Keine Heldenrolle für die MSV-Spieler bei 2:4 in Leipzig


Duisburgs Steffen Bohl ist fassungslos. Trotz zweimaliger Führung mussten die Zebras mit leeren Händen zurück in den Ruhrpott reisen.

Am Ende reichte die Leistung des MSV nicht, um einen Teilerfolg bei Aufstiegsanwärter RB Leipzig zu erzielen. Giorgi Chanturia musste früh raus.

Die Fans des Fußball-Zweitligisten RB Leipzig rollten Mitte der zweiten Halbzeit das schwarze Transparent ein. Es wirkte ähnlich bedrohlich wie die finsteren, überdimensionierten Skulpturen am Völkerschlachtdenkmal in Leipzig, nur wenige Kilometer von der WM-Arena entfernt. Von „Helden“ war auf dem Transparent zu lesen. Elf Minuten vor dem Abpfiff sah es so aus, als sei die Rolle des Helden Kevin Scheidhauer zugedacht. Er brachte den MSV Duisburg mit 2:1 in Führung. Doch dann passierte das, was MSV-Stürmer Thomas Bröker später als „Wahnsinn“ bezeichnete: Die Zebras fingen sich drei Tore in fünf Minuten ein und verloren 2:4 (1:1).

Lob von Ralf Rangnick

Womöglich gab die turbulente Schlussphase gestern nur einen Vorgeschmack darauf, was allen Beteiligten blühen wird, wenn es zum nächsten Aufeinandertreffen beider Teams kommen wird: im Mai nächsten Jahres am letzten Spieltag, wenn es für die im Lande ungeliebten Leipziger an der Wedau um den Bundesliga-Aufstieg gehen und für den MSV der Klassenerhalt auf dem Spiel stehen wird.

Weil es erst in ein paar Monaten ernst wird, konnten sich die beiden Trainer am Sonntag noch mit Nettigkeiten aufhalten. MSV-Coach Ilia Gruev bedankte sich bei der Pressekonferenz bei den Gastgebern dafür, „dass endlich mein Name richtig ausgesprochen wurde.“ RB-Coach Ralf Rangnick lobte die Gästemannschaft, die „nichts mit dem MSV von vor drei Wochen noch zu tun hat.“ Ähnlich sah es auch MSV-Spieler Thomas Bröker: „Ich glaube nicht, dass wir vor ein paar Wochen zu so einer Leistung fähig gewesen wären.“

MSV überraschte mit einigen taktischen Varianten

Am Ende reichte die Leistung aber nicht, um zumindest einen Teilerfolg zu erzielen. Ilia Gruev überraschte mit einigen taktischen Varianten, die nicht alle aufgingen. Über weite Strecken operierte der Bulgare ohne echte Spitze. Kingsley Onuegbu saß auf der Bank. Im Angriffszentrum tummelten sich abwechslungsweise Thomas Bröker, Zlatko Janjic und Giorgi Chanturia. Letzterer dürfte dem Trainer einige Kopfschmerzen über das Spiel hinaus bereiten. Wir wissen nicht, ob der echte Messi für den Abstiegskampf taugt, der „georgische Messi“ blieb gestern in Leipzig den Beweis schuldig. In der Pause blieb der Nationalspieler in der Kabine. „Er hat zu wenig für die Defensive getan“, so Gruev. Aber auch im Spiel nach vorne erscheint Chanturia auf dem falschen Planeten unterwegs: Mit seinen technischen Kabinettstückchen, die dann auch nicht immer funktionierten, wäre Chanturia beim Gegner besser aufgehoben gewesen.

So entschied sich Gruev zur Pause für einen Wechsel, mit dem er erneut überraschte. Für den offensiven Mittelfeldmann kam Innenverteidiger Thomas Meißner ins Spiel. Gruev rührte nach dem Wechsel Beton an, ließ sein Team mit einer Fünfer-Abwehrkette verteidigen. Gruev-Vorgänger Gino Lettieri wollten viele Duisburger – auch aus dem Kreis der Verantwortlichen – im Sommer noch teeren und federn, als dieser in Bochum mit einer Fünfer-Kette verteidigen ließ. „Wir haben in der ersten Halbzeit erkannt, dass wir gegen die Leipziger Offensive Probleme hatten. Deshalb haben wir uns für die Fünferkette entschieden“, so Gruev. Das Ergebnis war am Ende das gleiche: Wie einst in Bochum kassierte das Duisburger Abwehr-Quintett drei Gegentreffer.

Führungstor durch Kevin Wolze

Der MSV ging gestern zwar in der 17. Minute durch einen Distanzschuss von Kevin Wolze in Führung, stellte damit allerdings die Kräfteverhältnisse auf den Kopf. Leipzig war technisch hoch überlegen und traf in der 14. Minute durch Selke sogar ins Tor. Glück für den MSV: Der Schiedsrichter entschied auf Abseits – eine Fehlentscheidung. Das 1:1 durch Poulsen (27.) war aus Sicht der Gastgeber hochverdient.

Nach der Pause stand der MSV lange stabil. Meißner, Bajic und Bohl räumten im Abwehrzentrum konsequent ab. Offensivaktionen der Duisburger hatten jedoch Seltenheitswert. Umso überraschender kam das Tor zum 2:1 durch Einwechselspieler Kevin Scheidhauer, der einen Konter im Zusammenspiel mit Tim Albutat perfekt abschloss. Doch dann setzte der „Wahnsinn“ ein. Quaschner (85.), Nukan (87.) und Poulsen (90.) schossen die Rasenballer zum Sieg. RB-Trainer Ralf Rangnick drosch den Ball vor Freude in den Leipziger Himmel. Ilia Gruev mit einem Schmunzeln: „Das sah richtig gut aus.“ Rangnick schmunzelte zurück: „Ich habe mich dabei nicht einmal verletzt.“

derwesten.de