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Cheftrainer Thomas Wörle (36) spielt mit den FC Bayern Frauen in der Saison 2018/2019 wieder in drei Wettbewerben: Am Sonntag steht der Auftakt im DFB-Pokal gegen Jena an, gefolgt vom Hinspiel im Champions-League-Sechzehntelfinale am 12. und dem Liga-Auftakt am 16. September. Im Interview zum Saisonstart spricht der Coach über Ziele, die Weiterentwicklung der Mannschaft und den anziehenden Konkurrenzkampf europäischer Ligen und Clubs im Frauenfußball.

Herr Wörle, diesen Sommer musste im Vergleich zu den Vorjahren kein großer Umbruch verarbeitet werden. Was erhoffen Sie sich von dieser Kontinuität?
Wörle: „Wir haben eine tolle Mannschaft beisammen und uns nur punktuell verstärkt. Zudem haben wir unseren Kader verschlankt. Wir mussten uns daher während der Saisonvorbereitung anders als in den letzten Jahren nicht so intensiv um die Integration neuer Spielerinnen kümmern. Unsere Spielidee ist bereits fast allen bekannt, wir können auf Bewährtes zurückgreifen und versuchen, kleine Details zu verändern. Wir wollen an die starke Rückrunde der vergangenen Saison anknüpfen und uns weiter verbessern.“

Was muss kommende Saison gelingen, um sie am Ende „erfolgreich“ nennen zu können?
Wörle: „Natürlich zählen letztlich Ergebnisse – etwa eine weitere Top-Platzierung in der Liga. Im Pokal wollen wir wieder weit kommen und in der Champions League wollen wir den nächsten Schritt machen. Aber für mich kommt es vor allem auf das Inhaltliche an. Wir haben uns in der vergangenen Saison im Offensivspiel deutlich verbessert, haben mit 62 Toren sogar die beste Offensive gestellt. Grundsätzlich geht es darum, sich inhaltlich weiterzuentwickeln und das eigene Level anzuheben. Sollte uns das gelingen, dann werden wir auch gute Ergebnisse liefern.“

Würden Sie einen Titel als offizielles Ziel ausrufen?
Wörle: „Unser Ziel ist es, uns im fünften Jahr hintereinander eine Top-Platzierung zu erspielen und uns für die Champions League zu qualifizieren. Jeder Sportler trainiert und spielt, um zu gewinnen. Natürlich werden wir hart dafür arbeiten, so erfolgreich zu sein, wie nur irgend möglich.“

Stichwort „hohes Niveau in der letzten Rückrunde“: Was hat alles dazu beigetragen?
Wörle: „Zum einen haben sich gleich mehrere Spielerinnen nochmal individuell weiterentwickelt. Zum anderen haben wir uns insgesamt im athletischen und fußballerischen Bereich deutlich gesteigert. Wir haben, wie oben erwähnt, nicht nur die beste Offensive gestellt, sondern waren auch laut Statistik gleichzeitig die Mannschaft, die die meisten Tore gezielt herausgespielt hat.“

Nicole Rolser war sicher eine von den eben angesprochenen Spielerinnen, richtig?
Wörle: „Ja, auf alle Fälle. Obwohl ich an dieser Stelle nicht unbedingt jemanden einzeln hervorheben will, ist die Entwicklung von Nici schon mit am auffälligsten. Jeder Trainer freut sich, wenn jemand sein Level mit so viel Fleiß und Wille derart steigert.“

Letzte Saison ist Ihre Mannschaft in der UEFA Women’s Champions League denkbar knapp am späteren Halbfinalisten Chelsea gescheitert. Was ist in der UWCL mit ein wenig Glück drin?
Wörle: „Das ist eine gute Frage (lacht). Von den zehn UWCL-Spielen in den letzten drei Jahren haben wir sechs gewonnen, nur zwei verloren und zwei Mal unentschieden gespielt – sind aber zwei Mal unglücklich in Runde 1 ausgeschieden. Das war bitter. Wir sind aber mittlerweile reifer und erfahrener. Wir schauen von Runde zu Runde. Die Champions League wird von Jahr zu Jahr immer hochwertiger, die Leistungsdichte nimmt merklich zu. Wir wollen unsere Weiterentwicklung auch international unter Beweis stellen.“

Was haben uns die letztjährigen Champions-League-Finalisten VfL Wolfsburg oder Olympique Lyon noch voraus?
Wörle: „Das sind Erfahrungswerte über mittlerweile viele Jahre auf allerhöchstem Niveau. Sicher haben sie auch noch klare Vorteile im finanziellen Bereich, was sich dann auch in der Kaderzusammenstellung zeigt. Beide Teams verfügen über einige herausragende internationale Individualisten, die aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten den Unterschied machen können. Unsere Entwicklung beim FC Bayern geht jedoch in die richtige Richtung und wir werden kontinuierlich versuchen, die Lücke kleiner werden zulassen.“

Zu den europäischen Top-Clubs, die bereits mit vielen Mitteln Frauenmannschaften aufbauen, kamen in den letzten Jahren mit Manchester United, AS Rom oder Juventus Turin noch einige neue hinzu. Wie kann die deutsche Frauen-Bundesliga ihr Niveau trotz dem Aufrüsten der anderen Ligen und Clubs halten?
Wörle: „Es stimmt, das Niveau nimmt in allen Ligen und Wettbewerben zu. In gleich mehreren Ländern wird das Potential des Frauenfußballs entdeckt, die Strukturen wachsen. Viele renommierte internationale Männervereine investieren in die Frauenabteilung. Der Frauenfußball wird in diesen Ländern teils erheblich finanziell gepusht. Es wird für die deutsche Bundesliga eine echte Herausforderung, ihre Position zu halten oder gar auszuweiten. Man muss in allen Bereichen neue Potentiale erschließen. Dafür muss man kreativ sein und Gas geben. Letztlich geht es immer um Weiterentwicklung.“

Wie kann die Frauenmannschaft des FC Bayern in dem anziehenden europäischen Wettbewerb Spitzenspielerinnen halten?
Wörle: „Zum einen hat der FC Bayern München als Verein eine große Strahl- und Anziehungskraft, besonders mit den nun außergewöhnlich guten Bedingungen am Campus. Hier finden die Spielerinnen ein professionelles Umfeld vor. Zum anderen ist München als Stadt gerade für junge Menschen sehr attraktiv und lebenswert. Und natürlich können auch wir als Frauenabteilung über die letzten Jahre eine echte Erfolgsgeschichte aufweisen, die zeigt, dass bei uns sehr gut gearbeitet wird und sogar Titel möglich sind. Zwei Meisterschaften und zwei Vizemeisterschaften in den letzten vier Jahren sprechen für sich. Bei aller Professionalität können wir aber auch mit einer besonderen Atmosphäre innerhalb unseres Teams punkten. Das Gesamtpaket ist überzeugend.“

https://fcbayern.com/de/news/2018/09/fcb-frauen-interview-mit-trainer-thomas-woerle