Ivo Grlic im Interview: „Müssen geduldig unseren Weg gehen!“


Bei der Mitgliederversammlung hat Ivo Grlic die Zebras um Geduld gebeten, gefordert, „langen Atmen“ zu beweisen. Seiner Linie bleibt er auch nach dem 3:0 gegen den Chemnitzer FC am Samstag, 7. Februar 2015, treu.

Ivo, fühlst du dich als „Baumeister“ unseres wieder erstarkten MSV?

Bei allem gebotenen Respekt: das schmeichelt zwar, ist aber trotzdem maßlos übertrieben. Ich bin sicherlich ein Zahnrad in diesem Räderwerk MSV Duisburg, aber - um mal bei diesem Bild zu bleiben - um diese Maschinerie erfolgreich am Laufen zu halten, bedarf es vieler helfender Hände und den Einsatz vieler dem MSV Duisburg wohlgesonnener Menschen. Und das sind häufig die, die keine Interviews geben, aber vollkommen uneigennützig den Verein unterstützen. Aber ich glaube, es ist dem Vorstand und allen Gremien gelungen, ein gesundes Wir-Gefühl zu erzeugen. Die Fans haben es uns ja quasi vorgemacht und wir transportieren das nun in den Verein.

Zumindest hast du eindrucksvoll bewiesen, in kürzester Zeit eine funktionierende Mannschaft zusammenstellen zu können.

Ja, genau genommen sogar zwei – denn im Sommer 2012 waren wir mit unseren Kaderplanungen für die 2. Bundesliga schon sehr, sehr weit! Aber das ist Schnee von gestern und zählt im Tagesgeschäft Fußball nur wenig. Mich freut es viel mehr, dass unser aktueller Kader offensichtlich Potenzial hat und sich die Spieler so entwickeln, wie ich es prophezeit habe und die Entscheidung, sie zu verpflichten, sich als richtig erwiesen hat. Auch wenn solche Entwicklungen immer Zeit in Anspruch nehmen. Das liegt in der Natur der Dinge, aber Ungeduld ist immer ein schlechter Ratgeber.

Wie bewertest du die Arbeit von Gino Lettieri, den vor der Saison in Duisburg ja keiner auf der Rechnung hatte?

Ich verpflichte ja niemanden, um die Menschen hier zu überraschen, sondern um für den Verein den größtmöglichen Nutzen zu erzielen. Und da ist Gino der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort: ein im positiven Sinne Fußballverrückter, der immer 100 % gibt und auch einfordert. Er ist emotional, für ihn ist Fußball nicht Beruf, sondern Berufung, und da erkenne ich mich manchmal wieder. Ein akribischer Arbeiter, taktisch äußerst versiert und kein Verfechter halbgarer Lösungen. Das macht die Arbeit mit ihm so angenehm und auch manchmal anstrengend(lacht). Wir passen gut zusammen. Unsere Ziele sind identisch: der MSV Duisburg braucht den Erfolg und wir wollen das gemeinsam realisieren.

Was heißt hier anstrengend?

Gino will immer das Optimum. Ich im übrigen ja auch, aber ich ärgere mich nach einem Sieg nicht über suboptimale Spielzüge meiner Mannschaft. Ich kann mich da schon eher erst mal über die drei Punkte freuen und die Kritik für die Spielanalyse am nächsten Tag aufheben.

Die Liga ist und bleibt spannend, und der MSV ist auch nach dem 3:0 gegen Chemnitz weiter oben dran. Würdest du vielleicht doch einmal das Wort vom Aufstieg als Ziel in den Mund nehmen?

Das war ja klar (lacht). Alles andere hätte mich gewundert. Also: ich habe ganz klare Vorstellungen, ähnlich wie ein Architekt, der sein Haus zwar nur auf dem Reißbrett sieht, aber dennoch weiß, wie es in natura aussehen wird. Das erklärte Ziel ist es, bis 2016 aufzusteigen. Wenn es uns früher gelingen sollte, ist es umso schöner, denn finanziell ist in dieser Liga kein Blumentopf zu gewinnen. Allerdings muss man auch festhalten, dass das Leistungsniveau in der 3. Liga extrem eng ist. Das bedeutet, dass mindestens fünf bis sechs Mannschaften das Potenzial haben, in dieser Saison aufzusteigen. Dazu gehören sicherlich auch wir, aber das Ergebnis steht natürlich in den Sternen. Da hilft uns auch keine Tradition und auch nicht der Glaube, als ehemaliger Bundesligist etwas Besseres zu sein, keine Glorie vergangener Tage oder Pokale und Medaillen, die in einer Vitrine verstauben. Wir müssen einfach auf uns schauen, geduldig unseren Weg gehen und keine Unruhe aufkommen lassen oder uns von außen in unserer Konzentration beeinflussen lassen. Purer Aktionismus, eine überzogene Erwartungshaltung oder andere kontraproduktive Einflüsse torpedieren nur unsere Bemühungen, unsere Ziele zu erreichen. Und das Ziel kann nur lauten, als Traditionsverein wieder mindestens in der 2. Bundesliga zu spielen.

Quelle: MSV Duisburg Homepage