Wer bei Bayern noch zu van Gaal steht - und wer nicht

München - Wer steht beim FC Bayern noch zu Louis van Gaal? Wie ist das Verhältnis zu den Bossen, zu den Fans? Die tz analysiert den van-Gaal-Kosmos.


Langsam aber sicher wird es einsam um Louis van Gaal. Dass zwischen dem Holländer und Uli Hoeneß keine Männerfreundschaft mehr entstehen würde, war schon vor dem vergangenen Wochenende bekannt.


Das aktuelle Interview des Präsidenten – ein weiterer Beleg, wie kritisch Hoeneß die aktuelle Lage der Bayern betrachtet. Zwischen Trainer und Präsident knirscht es weiter. Neu ist, dass nun auch van Gaals bislang engster Verbündeter, Christian Nerlinger, öffentlich gegen den Trainer schießt. Der Sportdirektor hatte nach Franck Ribérys Verletzung angedeutet, dass der Franzose wohl später als geplant erst wieder spielen könne. Das sei nicht Aufgabe Nerlingers, giftete van Gaal daraufhin. Das ließ sich der Sportdirektor nicht gefallen. „Es ist nicht die Aufgabe des Trainers, meine Aussagen öffentlich zu kommentieren“, schimpfte er via Bild – und machte dem Trainer die Machtverhältnisse klar: „Als direkter Vorgesetzter und auch sportlich Mitverantwortlicher ist es mein Recht und auch meine Pflicht, mich zu solchen Dingen zu äußern.“ Nerlinger erbost: „Sich darüber aufzuregen (…) empfinde ich als lächerlich.“


Die nächste Attacke gegen den eigenwilligen Trainer. Intern ist man bei den Bayern nicht glücklich über den erneuten Ärger, gibt Nerlinger in der Sache aber Recht.

Eines ist klar: Sportlich steht der Trainer, der sich durch seine direkte Art im Verein keine Freunde gemacht hat, immer mehr unter Druck. Doch wer steht überhaupt noch zu ihm? Wie ist das Verhältnis zu den Bossen, zu den Fans? Die tz zeigt den van-Gaal-Kosmos:

Der Trainer und der Präsident: Es war von Beginn an klar: Zwei derart starke Alpha-Tiere in einem Klub – das musste zu Reibereien führen. Zu Beginn überdeckten die Erfolge die Dissonanzen, doch im Sommer gab es den ersten – damals noch internen – echten Streit: Van Gaal wollte Demichelis, Timoschtschuk, Altintop und Gomez abgeben. Und dafür nur A-Jugendliche zu den Profis holen. Hoeneß intervenierte – und sieht sich heute bestätigt. Den ersten öffentlichen Knatsch gab es nach Hoeneß’ Polter-Auftritt bei sky90 – der aber Wirkung zeigte. Die dort von Hoeneß gelobten Timoschtschuk und Gomez sind heute Stammspieler – und Gomez führt die Torschützenliste an. Aber: Auch bei wichtigen Entscheidungen fragt van Gaal den Präsidenten nicht um Rat – Hoeneß selbst will sich nicht aufdrängen. So war der Ex-Manager bei den montäglichen Strategiesitzungen noch nie dabei. Van Gaal: „Wir haben inhaltlich ein Jahr nicht mehr miteinander gesprochen.“ Ein Umstand, der dem Verein nicht gerade nutzt.

Der Trainer und der Vorstandsboss: Van Gaal und Karl-Heinz Rummenigge haben ein professionelles Verhältnis. Auch der Vorstandsboss sieht einige Entscheidungen des Trainers kritisch – seine Zweifel äußert er aber intern. Als es zwischen van Gaal und Hoeneß krachte, wirkte Rummenigge in Cluj als Vermittler. Im stürmischen Herbst 2010 stärkte er dem Coach demonstrativ den Rücken: „Van Gaal wackelt überhaupt nicht!“

Der Trainer und der Sportdirektor: Die Allianz zwischen van Gaal/Nerlinger bröckelt. Lange war der Sportdirektor der erste Ansprechpartner, Vertrauensperson. Aber schon in Doha fühlte sich Nerlinger übergangen – als der Trainer zuerst die Torhüter und dann erst Nerlinger über den Wechsel Kraft für Butt informierte. Nerlinger steht Hoeneß nahe. Wegen einer Lappalie – der Rückkehr von Ribéry – kam es öffentlich zum Streit. Die Rückendeckung schwindet. Der Trainer und der Ehrenpräsident: Einen Austausch mit Beckenbauer gibt es nicht. Mit dem Klub-Heiligen legt sich van Gaal nicht an, er bezeichnet ihn lächelnd als „Ikone“. Des Kaisers Kommentare ärgern den Trainer, da es „inhaltlich keinen Austausch“ gibt – Beckenbauer ist das freilich wurscht…

Der Trainer und der Finanzboss: Van Gaal schätzt Hopfners Kompetenz in Finanzfragen, im Tagesgeschäft gibt es wenig Berührungspunkte.

Der Trainer und die Mannschaft: Das Ansehen im Team ist ungebrochen hoch. Selbst Reservisten schätzen die ehrliche, direkte Art van Gaals.

Der Trainer und die Fans: Die starke vergangene Saison, die Jubel-Szenen – van Gaal genießt Kultstatus, nach wie vor. Ein frühes Aus in der Champions League würde die Liebe auf die Probe stellen.


Quelle: TZ