Das große Kribbeln beim MSV Duisburg vor dem ersten Spiel


Bei den Fans des MSV Duisburg steht in dieser Saison erst einmal der Klassenerhalt im Vordergrund.

Der MSV ist zurück in der 2. Liga. Interview mit Ingo Wald über die sportliche und finanzielle Zukunft der Zebras, Trikotwerbung und Manager Ivo Grlic.

Das große Kribbeln beim MSV Duisburg vor dem ersten Spiel


Herr Wald, Freitag Auftaktspiel 2. Liga gegen Kaiserslautern. Freude, Aufregung, Anspannung, was geht Ihnen durch den Kopf?

Ingo Wald: Von allem etwas. Auch die Frage, wo steht die Mannschaft, wie können wir uns positionieren? Aber vor allem überwiegt die Freude.

Was ist das Ziel, das sich der MSV für die Saison in der 2. Liga gesetzt hat?

Wald: Es geht nur darum, in der Liga zu verbleiben, dass wir wieder eine feste Größe werden. Das bedeutet Platz 15. Sollte es besser werden, ist das ein Zusatzbonus, den wir gerne mitnehmen. Wir wollen das Bestmögliche erreichen.

Mit welchem Zuschauerschnitt rechnen Sie, bzw. welcher ist wirtschaftlich erforderlich?

Wald: Im Etat haben wir 13.500 angesetzt. Das ist erreichbar. Der Vorverkauf beim Kaiserslauternspiel liegt jetzt bei 17.500. Wir rechnen mit 25.000. Wir haben gute Chancen, besser als unsere Vorgaben zu sein.

Spüren sie eine Erwartungshaltung bei den Fans, in der Stadt?

Wald: Die spürt man. Man wird angesprochen. Man merkt ein Kribbeln bei allen. Ich freue mich sehr, dass allgemein der Klassenerhalt das primäre Ziel ist. Keiner hängt einer Träumerei hinterher.

Sie waren auch im Trainingslager, wie ist die Stimmung in der Mannschaft?

Wald: In der Mannschaft ist eine sehr gute Stimmung. Sicherlich auch geprägt dadurch, dass wir nicht so viele Abgänge hatten, der Kern der Mannschaft ist geblieben, ergänzt um sechs, sieben neue Spieler, die gut integriert sind. Das kann ein Schlüssel zum Erfolg sein.

Der MSV lag mit dem Lizenzentzug vor zwei Jahren auf der Intensivstation. Wo steht der MSV finanziell heute, ist er noch im Krankenhaus, in der Reha oder schon Zuhause?

Wald: Er ist noch im Krankenhaus, aber das Beatmungsgerät ist nicht mehr notwendig.

In der Vergangenheit hatte der MSV strukturelle Finanzprobleme. Was erwarten Sie jetzt in der 2. Liga? Wollen Sie Gewinn machen oder zumindest eine schwarze Null schreiben?

Wald: Ich peile einen Gewinn an, in welcher Größenordnung entscheidet sich auch noch mit den Zuschauerzahlen oder Sponsorenerlösen. Wir wollen auf jeden Fall eine schwarze Null, tendenziell wollen wir aber einen Gewinn erzielen, weil nur so eine Konsolidierung und eine Entschuldung möglich ist.

Sie hatten zur Aufstiegsfeier gesagt, im Erfolg macht man die größten Fehler. Welche wären das gewesen?

Wald: In dem man wild einen Kader aufgestellt hätte, mit dem man von vorneherein keine schwarze Null erreicht. Ein weiterer Fehler wäre es, in der Konsolidierung nachzulassen.

Vor zwei Jahren drohte die Pleite, jetzt scheint beim MSV etwas passiert zu sein, auch in der Stimmung bei den Fans und in der Stadt.

Wald: In der ganzen Stadt ist etwas passiert. Sie ist in der Not zusammengerückt. Der MSV ist sicher eines der Aushängeschilder der Stadt. Alle haben erkannt, wie wichtig der MSV für die Stadt ist.

Auf dem neuen Mannschaftsfoto steht noch MSV auf dem Trikot, also kein Sponsor. Läuft der MSV auch am Freitag mit dem Vereinslogo auf?

Wald: Ich denke nicht, dass wir es bis Freitag schaffen einen Trikot-Sponsor zu gewinnen. Wir sind über unseren Vermarkter Sportfive in Verhandlungen mit zwei, drei Kandidaten. Aber wir werden es nicht übers Knie brechen.

Sind das lokale oder regionale Kandidaten?

Wald: Es sind auch überregionale. Unsere Chance als Traditionsverein ist, dass wir jemanden finden, der sagt, dass wir das Marketinginstrument sind, das er sich wünscht, etwa nach dem Motto, – ich will jetzt nicht sagen „auferstanden aus Ruinen“, aber wir gehen den Weg, mit dem MSV zu wachsen.

Würden Sie sich einen Duisburger Trikotsponsor wünschen, der auch die Identifikation mit dem Verein und der Stadt symbolisieren würde?

Wald: Das hätte großen Charme, wenn man ein Duisburger Unternehmen hätte. Wenn wir eine lokale Größe hätten, dann könnte sich das auch auf den Trikotverkauf positiv auswirken.

Gab oder gibt es Kontakt zu König Pilsener?

Wald: König Pilsener ist ein langjähriger, traditionsreicher Partner des MSV. Zu den aktuellen Gesprächen mit den potenziellen Sponsoren will ich aber nichts Weiteres sagen.

Wie wichtig sind Schauinsland-Reisen und Gerald Kassner?

Wald: Er ist unser Hauptsponsor und nimmt eine herausragende Rolle ein. Ohne Schauinsland und ohne das Zusammenspiel von Fans, Sponsoren und der Stadt würde der MSV in dieser Form nicht mehr existieren. Und das Schauinsland eine führende Rolle eingenommen hat, ist unstrittig.

Würden wir 3.Liga-Fußball sehen, wenn es mit dem Aufstieg nicht geklappt hätte?

Wald: Ja, allerdings, aber unter anderen Voraussetzungen. Wir wären im Mittelfeld der 3. Liga stehen geblieben. Inwieweit wir sogar weiter abgerutscht wären, darüber möchte ich gar nicht nachdenken.. Die Wahrscheinlichkeit des Aufstiegs war in der vergangenen Saison die größte, die wir hatten. Wir hätten den gleichen Etat nicht wieder aufstellen können.

Nochmal zum Mannschaftsfoto: Da steht Manager Ivo Grlic in der Mitte. Das ist ungewöhnlich. Ist das das ein Zeichen, dass Grlic im Moment das Gesicht des MSV ist, die zentrale Figur?

Wald: Er macht einen tollen Job. Dass er mittig positioniert ist, ist kein Zufall, denn er ist ganz klar eine zentrale Figur.

Sie haben den Vertrag mit Ivo Grlic vorzeitig um vier Jahre bis 2020 verlängert. Hatten Sie Sorgen, dass er abgeworben wird?

Wald: Es gab sicher Begehrlichkeiten. Ich weiß zumindest von einer. Aber wir wollen auch Kontinuität und wollten damit ein Signal setzen. Wir wissen, was wir wollen. Ivo ist ein wichtiger Baustein für die nächsten Jahre. Ivo ist mit Herzblut bei uns.

Was der MSV-Präsident am Trainer schätzt und warum die 1. Liga ein „Geschenk“ wäre

Welche Rolle nimmt der Trainer in einem langfristigen Konzept ein?

Wald: Ich persönlich bin jemand, der auch einem Trainer mittelfristige Verträge ausstellen möchte. Ich bin kein Freund von Jahresverträgen. Wenn ich von einem Trainer erwarte, dass er auf die Jugend setzt und junge Spieler an den Profikader heranführt, dann muss er auch ernten können, was er gesät hat.

Was schätzen Sie an Gino Lettieri als Trainer?

Wald: Er ist gradlinig. Er redet Klartext. Und er hat klare Vorstellungen.

Welchen Fußball werden wir vom MSV in der Saison sehen?

Wald: Wir werden am Anfang sicher auch Vorschusslorbeeren bekommen, die Fans werden keinen Hurra-Fußball erwarten. Wer Lettieri kennt, weiß, dass er immer Wert auf eine stabile Abwehr legt, aber wir haben auch vorne eine gute Offensive. Mit der Abwehr holt man die Punkte, aber er wird keinen Mauerfußball spielen lassen.

Bis zu elf Stunden mussten Fans auf Karten für das Pokalspiel gegen Schalke anstehen.

Wald: Sicher gibt es berechtigten Unmut. Es hat massive Kritik gegeben. Das müssen wir uns zu Herzen nehmen. Wir ziehen daraus unsere Lehren und müssen es besser machen. Wir haben da einiges unterschätzt. Ich hoffe, dass wir eine zweite Chance bekommen.

Also ein Pokalsieg gegen Schalke?

Wald: Das hoffe ich.

Ihr Tipp für das Freitagsspiel?

Wald: Ich sage mal 1:0, aber mir ist jeder Sieg recht.

Ist ein Aufstieg in die 1. Liga denkbar?

Wald: Die ersten zehn Plätze in der 1. Bundesliga sind mit München, Dortmund und den Werksklubs belegt und gesetzt. Also gibt es acht weitere Teams und die 18 Vereine in der 2. Liga, die um den Auf- und Abstieg spielen. Wenn wir uns mal in die 1. Liga, ich sage mal provokant, verirren, dann ist das ein Geschenk, für das ich dankbar wäre. Von Aussagen wie „was wollt ihr in der 1. Liga, ihr steigt ja soundso wieder ab“, halte ich nichts. Aufsteiger Darmstadt bekommt jetzt 23 Millionen Euro Fernsehgelder. Damit könnte man den MSV schnell sanieren. Wie gesagt, die 1. Liga ist ein Geschenk. Aber ein Aufstieg ist derzeit unrealistisch.

derwesten.de