FC Bayern: Andreas Ottl Der Verlässliche


"Ich bin kein Freizeitfußballer": Mittelfeldspieler Andreas Ottl muss beim FC Bayern permanent um Anerkennung kämpfen. Jetzt macht er den vielleicht letzten Anlauf bei seinem Heimatklub.

Zwischendurch muss man aufschauen, um sich zu vergewissern, dass da nicht Philipp Lahm spricht. Diese Stimme ist zwar tiefer, weicher, aber die Sätze gleichen sich auf eine erstaunliche Weise: "Die Spieler dürften sich von nichts ablenken lassen." - "Beim FC Bayern müsse man immer an den Erfolg glauben." - "Zweifel? Nein, die kann es nicht geben." Andreas Ottl blickt den Gesprächspartnern dabei in die Augen, zweifellos meint da einer, was er sagt. Wie Lahm, der Münchner Nationalspieler, so könnte auch Ottl das Selbstverständnis dieses Vereins binnen 15 Minuten sicherlich auch jedem Touristen aus der Mongolei vermitteln.

Er ist keiner, der murrt

Lahm und Ottl kamen beide mit elf Jahren in den Klub. "Ich bin beim FC Bayern großgeworden, mir wurde das eingeimpft", sagt Ottl. Er hat denselben Berater wie Lahm, doch im Klub enden die Gemeinsamkeiten. Der eine ist Ko-Kapitän der Nationalelf und hat seinen Vertrag beim FC Bayern soeben bis 2016 verlängert. Andreas Ottl hingegen muss in diesem Erfolgsverein seit Jahren um Anerkennung kämpfen.


Gerade steht es gut um den 25-Jährigen. Mitte Oktober hat ihn die Verletztenserie in die Mannschaft gebracht, seither stand der Mittelfeldspieler sieben Mal hintereinander in der Startelf und erhielt zuletzt viel Lob. Von Christian Nerlinger etwa: "Andi hat in einer sehr schwierigen Phase jetzt sehr stabile Leistungen gebracht", sagte der Sportdirektor. Ottl genieße hohe Wertschätzung


n den Monaten davor ist davon wenig zu spüren gewesen. Zumindest die Wertschätzung von Trainer Louis van Gaal hielt sich in Grenzen. Hinter Schweinsteiger, van Bommel und Timoschtschuk galt Ottl als Nummer vier für die Rolle vor der Abwehr. Er ließ sich deshalb vor einem Jahr zur Winterpause an den 1. FC Nürnberg ausleihen. Auch sein stabiles Spiel im Zentrum half den Franken, den Abstieg zu verhindern.


Der Club hätte Ottl auch gerne behalten, der gebürtige Münchner hätte dann am kommenden Sonntag im Derby zum ersten Mal als Gast in der Arena vorgespielt. Doch Ottl wollte es noch einmal bei seinem Heimatverein versuchen. "Ich bin beim FC Bayern angestellt, um den Konkurrenzkampf anzunehmen", sagt er.

Aus diesem Kampf ging er zunächst wieder als Verlierer hervor; zu Beginn der Saison stand er bei einigen Partien nicht einmal im Kader, dann saß er auf der Bank. Er gehörte zu den "Zweite-Reihe-Spielern", über die Präsident Uli Hoeneß zuletzt murrte, sie bekämen von van Gaal zu wenig Unterstützung. Ottl spricht kein schlechtes Wort über den Trainer. Aber er gibt zu, dass es in einer solchen Situation "manchmal schwierig ist, sich zu motivieren - doch ich bin Profifußballer, kein Freizeitfußballer". Da war sie, die allseits gelobte richtige Einstellung zum Beruf.

Mit ein wenig Zynismus ließe sich folgern, dass Ottl der ideale Mann für die Münchner Ersatzbank sei: Den Verein hat er im Blut, öffentliches Murren ist ihm fremd und wenn er auf den Platz darf, erfüllt er geflissentlich die Aufgaben. Van Gaal gebe vor, im defensiven Mittelfeld sollten Ballverluste vermieden, das Spiel auf die Außen verlagert und schnelle Gegenangriffe unterbunden werden, erzählt er.

"Ich denke, das hat zuletzt geklappt." Van Gaal sah das ähnlich, mit seinem Spielverständnis bildete Ottl zusammen mit dem zuvor ebenfalls verschmähten Anatoli Timoschtschuk ein fähiges Duo in der Mitte des Platzes. Doch ob das stille Aufgaben-Erfüllen reicht, um sich einmal festzusetzen in der Münchner Glamour-Elf? Ottl kommt seinem Beruf ja doch oft so unauffällig nach, dass er Gefahr läuft, übersehen zu werden