Serie - Fußball-Klubs und ihre Finanzen

FC Bayern - der Verein mit dem Festgeldkonto
Von Frank Hellmann

Niemand setzt hierzulande mehr Geld um als der FC Bayern. Niemand hat mehr auf dem Festgeldkonto als die Münchner. Und niemand bezahlt seinen Stars mehr als der Spitzenreiter. Aber die FC Bayern München AG kann es sich auch leisten.

Es kommt selten vor, dass Jan-Christian Dreesen vor einer größeren Zuhörerschaft ans Rednerpult schreitet. Der 47-Jährige verantwortet als stellvertretender Vorstandsvorsitzender der FC Bayern München AG die Bereiche Finanzen und Controlling, Ticket- und Mitgliederservice, IT, Recht und Personal, und damit Themen, der eher selten im Fokus der Öffentlichkeit sind. Ausnahme: bei der Jahreshauptversammlung.

Schwindelerregende Zahlen

Bei der letztjährigen Zusammenkunft hat Dreesen eine ganze Weile gesprochen, galt es doch schwindelerregende Zahlen zu verkünden. 528,7 Millionen Euro Umsatz nach der Double-Saison 2013/2014. Und 16,5 Millionen Euro Gewinn nach Steuern.

"Der FC Bayern kann seinen Mitgliedern ein Ergebnis vorlegen, das es in der Geschichte dieses Klubs bislang noch nie gegeben hat“, verkündete Dreesen. Und: "Unser FC Bayern steht sowohl sportlich als auch wirtschaftlich auf einem Fundament, wie wir es noch nie hatten."

Lokomotive im deutschen Fußball


Die Zahlen wertete Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge dann auch als "Meilenstein und Leistung, vor der ich großen, großen Respekt habe." Denn: "Unser Verein gilt als Musterbeispiel für sportlichen Erfolg gepaart mit finanzieller Seriosität."

Der Rekordmeister ist fraglos die Lokomotive des deutschen Fußballs. Wirtschaftlich noch mehr als sportlich. Tatsächlich dominiert der Branchenprimus die ganze Liga - zum Beispiel entfallen vom Bundesliga-Gesamtumsatz in Höhe von 2,45 Milliarden Euro (2013/2014) mittlerweile mehr als ein Fünftel auf den FC Bayern. In der weltweiten Fußball-Geldliga ("Football Money League"), die alljährlich von der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte aufgestellt wird, weisen nur Real Madrid und Manchester United größere Umsätze auf.

Das berühmte Festgeldkonto

Die generierten Gelder sind nötig, um um die europäische Fußball-Krone mitspielen zu können. Der Vorsitzende der Deutschen Fußball Liga (DFL), Christian Seifert, sagte kürzlich bei der Vorstellung des Liga-Reports: "Es ist faktisch unmöglich, die Champions League zu gewinnen, wenn man da nicht unter den Top Ten ist."

Das Besondere am FC Bayern: Anders als viele europäische Konkurrenten ist sein Erfolg nicht auf Pump finanziert. Im Gegenteil: An Eigenkapital wies der Klub zuletzt 405 Millionen Euro auf, davon allein 375 Millionen als Kapital- und Gewinnrücklage. Das berühmte Festgeldkonto. "Damit sind wir Weltspitze", sagt Dreesen.



Zudem haben die Münchner mit ihren "strategischen Partnern" Adidas, Audi und Allianz ein weiteres Fundament. Die Unternehmen haben je 8,33 Prozent der Anteile erworben - Adidas bezahlte dafür 2002 knapp 77 Millionen Euro, Audi stieg bis 2011 für 90 Millionen ein, ehe die Allianz vor einem Jahr 110 Millionen ausgab. Diese Beteiligungen wurden in erster Linie dafür verwendet, die Allianz Arena viel früher abzubezahlen als geplant. Die Spielstätte gehört komplett dem FC Bayern. Dreesen: "Die freie Liquidität werden wir einsetzen, um weiterhin der Konkurrenz im europäischen Wettbewerb standhalten zu können."

Maximaler Erfolg statt maximalen Gewinns


Will heißen: Die Stars an der Säbener Straße sollen fürstlich verdienen. Der Personalaufwand beim FC Bayern inklusive aller Angestellten und Mitarbeiter betrug in der Saison 2013/2014 exakt 215 Millionen Euro. Auf die Lizenzspieler dürften dabei mindestens 160 Millionen entfallen - diese Zahl gibt der Klub allerdings nicht bekannt. Hört sich nach viel Geld an, aber die Personalkostenquote von 44,8 Prozent bewegt sich im Liga-Schnitt.

"Während wir den Umsatz in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht haben, haben wir unseren Personalaufwand verdoppelt", sagt Dreesen und fügt hinzu: "Wir sind nicht unterwegs, um unseren Gewinn zu maximieren. Wir wollen den maximalen sportlichen Erfolg! Dafür müssen wir in die Qualität des Kaders investieren."

Neureiche Konkurrenz

Und da muss sich der FC Bayern gegen Vereine behaupten, die von russischen Oligarchen oder arabischen Scheichs bezuschusst werden. Weder der FC Chelsea noch Manchester City und erst recht nicht Paris St. Germain galten als große Nummern, bevor die aktuellen Finanziers auftauchten. Jetzt konkurrieren sie mit den Bayern um Pokale und die weltbesten Kicker. Rummenigge, der auch der Europäischen Klub-Vereinigung (ECA) vorsteht, beklagt das Wettrüsten immer wieder und fordert, dass die Daumenschrauben des Financial Fairplay endlich greifen.

Mittlerweile sieht Rummenigge eine weitere Bedrohung auf die Liga zukommen: die Fernsehgelder der Premier League. "Es ist jetzt schon Fakt, dass der Tabellenletzte in England 79,2 Prozent mehr kassiert als der FC Bayern als Deutscher Meister." Und ab 2016 nimmt die englische Liga mehr als drei Milliarden Euro pro Saison aus nationaler und internationaler Vermarktung der Medienrechte ein. Die Bundesliga würde sich schon über eine Milliarde freuen.

Trotzdem ist gerade der FC Bayern so breit aufgestellt, dass er finanziell fast alle englischen Topklubs hinter sich lassen kann. Grund: in den Bereichen Sponsoring und Merchandising steigen die Erträge kontinuierlich stark. Im Sponsoring kletterten die Einnahmen gegenüber dem Vorjahr um 15 Prozent auf 117,4 Millionen Euro, im Merchandising sogar um 27 Prozent auf 105,2 Millionen. Auf jedem dieser beiden Felder generiert der FC Bayern mehr Geld als viele Erstligisten Umsatz machen.

Der FC Bayern ist reich, weil er so berühmt ist


Weder Vereine wie Werder Bremen oder Eintracht Frankfurt und erst recht nicht Klubs wie der 1. FSV Mainz 05 oder der FC Augsburg erreichen beim Umsatz die 100-Millionen-Schallmauer. Die im internationalen Vergleich geringeren Einnahmen aus der TV-Vermarktung (54,9 Millionen) macht der FC Bayern hier mehr als wett.

Der Klub ist auch so reich, weil er so berühmt ist. Er hat mehr als 250.000 Mitglieder. Zu Größenwahn soll das aber nicht verführen. Der FC Bayern werde seine "eiserne Maxime, nicht mehr auszugeben als einzunehmen", nicht vergessen, sagt Dreesen: "Das galt in der Vergangenheit und wird auch in der Zukunft gelten." Das nächste positive Jahresergebnis dürfte daher noch wahrscheinlicher sein als die nächste deutsche Meisterschaft.

Stand: 19.03.2015, 08:00



Quelle: sportschau.de


Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)