Martínez: "Ich dachte, ich würde nie wieder fit werden"


Javi Martínez steht kurz vor seinem Comeback. © sampics

München - Seit Dienstag trainiert Javi Martínez wieder mit der Mannschaft, die Patellarsehnenreizung ist Geschichte. Wann er wieder spielen kann, wie es um seinen 2017 auslaufenden Vertrag steht und ob die Gerüchte über eine Bilbao-Rückkehr stimmen – darüber spricht der 27-Jährige im tz-Interview.

Señor Martínez, die wichtigste Frage vorab: Was macht das Knie?

Martínez: Danke der Nachfrage, dem Knie geht es sehr gut. Ich bin am Dienstag wieder ins Training eingestiegen, es dauert also nicht mehr lang.

Das bedeutet?

Martínez: Dass ich mich peu à peu in die Mannschaft einfinde. Noch gehe ich zwar nicht in den direkten Kontakt und in Zweikämpfe, das kommt aber auch langsam.

Was war denn genau los?

Martínez: Nach meinem Kreuzbandriss hatte mein Oberschenkel nicht mehr genug Kraft, um mein Knie zu stabilisieren, was letzten Endes zu einer Reizung der Patellarsehne geführt hat. Nachdem ich mit den Ärzten daran gearbeitet habe, sieht es nun schon viel besser aus. Vorsichtig muss ich aber dennoch sein.

Ihr kurzes Comeback zum Saisonende ausgenommen sind Sie nun schon seit über einem Jahr außen vor. Fürchten Sie Konsequenzen?


Martínez: Ehrlich gesagt weiß ich nicht, inwieweit sich diese Zeit bemerkbar machen wird. Ich weiß nur, dass dieses Jahr meine Lust auf Fußball nochmal ins Unermessliche gesteigert hat. Vor der Verletzung habe ich mir ab und zu gedacht, dass ich doch in drei, vier Jahren theoretisch aufhören könnte (lacht). Heute aber weiß ich: Nein. Das geht nicht. Fußball ist alles für mich. Das ist mir in dieser Zeit bewusst geworden.

In einigen Medien wurde neulich Ihr Fitnesszustand infrage gestellt.

Martínez: Habe ich auch gelesen. Aber es war ja nicht so, dass ich von fünf Minuten joggen aus der Puste war. Die Übung war sehr intensiv, enorm physisch, da ist es normal, dass man mal durchschnaufen muss. Mein Fitnesstrainer und ich haben jedenfalls herzhaft gelacht über diesen Artikel.

Gab es auch mal Tage, an denen Sie alles infrage gestellt haben?

Martínez: Natürlich. Für meine Psyche war das eine sehr schwere Zeit. Du siehst die Tage vergehen, das Knie wird aber nicht besser. Dieser Prozess ist ungemein langwierig. Und so gab es auch Tage, an denen ich dachte, ich würde nie wieder fit werden. Meine Physios haben mich darauf immer beruhigt und mir klargemacht, dass so eine Verletzung eben Zeit braucht und dass ich wieder zurückkommen würde.

Auch Ihre Familie hat eine wichtige Rolle gespielt.

Martínez: Sie sagen es! Ein paar Mal bin ich nach Spanien geflogen und habe Zeit mit ihnen verbracht. Wenn ich wieder mal eine nicht ganz so einfache Phase durchgemacht habe, waren diese Momente mit meiner Familie und meinen Freunden Gold wert.

Haben Sie auch daran gezweifelt, je wieder Ihre Topform zu erlangen?

Martínez: Manchmal hatte ich schon ein wenig Bammel, aber als ich dann wieder mit dem Laufen anfing wusste ich: Es war zwar hart, aber ich werde wieder meine alte Form erreichen.

Was geht einem durch den Kopf, wenn man sieht, dass der Klub auch auf Ihren Positionen Topstars holt?

Martínez: Ehrlich gesagt nichts. Wenn ein Spieler ein Jahr lang verletzt ist, dann ist es das Normalste der Welt, dass sich ein Klub nach Ersatz umschaut. Aber Pep hat mir die ganze Zeit über vermittelt, dass er auf mich wartet.

Wo sehen Sie sich denn nun: auf der Sechs oder in der Innenverteidigung?

Martínez: Auf beiden Positionen. Ich stehe Pep auf der Position zur Verfügung, die er für mich vorgesehen hat.

Lassen Sie uns über Ihren Vertrag reden. 2017 läuft er aus. Stehen Sie mit dem Klub bereits in Gesprächen?

Martínez: Nein, im Moment beschäftige ich mich ehrlich gesagt auch nicht damit. Oberste Priorität hat mein Comeback. Ich will mir und dem Klub beweisen, dass ich wieder zu meinem alten Niveau zurückfinden kann. Insgesamt fühle ich mich hier in München sehr wohl und hoffe, hier noch viele Jahre verbringen zu dürfen.

In Spanien war die Rede davon, Sie wären nicht abgeneigt, zu Athletic Bilbao zurückzukehren. Bayern habe allerdings 24 Millionen verlangt, Bilbao jedoch nur zehn geboten. Ist das wahr?

Martínez: Meinem Kenntnisstand zu urteilen hat es da nichts gegeben. Weder 24, noch zehn, sondern gar nichts. Ich habe auch mit niemandem gesprochen, sondern mich voll auf das Knie konzentriert.

Wie steht es denn um Ihre Zukunft in der spanischen Nationalmannschaft, ist die EM 2016 ein Ziel?

Martínez: Natürlich würde es mir eine große Freude bereiten, wieder zur Selección zurückzukehren. Sie hat mir unheimlich schöne Momente beschert und ich war sehr glücklich dort. Aber: Für mich geht es nicht um das, was nächstes Jahr ist, sondern um das Heute und Morgen. Wichtig ist, dass ich mich gut fühle und das Knie nicht schmerzt. Der Rest ist erst mal unwichtig. Hoffentlich kann ich eines Tages zurückkehren, noch ist das jedoch zweitrangig.

Hat sich Vicente del Bosque mal gemeldet?

Martínez: Er hat sich für meinen Zustand interessiert, in letzter Zeit jedoch weniger. Er wusste ja, dass es mir wieder gut geht. Ich bin auch mit den Ärzten der Nationalmannschaft in Kontakt, denn wir sind große Freunde und sie tragen die Neuigkeiten dem Nationaltrainer zu.

Interview: José Carlos Menzel López


Quelle: tz.de


Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)