigkeiten des Geschäfts trotzt und nicht sofort den Trainer opfert. so schien es. Fünf Partien später und mit sechs Punkten mehr auf dem Konto musste er gehen. So weit, so inkonsequent. Dass Sportdirektor Max Eberl noch am Samstag nach der Niederlage beim FC St. Pauli davon sprach, Frontzeck weiterhin zu vertrauen, ist da nur noch eine schmierige Randnotiz.

Frontzeck hat nun das Problem, dass er doch nicht mehr beweisen kann, dass ein Trainer eine Mannschaft auch mit sympathischer Gelassenheit in kritischen Situationen erfolgreich durch den Abstiegskampf führen kann. Und Favre hat nun das Problem, dass er die Mannschaft im laufenden Spielbetrieb übernimmt und der Verein ihm nicht wenigstens die Winterpause zur Einarbeitung gegönnt hat. Und wie das immer so ist: Das Dumme an Trainerwechseln ist, dass keiner weiß, ob sie was bringen.

Lucien Favre braucht Zeit

So ist es angesichts der Tatsache, dass die Mönchengladbacher zwölf Spieltage vor dem Ende der Saison bereits sieben Punkte hinter einem Relegationsplatz stehen und zudem die mit Abstand schlechteste Tordifferenz allerVereine haben, nicht verkehrt, dass die Verantwortlichen über das Ende eben dieser Spielzeit hinausblicken. Und bereits für die Zweite Liga planen. Wobei wir wieder bei Lucien Favre sind. Was er kann, hat er bei Hertha BSC gezeigt. Er führte die Berliner 2009 in die Europaliga und ließ die Fans in der Hauptstadt sogar kurzzeitig von der Meisterschaft träumen. Allerdings erst in seinem zweiten Jahr. Auch das Ende ist bekannt: Nach schwachem Start mit sechs Niederlagen in Serie wurde er im September 2009 gefeuert.

Dennoch setzen die Mönchengladbacher nun auf die Schweizer Karte. Neben Favre waren auch der in der Hinrunde beim VfB Stuttgart gefeuerte Christian Gross und Marcel Koller, einst beim VfL Bochum erfolgreich, im Gespräch. Erst jüngst hatte Günter Netzer, der einst am Bökelberg Fußball spielte, als dort noch die Fohlenelf zu Hause war, im Interview mit dem "Tagesanzeiger" prophezeit: "Diese drei werden mittelfristig in der Bundesliga wieder einen Job finden. Die Trainerausbildung in der Schweiz ist hervorragend, Schweizer Trainer sind taktisch auf höchstem Niveau und weisen eine hohe Sozialkompetenz auf." Das ging im Fall Favre schneller, als sich wohl auch Netzer gedacht hatte. Sozialkompetenz kann Favre in Mönchengladbach gut gebrauchen. Die könnte ihm helfen, seiner Mannschaft etwas mehr Disziplin nahezulegen. Sieben Platzverweise – fünfmal glatt, zweimal gelb-rot - kosteten im bisherigen Saisonverlauf einige Punkte.

Noch wichtiger aber: Er braucht Zeit. Und die wird er, wie es scheint, auch bekommen. In der Zweiten Liga laugh .

n-tv.de



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