Ex-MSV-Trainer Ewald Lienen zeigt in St. Pauli klare Kante


Klare Kante gegen Rechts: St.-Pauli-Trainer Ewald Lienen am Dienstag beim Benefizspiel für Flüchtlinge gegen Borussia Dortmund

Die MSV-Legende rettete die Kiez-Kicker vor dem Abstieg. Lienen als erster politischer Rebell im deutschen Profi-Fußball, und St. Pauli – das passt.

Warum erst jetzt? Ewald Lienen musste 61 Jahre alt werden, um Trainer beim Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli werden. Der Kiez-Klub, der T-Shirts verkaufte mit dem Schriftzug „Die Straße trägt St. Pauli“, der gemeinsam mit Celtic Glasgow einen Freundschaftsschal produzierte. „The rebel’s choice“ („Die Wahl des Rebellen“) stand drauf. Ewald Lienen passt da hin. Er war der erste politische Rebell im deutschen Profi-Fußball.

Als Ewald Lienen, der am Montag am Millerntor mit dem FC St. Pauli auf den MSV Duisburg trifft (ab 20.15 Uhr live in unserem Ticker), Ende der 80er Trainer bei den Amateuren des MSV war, gab es Politikstudenten in der Zebra-Fanschar, die ihn baten, ihre Hausarbeiten zu lesen. Lienen galt als der politische Fußballer.

Er kandidierte 1985 bei den Landtagswahlen für die Friedensliste, sprach von „Atomsprengköpfen, die täglich unser Leben bedrohen“ und zog so den Unmut des Vorstandes von Borussia Mönchengladbach auf sich. Zudem ging ihm der Fußball-Kommerz gegen den Strich.

Mit dem Geschäft versöhnt

Im „Alter“ ist Lienen entspannter geworden. Die TAZ erkannte bei seinem Amtsantritt in Hamburg im vergangenen Dezember einen mit dem Business versöhnten Lienen, der bei diesem Anlass seinen neuen Klub als „eine der interessantesten Marken im deutschen Fußball“ bezeichnete. Denn St. Pauli ist auf der einen Seite Mythos und Kult, auf der anderen Seite steht dann aber doch ein breit aufgestelltes Wirtschaftsunternehmen.

Zuletzt lagen die Umsätze beim Verkauf von Fanartikeln jährlich zwischen acht und elf Millionen Euro. Und das Stadion am Millerntor ist nicht mehr die „kultige Bruchbude“ mit morschen Bänken und bröckelnden Rängen. Der mehrjährige Umbau ist seit Juli abgeschlossen – auch St. Pauli hat nun ein modernes Stadion. Natürlich mit Logen, die am Kiez Séparées heißen – wovon eine im roten Plüsch gehalten ist.

Auf dem Fußball-Platz gelten indes die gewohnten Gesetzmäßigkeiten. Ewald Lienen, beim MSV Duisburg früher Spieler und Trainer und von den Fans später in den Kreis der Legenden aufgenommen, rettete den Klub in der letzten Saison auf der Zielgeraden vor dem Abstieg. Nun steht die Mannschaft nach fünf Spielen auf dem vierten Tabellenplatz. Am Montag will der FC St. Pauli seinen Platz in der Spitzengruppe mit einem Sieg verteidigen, der MSV will mit einem Dreier die Abstiegsränge verlassen.

Klare Kante gegen Rechts
Zuvor, am Samstag, steht beim Gastgeber ein anderer Termin im Kalender. In Hamburg steht eine Demo gegen Rechts an. Gestern rief der FC St. Pauli zur Teilnahme auf. Ewald Lienen bleibt seiner Linie treu und zeigt bei diesem Thema klare Kante: „Wir müssen rigoros gegen Rechtsextremismus vorgehen, was in diesem Land nicht passiert. Die Politiker begreifen nicht, dass das die größte Bedrohung für unsere Demokratie ist.“

derwesten.de