Keine Duisburger Gipfelträume - MSV will Ball flach halten


Das Kitzbüheler Horn als pittoreskes Panorama: Jürgen Marbach fühlt sich im österreichischen Trainingslager des MSV sichtlich wohl.

Aufsichtsratschef Jürgen Marbach sprach im Trainingslager über seine Anfänge bei den Zebras, die Aussichten nach dem Aufstieg und das Image des Klubs.

Die kommende Saison wird für den MSV Duisburg in der 2. Fußball-Bundesliga eine anstrengende Bergetappe. „Wir steigen nur dann nicht ab, wenn wir uns weiter als Team definieren“, sagt Jürgen Marbach. Auf 1700 Metern Höhe unterhielt sich die Sportredaktion auf der Harschbichl-Alm vor dem imposanten Panorama des Kitzbüheler Horns mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden des MSV Duisburg. Der Unternehmer stieg im Sommer 2013 in der tiefsten Talsohle bei den Zebras ein. Binnen zwei Jahren wurde aus dem am Boden liegenden MSV wieder ein selbstbewusster Klub mit neuen Zielen. Allerdings fallen sie zumindest aktuell noch bodenständig aus. Von Gipfelträumen keine Spur.

MSV Duisburg will Schulden reduzieren

„Die Saison 2015/16 wollen wir nutzen, um unsere Schulden zu reduzieren . Das sind wir Schauinslandreisen, ohne die es den MSV Duisburg nicht mehr geben würde, und anderen Sponsoren, die uns hilfreich zur Seite gestanden haben, schuldig“, sagt Marbach. Die andere Variante, nämlich das Fernsehgeld von über fünf Millionen Euro komplett in den neuen Kader zu pumpen, kam für die Duisburger Chefetage nicht in Frage. „Im Moment legen wir einen Drahtseilakt zwischen finanzieller Gesundung und dem Erreichen des Klassenerhalts hin, wobei man ganz klar sagen muss, dass unsere finanzielle Situation um Lichtjahre entspannter ist als noch vor zwölf Monaten“, sagt Marbach. Der Hotelbesitzer hält auch für den Fall, dass es mit der erhofften Rettung im Mai 2016 klappt, den Ball flach. „Das ist zwar eine alte Phrase, aber erfahrungsgemäß ist das zweite Jahr nach einem Aufstieg das schwerste. Wenn wir auch das meistern, kann man über neue Ziele sprechen.“

Im Juli 2013 kam Jürgen Marbach durch puren Zufall zum MSV Duisburg. Der ehemalige Geschäftsführer des VfL Wolfsburg hatte einen geschäftlichen Termin bei Schauinslandreisen. Im Büro von Ex-MSV-Präsident Andreas Rüttgers klingelte auf einmal das Telefon. Marbach: „Da kam gerade die Nachricht herein, dass Duisburg die Lizenz verweigert wird. Andreas Rüttgers fragte mich, ob ich helfen würde. Ich habe Ja gesagt.“ Eine Woche verging, bis bei Marbach das Telefon klingelte. Am anderen Ende der Leitung: Udo Kirmse, der als Vorsitzender den bitteren Lizenz-K.o. hautnah miterlebte. Kirmse vereinbarte einen Termin in Marbachs Büro und brachte zur Überraschung gleich Klub-Ikone Bernard Dietz mit. „Emotionaler Keulenschlag“ nennt Jürgen Marbach das Zusammentreffen mit einem Schmunzeln, „Ennatz Dietz ist natürlich auch für mich eine Kultfigur. Er überreichte mir ein Trikot mit seiner Unterschrift. Ich habe mich gebauchpinselt gefühlt.“ Das Geschenk hängt heute in Marbachs Büro.

Marbach: „Ich helfe, egal, auf welcher Position. Von mir aus auch als Hausmeister“

Als erste Idee, Jürgen Marbach in den Verein einzubinden, kam der Geschäftsführer-Posten ins Rennen. „Das habe ich abgelehnt“, so Marbach. Die Begründung ist einfach und plausibel: „Das wäre ein enormer Aufwand gewesen. Man kann so etwas nicht nebenher machen.“ Der frühere LTU-Geschäftsführer ist seit zehn Jahren selbstständig, betreibt neben dem Hotel Kaiserfels in St. Johann noch ein weiteres an der Ostsee. Das ganze Jahr ist mit Terminen für den 56-Jährigen relativ stark ausgelastet.

Der nächste Anlauf, Jürgen Marbach einzubinden, entpuppte sich als Treffer. „Ich bin bei der ersten Sitzung des Aufsichtsrats als Gast erschienen und als Vorsitzender des Gremiums wieder gegangen. Da saßen 20 Leute am Tisch, die ich zu dem Zeitpunkt noch nicht kannte. Ich hatte vorher etwas humorvoll gesagt: Ich helfe, egal, auf welcher Position. Von mir aus auch als Hausmeister.“ Letztlich ist es dann doch etwas mehr geworden.

Die Duisburger Story „ist fast einmalig“

Ein zeitliches Limit, wann Jürgen Marbach aufhören möchte, gibt es nicht. „Ich bin ja noch nicht so alt, dass ich mich aufs Rententeil zurückziehen müsste. Die Zusammenarbeit mit den handelnden Personen bereitet mir richtig Freude.“ Der frühere Düsseldorfer spart nicht mit Lob: „Mit Ingo Wald hat der MSV einen Präsidenten, wie man sich ihn nicht besser wünschen könnte. Unsere Ansichten sind zu 95 Prozent deckungsgleich.“ Obwohl die vergangenen zwei Spielzeiten viel Kraft und Einsatz gekostet haben , möchte Jürgen Marbach sie nicht missen. „Unser erstes Jahr in der 3. Liga ist besser gelaufen, als zu erwarten war. Dass es im zweiten Jahr mit dem Aufstieg geklappt hat, war umso schöner. Unsere Story ist fast einmalig.“

Marbach weiß, dass nicht viel gefehlt hätte und der MSV wäre komplett in der Versenkung verschwunden. Die Lizenz für die 3. Liga hing am seidenen Faden, da durch das geringere Fernsehgeld plötzlich mehrere Millionen Euro wegbrachen. „Wir haben es hinbekommen. Das Graue-Maus-Image, was dem MSV lange nachgesagt wurde, ist weg. Wir werden äußerst positiv wahrgenommen. Selbst in Österreich ist der MSV zwar nicht überall, aber hier und da ein Thema. Die Leute freuen sich, dass wir wieder in der 2. Liga sind.“ Die Abfahrt von der Harschbichl-Alm in einer Gondel der St. Johanner Bergbahnen war nach dem Gipfelgespräch alternativlos. Eine zweistündige Talwanderung bei 33 Grad hätte Jürgen Marbach und dem Mitarbeiter der Sportredaktion vermutlich mehr abverlangt als die kommenden 34 Saisonspiele den MSV-Profis.

derwesten.de