Teil 2

In der Allianz Arena findet am Mittwoch das Duell der beiden besten Defensivreihen statt. Leipzig kassierte 12, die Münchner sogar nur 9 Gegentore im laufenden Wettbewerb.

Die Elf von Ralph Hasenhüttl ist auch deshalb so spannend, weil sie nicht nur durch einen extremen Offensivrausch erfolgreich ist, sondern auch kompakt und hoch verteidigen kann. Leipzig unterscheidet das, bei aller Vorsicht, von vielen anderen Bayernjägern in der Vergangenheit.

Gegnervorschau


Leipzigs Pressing im 4-2-2-2 lässt drei große Räume bewusst offen.

Grundsätzlich definiert sich das System über ein hohes Mittelfeldpressing im 4-2-2-2, das durch gute Abstände und clevere Pressingfallen zu Balleroberungen führt. Anschließend ist das Spiel von RB sehr vertikal und schnell. Im Idealfall erfolgt der Torabschluss in nur wenigen Sekunden. Die Arbeit gegen den Ball lässt drei große Bereiche für den Gegner offen. Das Zentrum wird von sechs Spielern umkreist, die bei einem Pass in diese Zone sofort attackieren können. Außerdem sind die Außenbahnen im Mittelfeld meist frei. Dort können ein Sechser, der jeweilige Angreifer im Halbraum sowie der Außenverteidiger zupacken und den Gegner isolieren. Bayern wird sich also darauf einstellen müssen, dass Leipzig sie in bestimmte Bereiche lenken möchte, um dann Überzahlsituationen zu kreieren. Für die Ancelotti-Elf kommt es in der Folge auf die Besetzung des Mittelfelds an. Gibt es nicht genügend Unterstützung in den beschriebenen Zonen, wird Hasenhüttls Mannschaft gnadenlos zuschlagen.

Wie effektiv das 4-2-2-2 trotz der intensiven Laufarbeit funktioniert, zeigen auch die durchschnittlich zugelassenen Torabschlüsse. Die Gegner der roten Bullen kommen im Schnitt auf 8,2 Abschlüsse pro Spiel, die der Bayern auf 7,8. Auch hier sind beide Klubs auf den ersten beiden Plätzen der Liga. RB Leipzig ist, vor den Bayern (5), mit 7 Kontertoren das effektivste Bundesliga-Team in Umschaltsituationen. Es ist beeindruckend, wie die Mannschaft ihr Tempo über eine gesamte Hinrunde durchgezogen hat. 116,14 Kilometer spult der Aufsteiger durchschnittlich pro Spiel ab. Nur der SC Freiburg (117,73 Km) läuft mehr. Die Frage danach, wann die Müdigkeit einsetzt, beantworten die Leipziger bisher mit bemerkenswerter Konstanz.


RB Leipzig zählt zu den Teams in der Bundesliga, die nur ganz wenige Pässe benötigen, um zum Abschluss zu kommen.

[size:14pt]Das Duell der Superlativen


Doch Leipzig ist keine reine Kontermannschaft. Auch in Ballbesitz zeigte RB sehr gute Ansätze. Ständige Bewegung, die individuelle Klasse von Sabitzer, Forsberg, Werner oder Keita und der Wille, dem Ballführenden immer mehr als nur eine Anspielstation zu bieten, führten schon zu 16 Treffern aus längeren Ballbesitzphasen. Nur Hoffenheim (17), Bayern (24) und der BVB (27) trafen in dieser Kategorie öfter. Die offensive Durchschlagskraft wird auch mit der Anzahl an Abschlüssen untermauert. Zusammen mit Hoffenheim haben sie in der Liga, nach den Bayern, die zweitmeisten Versuche pro Spiel. Vor allem die Qualität dieser Chancen ist aber riesig. Leipzig kommt auf 10,4 Abschlüsse pro Spiel im gegnerischen Strafraum. Demgegenüber stehen 11,1 bei den Bayern. Neben den beiden besten Defensivreihen, stellen beide Teams also auch noch mit die gefährlichsten Angreifer der Bundesliga. Während der Rekordmeister die meisten Treffer erzielte (35), steht Leipzig (31) auf Platz 3 hinter Dortmund (34). Die junge Mannschaft von Ralph Hasenhüttl zeigt sich flexibel, temporeich und kreativ vor dem Tor. In 14 von bisher 15 Bundesliga-Spielen haben sie mindestens ein Mal getroffen.
(Grafik: Lukas) [/size]



Timo Werner (9), Emil Forsberg (5), Naby Keita sowie Marcel Sabitzer (jeweils 4) sind die erfolgreichsten Torschützen bei den roten Bullen. Forsberg ist darüber hinaus auch noch der beste Vorbereiter der Liga. 8 Assists konnte er bereits beisteuern. Ausgerechnet Keita, der eine großartige Saison spielt, ist für das Spiel in München allerdings fraglich. In seiner ersten Saison offenbart der Aufsteiger so gut wie keine Schwächen. Die Frage wird sein – und das ist bei diesem System eigentlich immer der Knackpunkt – ob sie dieses Tempo und die hohe Intensität über eine ganze Saison strecken können. Um mit einer so hohen Kompaktheit alle Zonen perfekt abzudecken, muss man viele Kilometer machen. Aktuell scheint es so, als hätte RB eine Physis und Fitness, wie sie lange keine Mannschaft mehr hatte. Auch deshalb sollten die Bayern gewarnt sein.


Die beiden besten Teams der Hinrunde im Vergleich.
(Grafik: Lukas)


Ancelotti muss die richtige Besetzung finden

Für den amtierenden Meister kommt es vor allem darauf an, das besagte Pressing zu umspielen. Ancelotti wird sich Gedanken machen müssen, ob Alonso die richtige Lösung ist. Der Spanier würde sich genau in Leipzigs Hexagon im Zentrum befinden und dort vermutlich keinen Zugriff auf das Spiel bekommen. Eine pressingresistentere Doppelsechs, bestehend aus Thiago und Kimmich (oder Lahm) sollte hier besser auf den Gegner zugeschnitten sein. Überdies spielt auch der Zehner-Raum wieder eine große Rolle. Leipzigs kompakte Staffelung muss von den Münchnern zwar auseinander gezogen werden. Aber schließlich braucht es dennoch Leute im Zentrum, die die geöffneten Zonen bearbeiten. Die Gäste werden darauf vorbereitet sein, dass Bayern vor allem über die Flügel Gefahr entwickelt. Müller ist prädestiniert für die wichtige Aufgabe neben und hinter Lewandowski.

Auf den Außenbahnen stehen mit Costa, Ribéry und Robben drei Spieler zur Verfügung, von denen zwei zuletzt konstant überzeugten. Ribéry dürfte, sollte Ancelotti nach Leistung entscheiden, zunächst auf der Bank sitzen. Gar nicht, weil er außer Form wäre, sondern, weil die anderen beiden der Mannschaft in den vergangenen Wochen mehr geholfen haben. Assists und Tore sind dabei nicht das einzige Kriterium. Costa glänzt derzeit mit vielen erfolgreichen Dribblings, Spielfreude und deutlich weniger Harakiri-Aktionen als in der vergangenen Rückrunde. Zudem ist er für das angeschlagene Positionsspiel des Rekordmeisters hilfreicher als der Franzose. Robben ist Bayerns Mann für die großen Spiele und sollte somit auf der anderen Seite gesetzt sein. Neben einer guten Besetzung der Schlüsselpositionen wird es aber vor allem wichtig sein, als Team aufzutreten. Die Abstände gegen den Ball müssen passen, Unterstützung für die Mitspieler sollte in Ballbesitz gegeben sein und speziell das in Darmstadt fehlende Tempo muss zurückkehren.

Bayerns Bilanz gegen die derzeitigen Top-Teams in der Bundesliga ist erschreckend. Dortmund, Hoffenheim, Frankfurt und Köln stellten dem Rekordmeister jeweils ein Bein. Lediglich gegen Hertha gab es einen Sieg. Das Heimspiel gegen Leipzig wäre genau der richtige Zeitpunkt, um ein Zeichen an die Liga zu senden. Die Qualität dafür ist zweifelsohne vorhanden. Hasenhüttl und Rangnick werden ihrer Mannschaft jedoch einen guten Plan an die Hand geben. Ancelottis Antworten darauf und die damit verbundene Leistung der Mannschaft sind jetzt gefragt.

Fünf Thesen zum Spiel

- Die Bayern werden Herbstmeister.
- Es fallen nicht mehr als 3 Tore.
- Robben wird an mindestens einem Treffer direkt beteiligt sein.
- Alonso nimmt auf der Bank platz.
- Zur Halbzeit wird es Unentschieden stehen.


Quelle: miasanrot.de


Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben.
Alexander Freiherr von Humboldt (1769 - 1859)