Unschuldige Fußballfans im Visier?
Geheime Datenbank: Bayern-Fanclubs wehren sich



Einsatz am Spieltag: Die Polizei in München.
© dpa


München - Eine geheime Polizei-Datenbank listet persönliche Daten von Fußball-Fans. Der Club Nr. 12 startet jetzt eine Sammelaktion für alle Anhänger des FC Bayern.


In den letzten Wochen stehen Fußballfans in Deutschland und der ganzen Welt einmal mehr im Fokus der Öffentlichkeit. Gewalt- und andere Straftaten überschatteten mehrfach den Sport. Das prominenteste deutsche Beispiel sind die Gewaltübergriffe von Dortmunder auf Leipziger Fans vor deren Bundesligapartie Anfang Februar.

Präventiv gegen Gewalttaten vorgehen


Es ist die Aufgabe der Polizei, derartige Vorfälle wenn möglich bereits im Vorfeld zu verhindern. Um gezielt aufpassen und gewalttätige Auseinandersetzungen verhindern zu können, gibt es bei der Polizei die sogenannte Datei „Gewalttäter Sport“. In dieser werden Personen erfasst, die im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen etwa wegen Körperverletzung angeklagt oder mit Waffen an Stadioneingängen erwischt wurden. Bereits vor fünf Jahren waren nach Angaben der Bundesregierung 13.000 Fans in der Datenbank registriert. Potenzielle Gewalttäter sollen so besser im Blick behalten werden.

Geheime SKB-Datenbanken der Polizei

Doch die Datenspeicherung der „auffälligen“ Fans ist seit Jahren umstritten. Zuletzt nahm die Kritik weiter zu, als bekannt wurde, dass die Polizei in mehreren Bundesländern zusätzlich geheime Datenbanken führen soll. Diese seien ohne das Wissen der Datenschutzbeauftragten der Länder angelegt worden, berichtet die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte. „SKB-Datenbanken“ werden sie genannt - SKB steht dabei für „szenekundige Beamte“. Dies sind Polizisten, die eng mit den Vereinen zusammenarbeiten, um Ausschreitungen möglichst präventiv zu verhindern.

Auch als Unschuldiger wird man registriert


Das Prekäre an den Datenbanken ist, dass wohl nicht geklärt ist, wer auf die gespeicherten persönlichen Daten zugreifen kann und welche Konsequenzen eine Eintragung für die einzelnen Personen haben kann. So könne gegebenenfalls eine zwischenzeitliche Ausreise aus Deutschland verhindert werden. Das sagt Philip Krüger, Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (BAG), im Interview mit dem Fußball-Fachmagazin 11 Freunde. Er berichtet von einem Schüler, dem fast die Teilnahme an der Klassenfahrt nach London verweigert worden sei. Er sei in der Datenbank registriert gewesen, und zeitgleich mit der Klassenfahrt hätte in London das englische Pokalfinale stattgefunden. Erst die Versicherungen des Lehrers, es handle sich um eine Klassenfahrt, konnten helfen.

Das nächste, wohl weitaus grundlegendere Problem ist laut NDR: Es werden nicht nur tatsächliche Straftäter in die Kartei aufgenommen. Auch bei Zwischenfällen Umstehende, deren Aussagen und Personalien aufgenommen werden, wandern in die Datenbank. Der NDR beruft sich in seinem Bericht auf Aussagen des Schleswig-Holsteiner Landtagsabgeordneten Patrick Breyer (Piraten). Das heißt, selbst als völlig unbeteiligter Fußballfan läuft man offensichtlich Gefahr, in die Datenbank aufgenommen zu werden.

Sammelaktion der Fanclub-Vereinigung Club Nr. 12


Der „Club Nr. 12“, die große Fanclub-Vereinigung des FC Bayern, möchte jetzt auf diese Problematik aufmerksam machen. Bayern-Fans soll die Möglichkeit gegeben werden, ganz einfach in Erfahrung zu bringen, ob sie in der SKB-Datenbank registriert sind. Der normale Weg für eine Einzelperson ist, einen Antrag an die verantwortliche Polizeidienststelle zu stellen. Der Club Nr. 12 plant nun eine Sammelaktion: Am kommenden Samstag, 25. Februar, vor dem Bundesliga-Heimspiel der Münchner gegen den Hamburger SV, können die Anträge ausgefüllt werden. Anschließend übergibt die Vereinigung sie gesammelt dem Polizeipräsidium München. Dem Club Nr. 12 sei es ein Anliegen, „diese mehr oder weniger im verborgenen geführte Datenbank an die Öffentlichkeit zu bringen, da nur so eine Chance darauf besteht, Transparenz und Kontrolle bei der Sammlung und Verwaltung der Daten zu gewährleisten“, heißt es in einer Pressemitteilung. Der Club Nr. 12 ruft Bayern-Fans nun auf, möglichst zahlreich an der Sammelaktion teilzunehmen.

„Ihr findet uns am Spieltag von 12 bis 14 Uhr am Streetwork-Bus am Fuß der Esplanade. An unserem Stand wird es die Möglichkeit geben, Anträge auszufüllen und uns diese zur Wahrung der Anonymität in einem verschlossenen Umschlag zu übergeben“, so die Aussage der Verantwortlichen. Lediglich eine beidseitige Ausweiskopie solle man selbst mitbringen, der Rest werde gestellt.

mg

Quelle: tz.de


Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)