MSV-Keeper Ratajczak bringt die Fans zum Singen


Gern gesehener Zaungast bei den MSV-Fans: Michael Ratajczak genießt in Duisburg Kultstatus.

Für Michael Ratajczak gibt es beim MSV Duisburg ein eigenes Lied. Von seinem Verein schwärmt der Torwart des Zweitliga-Aufsteigers in den höchsten Tönen.

Wo Torwart Michael Ratajczak auftaucht, wird gesungen. Für den Torwart des Fußball-Zweitligisten MSV Duisburg wurde ein eigenes Lied getextet. In seiner Karriere hat der 33-Jährige aber nicht nur fröhliche Situationen, sondern auch die Kehrseite der Medaille erlebt.

Herr Ratajczak, wenn Sie bei Heimspielen zum Warmmachen auf den Platz laufen, dröhnt über die Stadionlautsprecher der „Rata“-Song, den Zebra-Fan Jörg über Sie getextet hat. Genießen Sie in Duisburg Kultstatus?

Michael Ratajczak: Nein, das nicht. Aber es können bestimmt nicht viele Leute behaupten, dass ein Song extra für sie gesungen wird.

Nach der Melodie von „Im Wagen vor mir“ von Henry Valentino prägt sich der Song schnell ein.

Ratajczak: Es gibt sogar zwei Versionen. Meine Mitspieler haben einige Liedpassagen umgetextet. Wenn ich auf dem Hotelflur bin, wird das Lied angestimmt, wenn ich in den Mannschaftsbus einsteige und auch, wenn es im Training eine gelungene Aktion gibt. Mir ist es sogar im Türkei-Urlaub passiert, dass Duisburg-Fans das Lied angestimmt haben. Allerdings erst am dritten Tag, nachdem sie mich erkannt hatten. Ich finde es witzig.

Sie sind mit 33 Jahren im besten Torwartalter. Was kommt noch in Ihrer Karriere?

Ratajczak: In jungen Jahren habe ich als Kind WDR 2 gehört und die Bundesliga-Berichte verfolgt. Es ist ein Jugendtraum, irgendwann mal ganz oben zu spielen. Mein Ziel ist es, den Sprung in die Bundesliga noch zu packen.

Wie lange wollen Sie die Handschuhe noch anziehen?

Ratajczak: Bis ich 40 Jahre alt bin. Den Punkt, an dem ich sage, dass es genug ist, habe ich noch nicht erreicht. So lange der Körper mitmacht und der Spaß am Sport da ist, spiele ich weiter.

Was ist nach der aktiven Karriere denkbar: Mit 40 Jahren der Berater Ratajczak, mit 45 Jahren der Trainer oder mit 50 Jahren der Präsident?

Ratajczak: Ein Posten als Torwarttrainer ist denkbar. Das wäre ein Job, der mir Freude bereiten würde. Aber noch ist er weit weg.

Gab es in Ihrer Karriere Phasen, in den Sie niedergeschlagen waren, in denen die Perspektive fehlte?

Ratajczak: Ja, diese Phasen haben mein Leben geprägt. Mit Fortuna Düsseldorf ging es 2012 steil nach oben in die Bundesliga, für mich dann aber auch rasant nach unten, weil mein Vertrag nicht verlängert wurde. Ich war sechs Monate arbeitslos. Das war lehrreich. Ich habe mich bei Borussia Mönchengladbach fitgehalten. Wenn die Jungs am Wochenende gespielt haben, hatte ich frei. Da hat mir ein Stück weit das Herz geblutet.

Sie sind dann nach Belgien zu White Star Woluwe gewechselt.

Ratajczak: Nach zwei Monaten hat mich der Verein aus meinem Appartment geschmissen. Ich bin bei einem Freund, der mir ein leerstehendes Haus zur Verfügung gestellt hat, untergekommen. Kurz darauf habe ich das Kapitel beendet. Im vergangenen Mai gab es einen Gerichtstermin, bei dem mir zu 100 Prozent das noch ausstehende Juni-Gehalt aus meiner Zeit bei Woluwe zugesprochen wurde.

Ist das Geld inzwischen auf Ihrem Konto eingegangen?

Ratajczak: Nein. Ich hatte seinerzeit zum Glück Rücklagen. Andere Mitspieler, die aus Frankreich geholt wurden, konnten weder ihr Auto betanken noch ihren Kühlschrank auffüllen oder Geld zu ihren Familien nach Hause schicken. Da geht es dann wirklich um Existenzen.

Um das sportliche Überleben geht es für den MSV Duisburg in der neuen Saison. Was kommt auf Sie zu?

Ratajczak: Eine Menge. Es warten reichlich Highlights auf uns und natürlich ganz schwierige Aufgaben. Zehn Mannschaften stellen Ansprüche Richtung Aufstieg. Der Rest kämpft um den Klassenerhalt. Wir müssen uns da irgendwo einpendeln und alles versuchen, um drin zu bleiben.

Befürchten Sie, mit dem MSV ab und zu kräftig abgeschossen zu werden?

Ratajczak: Ich denke nicht, dass ich die Bude richtig voll kriege. Wir sind zwar Aufsteiger, wissen aber, was wir können. Das Ziel ist und bleibt aber der Klassenerhalt.

Sehen Sie die Zebras als eher kleine Nummer in der 2. Liga?

Ratajczak: So klein sind wir nicht. Duisburg hat ein bisschen was vorzuweisen, der Verein hat große Tradition, dazu richtig tolle, begeisterungsfähige Fans. Natürlich hat der MSV Höhen und Tiefen erlebt. Aber genau das hat uns auch stark gemacht.

Was erwarten Sie von Fortuna Düsseldorf und vom VfL Bochum?

Ratajczak: Die Fortuna ist für mich ein Aufstiegs-Mitfavorit. Bochum hatte ich im letzten Jahr mehr zugetraut, weil ich beim VfL durchaus Potenzial sehe. Jetzt drücken alle den Resetknopf und greifen neu an. Auf das Derby in Bochum freue ich mich am 1. August besonders.

Warum?

Ratajczak: Mit sechs Jahren habe ich im Ruhrstadion mein erstes Bundesligaspiel gesehen. Mein Vater hat mich damals mitgenommen. Ich weiß noch, dass ich einen Teddybären unter dem Arm hatte. Damals stand Ralf Zumdick beim VfL im Kasten. In ein paar Wochen stehe ich da mit dem MSV auf dem Rasen.

derwesten.de